Benutzer ippel schrieb:
In Deutschland nun gelten die Grundrechte des Grundgesetzes nur gegen den Staat.
Das ist formal richtig. Allerdings hat der Staat den Auftrag, diese Grundrechte für alle Bürger zu schützen, und zwar sowohl bei Handlungen des Staats gegenüber seinen Bürgern, als auch bei Handlungen der Bürger untereinander. Für letzteres gibt es insbesondere das Strafgesetzbuch.
Aber auch im Zivielrecht können Handlungen von Unternehmen - auf Umwegen - auf Konformität zum Grundgesetz geprüft werden. Verletzt beispielsweise ein Unternehmen meine Grundrechte, dann kann ich dieses verklagen. Dann muss ein Richter entscheiden, und das ist ja nun eine Handlung des Staates gegen mich oder gegen das Unternehmen (je nachdem, wierum das Urteil ausfällt). Und die Gesetze, aufgrund derer das Gericht entscheidet, müssen verfassungskonform sein. Sind sie es an einer für die Entscheidung wesentlichen Stelle nicht, und fällt folglich das Urteil falsch herum aus, kann ich deswegen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.
Auswirkungen hat dieser indirekte Grundrechtsschutz vor allem auf die Haftung: Gewinne ich vor dem Bundesverfassungsgericht, erstattet die Bundesrepublik Deutschland die Verfahrenskosten der Verfassungsklage, nicht der Unternehmer, mit dem ich im Streit liege.
Im konkreten Fall (Brief- und Telekommunikationsgeheimnis) dienen das TKG und § 206 StGB der Übernahme des Grundrechts in Zivil- und Strafrecht. Formaljuristisch ist also ein Facebook-Mitarbeiter, der einen Chat "belauscht", nicht nach dem Grundgesetz anzuklagen, da haben Sie recht, sondern nach § 206 StGB. Voraussetzung dafür ist natürlich wiederum, dass dieser Mitarbeiter überhaupt hierzulande belangt werden kann.
Für die Kernaussage des Editorials, dass Facebook sich mit dem Belauschen von Chats im Kernbereich des Schutzes des Tk-Geheimnisses bewegt, ist dieses juristische Detail aber m.E. irrelevant, und daher habe ich es weggelassen, zumal ich auch sonst kein Wort über straf- oder zivilrechtliche Folgen verliere.
Kai