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Kritik zur Kritik


14.07.2016 10:17 - Gestartet von DL7FOS
Dieser gut geschriebene Artikel ist einerseits positiv zu bewerten. Denn für den Kunden und die Presse ist das eine Win-Win-Situation: Der Kunde kann wieder bei Amazon einkaufen, die Presse hat Möglichkeiten zu berichten. Andererseits aber ist Der Gewinner klar Amazon, für den Teltarif freiwillig und absolut kostenfrei über Wochen wirbt. Negativ-Werbung könnte man glauben, psychologisch aber reicht es, im Gespräch zu sein und hier kann auch der Sportsgeist erwachen und Neukunden werden akquiriert.

In meiner persönlichen Internet-Laufbahn von bestimmt über 25 Jahren Fernabsatzgeschäften gab es immer wieder mal unfaire Gebaren, zugegeben auch schon mal in der Form, dass ich als Kunde vielleicht etwas übersehen habe. Meine Devise war und ist, dass Unternehmen, die mich nicht wollen oder die ich nicht will, namentlich für mich nicht existieren. Würden das viele Menschen so handhaben, die Presse weniger berichten und die Kunden anstatt die vermehrt ohnehin vergleichsweise teuren Produkte bei Amazon lieber woanders kaufen, aus Solidarität selbst ihre Konten schließen oder einfach Amazon durch Nichtachtung abstrafen, würde man viel mehr bewirken als das, was momentan passiert. Billiger kann Amazon sich keine Werbung wünschen als dass man vereinzelnd Kunden rausschmeißt, die dann heulend zur Presse laufen nach dem Motto: "Mich haben die rausgeworfen, aber ich will trotzdem weiterhin glauben, günstig einkaufen zu können", befremdet mich etwas.

Dabei gibt es ein ganz anderes Problem, auf das zumeist aber nur am Rande hingewiesen wird, nämlich Online-Medien. Musik lade ich stets herunter, selbst wenn Amazon mein Konto schließen würde sind alle Online-Titel gesichert. Filme mit DRM-Schutz oder Kindle-Bücher, erst recht kein Audible, kaufe ich aus eben diesen Gründen nicht. Also würde mir nichts fehlen und ich verlasse mich nicht, wenn es nicht sein muss, auf deren Versprechen. Denn bei Google handhabe ich das ähnlich, einige wenige Bücher und Filme stehen dort bereit und sind an den Anbieter gekoppelt. Eine Unart, über die es sich viel mehr lohnen würde zu berichten, warum muss ich "Zurück in die Zukunft" mehrfach kaufen, wenn ich den Anbieter wechsele? Habe ich eine DVD, passt diese auch in einen neuen Player, wenn ich von Samsung zu SONY oder anders wechsle und kann diesen Film nur einmal zur selben Zeit ansehen. So liegt das Problem vielleicht auch stark am Kunden selbst, wenn dieser sich teils unüberlegt an einen Anbieter koppelt und nach der Heirat die mögliche Scheidung droht. Es ist ja nicht so, dass nur Amazon Kunden rauswirft, das gab es bei Google vereinzelnd auch.

Natürlich habe auch ich habe ein Amazon-Konto, das nur deshalb noch existiert, weil ich als Top-Rezensent eine Menge kostenloser Artikel aus China erhalte, die ich testen und anschließend für Projekte in unserer Gemeinde, beispielsweise Charity-Verlosungen weitergebe und verschenke. Da habe ich nichts von, aber auch das ist eine Win-Win-Situation. Wenn ich was kaufen will, wie beispielsweise teure Online-Alben, die als physische CD sogar günstiger sind, vergleiche ich mit jpc, Google, Apple und anderen Anbietern und entscheide mich für das günstigste Angebot. Einen Espressovollautomaten habe ich nicht für 150 Euro teurer gekauft, die Amazon aufgerufen hat, sondern sogar rein zufällig über Idealo einen Händler in örtlicher Nähe gefunden, der mir das Produkt entsprechend günstiger und ebenso original verpackt verkauft hat. Als Trusted Shop und mit PayPal-Zahlung ist das Risiko für mich ähnlich gering, als bei Amazon, zumal auch der Kundenservice dort immer schwerer erreichbar ist.

Mein Fazit: Auch wenn ich nichts zurücksende, es sei denn ein Artikel ist defekt oder gefällt mir absolut nicht, wäre ich um eine Sperrung keineswegs böse und würde nicht in Ansätzen versuchen, das Konto zu reaktivieren. Reisende soll man nicht aufhalten, es gab ein Leben vor Amazon und es gibt auch ein Leben danach.
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[1] Fony antwortet auf DL7FOS
14.07.2016 10:33
Benutzer DL7FOS schrieb:

ist Der Gewinner klar Amazon, für den Teltarif freiwillig und absolut kostenfrei über Wochen wirbt. Negativ-Werbung könnte man glauben, psychologisch aber reicht es, im Gespräch zu sein und hier kann auch der Sportsgeist erwachen und Neukunden werden akquiriert.

Definitiv nicht. Ich kaufe deutlich weniger bei Amazon seitdem das rumgeht. Quasi nur noch Sachen die ich kenne und sicher nicht zurückschicke. Alles andere wird im Laden angeguckt und gekauft. Oder eben bei anderen Onlinehändlern. Mein Umsatz bei Amazon ist definitiv zurückgegangen. Und das höre ich auch von anderen.

Fony
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[1.1] DL7FOS antwortet auf Fony
14.07.2016 14:18
Benutzer Fony schrieb:
Definitiv nicht. Ich kaufe deutlich weniger bei Amazon seitdem das rumgeht.

