Thread
Menü

Was soll der Artikel?


11.02.2024 22:32 - Gestartet von wolfbln
7x geändert, zuletzt am 11.02.2024 23:19
Ich frage mich schon, was der Artikel soll. Da wird vieles unterstellt und behauptet, aber weniges hat wirklich Nachrichtenwert. Geht es um solche "Nachrichten"?

1.) Erste These: immer weniger Vielfalt im deutschen NewsTV
Worin begründet sich diese Behauptung? Im Scheitern von Bild TV? Das ist der Nachrichtensender, der off-air gegangen ist, wobei ihn manche eher als Boulevardsender sehen. Offenbar gelang es nicht, diese Art des Print-Journalismus in ein TV-Format erfolgreich zu verpacken. Hier war das Geld und die Köpfe vorhanden und wurde versenkt.

Zumindest hier in den Kommentaren hat niemand Bild TV eine Träne nachgeweint. Es hat einfach nicht "funktioniert".

2.) Zweite These: das Nachrichten-TV sei unterfinanziert.
Das stimmt nur bedingt. Natürlich müssen die öffentlich-rechtlichen sparen, aber Tagesschau und heute werden weiter sehr teuer produziert. Beim Privat-TV sind n-tv von Bertelsmann und der RTL Group und Welt von Springer tatsächlich unterfinanziert.

Nur: warum vergeudet der Springer-Konzern Millionen bei Bild TV und gibt das Geld nicht in die seriösere Schiene von Welt TV? Warum wird das im Artikel nicht thematisiert? Vielleicht, weil der Autor auch für Print-Medien des Springer-Verlags arbeitet?

3.) Dritte These: warum gibt es in Deutschland kein Nachrichten TV wie BBC und CNN? Ganz einfach: weil wir im deutschsprachigen Bereich nicht die Menge an Zuseher haben wie ein weltweit gesehenes englischsprachiges Format. Dennoch könnten ARD und ZDF leicht einen solchen Kanal 24 Stunden aufbauen und beschicken. Nur genau dies wurde ihnen bisher von den Ländern per Rundfunkauftrag verboten, um die private Konkurrenz nicht zu überrollen. Das sollte man dann auch als Grund nennen: ARD und ZDF dürfen das gar nicht. Mir fehlt auch ein solcher Sender und nicht so Dauerschleifen wie Tagesschau24 als Kopie von CNN Headline News oder phoenix als "Ereigniskanal".

4. These: Das Nachrichten-TV in Deutschland deckt nicht das ganze Meinungsspektrum im Land ab.
An der These ist zugegebenermaßen etwas dran, wenn man nur das lineare TV auf den üblichen Ausspielungswegen betrachtet. Die Frage ist aber auch: hat es das schon mal gegeben und dann wann?

Der Vorwurf: es kommen übermäßig die Positionen der Regierung und dann noch der Opposition zu Wort, die als demokratisch angesehen wird. Bei der AfD scheiden sich bekanntlich die Geister. Soll man sie abbilden und einfach sich darstellen lassen oder soll man sie zugleich kritisieren, weil sie zum Teil extremistische Positionen vertritt? Das Dilemma ist nicht zu lösen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich auf die Fahne geschrieben, dass diese Positionen dargestellt und gleichzeitig kritisiert werden. Eine zugegeben angreifbare Haltung, wenn sie so bei anderen Parteien weniger hart durchgezogen wird.

Dank des Internets gibt es aber für alle Haltungen und Meinungen einen News Channel: von Hetze gegen Ausländer über Schwule zu Juden bis Sympathie für Putin oder "die Erde ist eine Scheibe". Julian Reichelt und alle anderen beschicken dieses Meinungs-TV. Brauchen wird das wirklich und fehlt das uns im Spektrum des linearen TV?

Die USA zeigen uns ja wieder, wohin die Reise geht. Auch dort ist News TV was internationale Berichterstattung angeht deutlich unterentwickelt. Aber die Stationen haben mit ihrer klaren Haltung pro Biden oder pro Trump eher zur Spaltung des Landes beigetragen. Wollen wir wirklich X verschiedene Tagesschau-Kopien von grün oder links bis AfD?