Das glaube ich in Ihrem Fall natürlich, aber die Frage ist, ob das in fünf oder 10 Jahren noch so sein wird. Es gibt Menschen, die flogen eine Zeit nicht mehr mit German Wings, andere aßen kurzfristig kein Rindfleisch mehr oder riefen zum Tankstellenboikott auf und so weiter. Der Mensch vergisst (zumindest meistens) einfach durch die schnelllebige Zeit und irgendwann siegt die Macht der Gewohnheit. Dann kommt die Presse und rückt etwas in den Fokus und plötzlich reagieren manche und man erreicht höchstens einen kurzfristigen Umsatzeinbruch. Für Amazon gibt es daher keine Notwendigkeit, an der Geschäftspraxis zu arbeiten. Im Gegenteil, Amazon wird häufiger erwähnt und rückt dann sogar im Ranking der Suchmaschinen nach oben. Und wie oft habe ich das in den letzten 30 Jahren erlebt, man geht nicht mehr zu Schlecker, man kauft nicht mehr bei Tchibo und überhaupt trinkt man kein Wahrsteiner mehr, kauft keine Müller-Produkte und zu Burger King geht man wegen den Toilettenlappen auch nicht mehr und was es da nicht alles für Berichte gab. Themenbezogen fällt mir auch noch die Zeit ein, als alle von E-Plus weg wollten, weil diese doch Preise für SMS-Mitteilungen im Jahre 1997 eingeführt haben. Das jetzt mal unabhängig vom Wahrheitsgehalt der einzelnen Berichte, die Presse hat ja auch genug Blödsinn verzapft, siehe die wiederkehrenden Meldungen vor über 10 Jahren, dass Nokia und Siemens aus dem Mobilfunkbereich aussteigen wollten. Ach ja, wie sind die Absatzzahlen von Lumia-Geräten in Bochum und werden hierzulande eigentlich inzwischen wieder viele Benq-Produkte verkauft?

Was mir bei der aktuellen Amazon-Diskussion etwas fehlt ist die Frage, wie viele der gesperrten Kunden tatsächlich Produkte in üblichem Maße zurückgesendet haben. Alle, die sich jetzt melden, sind natürlich verärgert und keiner will Schuld haben. Würde also jemand freiwillig zugeben, dass er einen Fernseher nur für die Dauer der letzten EM-Spiele bestellt und bei einer Party sogar verschrammt und wieder zurückgeschickt hat? Wie viele Bestellungen hat ein Nutzer eines gesperrten Kontos jährlich getätigt und wie viele wurden aus welchen Gründen davon in den letzten Jahren warum zurückgesendet?

Ein Beispiel dazu aus dem Leben: Ich sehe bei uns, dass die Kurven der Land- und Bundesstraße voller Müll und Pappbecher liegt. Die Gemeinde hatte in einer Aktion mit den Vereinen diesen Müll aufgeräumt und das war eine tolle Sache, die von allen begrüßt wurde. Natürlich war jeder entsetzt, dass Menschen tatsächlich Müll aus dem Fenster schmeißen und keiner kennt einen, der das macht. Trotzdem liegt die Kurve wieder voll, obwohl die Aktion keine drei Monate her ist.

Quasi nur noch Sachen die ich kenne und sicher nicht zurückschicke.

Dann freut sich Amazon doch, weil Kunde gehalten, der freiwillig das Risiko einer Rücksendung minimiert und dadurch noch Kosten einsparen hilft. Ich beobachte immer wieder, dass viele sich nur soweit einschränken, bis es auf die Kosten der eigenen Bequemlichkeit geht. 'Will man etwas verändern ist die solidarische Schließung des eigenen Kontos nach meiner Ansicht alternativlos und ich möchte mal wissen was passiert, wenn 1.000 Konten täglich geschlossen würden. So frage ich mich, warum es erst einen Grund geben muss, bevor man sich um Alternativen bemüht und den lokalen Fachhandel unterstützt, den man vermutlich über Jahre vernachlässigt hat. Denn Berichte, dass der Online-Handel fragwürdig ist und somit der lokale Handel geschädigt wird gibt es seit über 10 Jahren. Nur es wird offenbar erst interessant für den Einzelnen wenn klar wird, dass es ans eigene Konto geht und somit ein gewisses Risiko besteht. Für mich braucht es keinen medialen Anlass um zu wissen, dass der Weg über Amazon nicht der Richtige ist. Die Tatsache, dass über Jahre schon manche begehrte Produkte teurer sind als im Fachhandel bzw. Alternativen Online-Handel ist einfach abzuleiten, wenn man entsprechende Preissuchen durchführt. Das ist nicht immer so, aber häufiger als man denkt. Wobei für mich auch der Preis kein alleiniges Kaufargument ist, ich möchte auch wissen, woher die Produkte stammen und welchen Weg sie gegangen sind. Ist ein Preis marktunüblich niedrig, wird es von mir nicht erworben.

Ich weiß nicht, aber seitdem ich selbst für Tonträger bei Amazon mehr bezahle als woanders, verzichte ich auch längst auf die 1-Click-Option. Es ist wie mit Aldi, vor 15 Jahren haben sich die Leute noch um wirklich günstige PCs geprügelt. Heute verkauft Medion selbst die Rechner nur geringfügig teurer, dafür aber mit deutlich besserer Ausstattung und etwas weniger Garantie. Was Amazon angeht werde ich alleine aufgrund der Rezensionen mein Kaufverhalten nicht ändern, auch wenn ich von meiner Natur her bei jeder Rücksendung ein schlechtes Gewissen habe. Aber sollte Amazon mich sperren wollen, sollen sie es tun, dann ist ein Kunde eben weg. Und somit auch die über 15 Jahre gesammelten Daten zu meinem Kaufverhalten. Dass das keinen stört ist übrigens auch sehr erstaunlich.