Alle die hier wieder nach dem Staat hier in den Kommentaren rufen. Je mehr der Staat finanziert im News TV, desto größer kann seine Kontrolle darüber werden. Das sieht man in Frankreich. Da gibt es eine Reihe von Nachrichtensender, die aber alle ziemlich regierungsnah sind. In Polen hat die PiS den reichweitenstarken staatlichen Sender umgebaut. Die neue Regierung baut zurück.

Der Autor ruft dagegen nach einem ausländischen Investor z.B. aus den USA. Nur ist das eine Lösung? Könnte da nicht auch ein Russia Today bei uns entstehen? Nichts gegen ausländische Investoren, aber sie können nicht die Lösung sein, mehr in deutsches News TV zu stecken. Und sind Investoren politisch "neutral" oder können sie nicht auch eine politische Agenda haben wie etwa Rupert Murdoch.

Meiner Meinung liegt die Krise woanders. Die öffentlich rechtlichen werden immer weniger gesehen, zumindest linear. Manche vertrauen seiner Berichterstattung nicht mehr und tun es als "Staats-TV" ab. Das geht mit einer sinkenden Bereitschaft einher, die Rundfunkbeiträge ("GEZ-Zwangsgebühr") zu zahlen. Die Privaten haben es nie richtig versucht, es mit den ÖR auf diesen Feld aufzunehmen und die extremen Meinungen, die nicht im linearen TV ausgedrückt werden, finden sich überall im Internet.

Kurz: die Mehrheit hat genau das Nachrichten-TV in Deutschland, das sie will. Erweiterter Mainstream bei den öffentlich-rechtlichen, eine Pseudo-Konkurrenz dazu von der Privaten und alles andere wurde in die Schmuddelecken des Netzes verbannt.
Menü
[1] Dick Jones antwortet auf wolfbln
11.02.2024 23:20
Die Tagesschau ist teuer produziert? Na das sieht man doch wirklich sofort. Hatte mich schon gewundert, wo die 10 Milliarden pro Jahr versickern. Und da gibt's tatsächlich noch Leute die glauben, die Kohle fließt gar nicht in hochwertigen Nachrichten-Content, sondern in Intendantengehälter, Pensionsrückstellungen, Silbereisen oder dem Massagesessel von Schlesinger.

Benutzer wolfbln schrieb:

2.) Zweite These: das Nachrichten-TV sei unterfinanziert. Das stimmt nur bedingt. Natürlich müssen die öffentlich-rechtlichen sparen, aber Tagesschau und heute werden weiter sehr teuer produziert. Beim Privat-TV sind n-tv von Bertelsmann und der RTL Group und Welt von Springer tatsächlich
unterfinanziert.
Menü
[2] trollator antwortet auf wolfbln
11.02.2024 23:27

einmal geändert am 11.02.2024 23:30
Benutzer wolfbln schrieb:
?

Alle die hier wieder nach dem Staat hier in den Kommentaren rufen. Je mehr der Staat finanziert im News TV, desto größer kann seine Anteilnahme werden. Das sieht man in Frankreich. Da gibt es eine Reihe von Nachrichtensender, aber alle ziemlich regierungsnah.

An what about AFP?
Zitat
AFP wird ganz oder teilweise von der Regierung Frankreichs finanziert
https://www.youtube.com/@afpde/videos

Feinster Häpp:chen Journalismus mit vielen o-tönen und in doitsch.


Das geht mit einer sinkenden Bereitschaft einher, die Rundfunkbeiträge ("GEZ-Zwangsgebühr") zu zahlen.
Weil's so schön lösungsorientiert ist.
Zitat
In Deutschland ist die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein Reizthema. Frankreich geht nun einen neuen Weg und löst ein Versprechen von Macron ein.
04.08.2022 - 21:23 Uhr
https://www.handelsblatt.com/politik/international/parlamentsbeschluss-frankreich-schafft-die-rundfunkgebuehr-ab/28576628.html

Solche nuus sind jedenfalls vermeidbar (!) gewesen.
Zitat
MDR BEDRÄNGT STUDENTEN
Rundfunkbeitrag ohne Gnade
VON JOCHEN ZENTHÖFER-AKTUALISIERT AM 13.06.2023

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/rundfunkbeitrag-student-und-mdr-streiten-vor-gericht-18958310.html
Menü
[3] 56hde4mm antwortet auf wolfbln
12.02.2024 09:47
Benutzer wolfbln schrieb:
[]

Ein überaus sachlicher und wohl argumentierter Kommentar, wie man ihn nur sehr selten bei Tarif findet. Respekt.
Menü
[4] voltaire antwortet auf wolfbln
12.02.2024 11:08
Danke für diesen Kommentar! Leider fehlt es in diesem Forum häufig an sachlichem und respektvollen Umgang.
Menü
[5] Dick Jones antwortet auf wolfbln
12.02.2024 11:12
Benutzer wolfbln schrieb:

Offenbar gelang es nicht, diese Art des Print-Journalismus in ein TV-Format erfolgreich zu verpacken. Hier war das Geld und die Köpfe vorhanden und wurde versenkt.

Da habe ich was anderes gehört. Angeblich war genau Geld das Problem. BILD TV mit seinen durchgehenden Live-Strecken war Döpfner wohl schlicht zu teuer.

Nur: warum vergeudet der Springer-Konzern Millionen bei Bild TV und gibt das Geld nicht in die seriösere Schiene von Welt TV?

BILD und WELT haben unterschiedliche Zielgruppen.

3.) Dritte These: warum gibt es in Deutschland kein Nachrichten TV wie BBC und CNN? Ganz einfach: weil wir im deutschsprachigen Bereich nicht die Menge an Zuseher haben wie ein weltweit gesehenes englischsprachiges Format.

Wenn die Menge an Zuschauern ein Argument für die Existenz eines ÖR-Senders wäre, müsste man auch Kanäle wie Arte oder ARD Alpha abschalten.

Bei der AfD scheiden sich bekanntlich die Geister. Soll man sie abbilden und einfach sich darstellen lassen oder soll man sie zugleich kritisieren, weil sie zum Teil extremistische Positionen vertritt?

Die AfD erreicht derzeit im Bund ca. ein Fünftel der Wähler. Im Osten stellt sie wahrscheinlich bald den ersten Ministerpräsidenten. Ich vermute mal, bald wird der ÖRR sich nicht mehr mit der AfD beschäftigen, sondern umgekehrt.

Dank des Internets gibt es aber für alle Haltungen und Meinungen einen News Channel: von Hetze gegen Ausländer über Schwule zu Juden bis Sympathie für Putin oder "die Erde ist eine Scheibe". Julian Reichelt und alle anderen beschicken dieses Meinungs-TV. Brauchen wird das wirklich und fehlt das uns im Spektrum des linearen TV?

Wo genau hat Reichelt Sympathien für Putin geäußert oder gegen Juden und Schwule gehetzt? Diese einfach mal stumpf eingeworfenen böswilligen Unterstellungen sind echt einfach nur noch nervig.

Die USA zeigen uns ja wieder, wohin die Reise geht. Auch dort ist News TV was internationale Berichterstattung angeht deutlich unterentwickelt. Aber die Stationen haben mit ihrer klaren Haltung pro Biden oder pro Trump eher zur Spaltung des Landes beigetragen. Wollen wir wirklich X verschiedene Tagesschau-Kopien von grün oder links bis AfD?

Ich für meinen Teil kann auf die Tagesschau gut und gerne verzichten.

Der Autor ruft dagegen nach einem ausländischen Investor z.B. aus den USA. Nur ist das eine Lösung? Könnte da nicht auch ein Russia Today bei uns entstehen?

Hinter Russia Today steht kein ausländischer Investor, sondern der Kreml.

Meiner Meinung liegt die Krise woanders. Die öffentlich rechtlichen werden immer weniger gesehen, zumindest linear. Manche vertrauen seiner Berichterstattung nicht mehr und tun es als "Staats-TV" ab. Das geht mit einer sinkenden Bereitschaft einher, die Rundfunkbeiträge ("GEZ-Zwangsgebühr") zu zahlen.

Diese Entwicklung hat der ÖRR selbst zu verantworten.

Kurz: die Mehrheit hat genau das Nachrichten-TV in Deutschland, das sie will.

Da bin ich voll und ganz Deiner Meinung. Aber so war das ja in Deutschland schon immer. Die Mehrheit nickt brav ab und folgt der Regierung.