Frei Sprechen
10.04.2008 22:06

„Der Kunde ist König“- nur leider nicht bei den TK-Anbietern

Erst nach Kündigung erhalten auch Bestandskunden akttraktive Angebote
teltarif.de Leser speedy08 schreibt:
Während in anderen Branchen Wörter wie Kundenzufriedenheit oder Kundenbindung durchaus eine Bedeutung haben, scheint bei den Telekommunikationsanbietern ein Kunde der erstmal unterschrieben hat, für die nächsten zwei Jahre nicht mehr viel wert zu sein. Mal abgesehen von langen Vertragslaufzeiten, teuren Hotlines und den sonstigen Dingen, über die auch immer wieder im teltarif-Forum berichtet wird, hat mich nun zum zweiten Mal besonders ärgert, dass ich als Bestandskunde anders, um nicht zu sagen schlechter, behandelt werde als ein Neukunde.

Kunden werden nach Umsatz bewertet

Das erste Mal bekam ich dies bei Verlängerung meines O2-Genion-Vertrages zu spüren. Da man bei einer Vertragsverlängerung auch immer ein neues Handy bekommt, hatte ich mich bereits vorab im Internet über die neuesten Angebote informiert. Das ausgewählte Modell sollte laut Angebot nur 1 Euro Zuzahlung kosten. Im Shop angekommen, wurden meine Freude aber schnell getrübt, denn anstatt 1 Euro musste ich 50 Euro für das neue Handy dazuzahlen. Die Begründung: Ich bin kein so umsatzstarker Kunde!!! Ja, ok ich bin wirklich niemand der ständig an der Strippe hängt, aber inkl. der 10 Euro Grundgebühr habe ich doch jeden Monat pünktlich meine 15-20 Euro gezahlt. Ist das den gar nichts wert? Weitere zwei Jahre später kündigte ich meinen Vertrag, da ich nun auch einen Festnetzanschluss hatte und daher weniger Gespräche mit dem Handy führte. Zu meiner Verwunderung schien o2 nun aber doch an einem umsatzschwachen Kunden wie mir interessiert zu sein. Denn neben mehreren Briefen erhielt ich auch Anrufe, ob ich es mir nicht doch noch einmal überlegen möchte inkl. zahlreicher Lockangebote. Aber da hatte o2 schon einen Kunden weniger.

„Aktionsangebot“ – ein Wechsel für Bestandskunden ist nicht möglich

Den besagten Festnetzanschluss habe ich seitdem bei Arcor. Bei Abschluss kostete das All-Inclusive -Paket noch knapp 45 Euro. Da dies für mein Nutzungsverhalten damals noch zu hoch war, entschloss ich mich für einen Tarif mit minutenbasierter Internetabrechnung. Der Shop-Mitarbeiter versicherte mir aber, dass auch Bestandskunden von Tarifsenkungen profitieren können. Ein dreiviertel Jahr später machte ich dann aber die Bekanntschaft mit dem Wort „Aktionsangebot“. Denn obwohl der Preis um 5 Euro gesunken war, konnten nur Neukunden davon profitieren - und das über mehrere Monate hinweg. So eine Aktion kann ganz schön lange dauern, da hilft auch kein freundliches Nachfragen oder Briefe schreiben. Dies war vor allem unverständlich für mich, da ich mit den ca. 40 Euro monatlich fast immer mehr gezahlt hätte als bisher, denn meistens bewegten sich meine Rechnungen bis dahin zwischen 35 und 40 Euro. Irgendwann erhielt ich dann doch die freudige Nachricht, ich könnte jetzt wechseln - allerdings verlängert sich meine Laufzeit um weitere 24 Monate und ich muss auch noch 25 Euro Wechselgebühr zahlen. Die Verlängerung wäre ja nicht das Problem gewesen, aber quasi die nächsten 5 Monate den alten Preis von 45 Euro zahlen, nein danke, zumal es dann wahrscheinlich schon wieder ein neues Aktionsangebot gibt. Da ich ziemlich verärgert darüber war, dass ich als ordentlicher Bestandskunde die Arschkarte habe, kündigte ich also meinen Vertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Ein gutes halbes Jahr später erhielt ich nun eine freundliche Mail, dass ich nun kostenfrei in den inzwischen ca. 30 Euro teuren Tarif wechseln kann. Ich brauche dafür nur die kostenfreie Hotline anzurufen. Da ich ansonsten eigentlich ganz zufrieden mit Arcor bin und bei den meisten anderen Anbietern anscheinend eine ähnliche Praxis gang und gäbe ist, nahm ich dieses Angebot an. Seit einer Woche habe ich also nun endlich den Anschluss den ich wollte und das auch noch zu einem deutlich günstigeren Preis und mit einer höheren Bandbreite. Die größte Überraschung war aber, dass mir zwei meiner Nummern auf Wunsch abgestellt wurden. Bisher hieß es ja immer, dass Bestandskunden die mehrere Nummern geschaltet bekommen haben, diese auch weiter behalten müssen und damit auch die dafür fälligen 4 Euro mehr zahlen müssen. Wenn man gekündigt hat, wird also anscheinend so einiges möglich. Natürlich kann es sein, dass es in der nächsten Woche wieder ein neues Aktionsangebot ist, aber ich bin zufrieden mit dem Tarif, den ich jetzt habe und wahrscheinlich sind die Preisspielräume der Anbieter inzwischen auch langsam am Ende angekommen.

Allerdings drängt sich mir doch die Frage auf, warum man immer erst kündigen muss, bis man auch als Bestandskunde beachtet und umworben wird. Ich würde mir wünschen, dass sich auch im Telekommunikationsbereich dort zukünftig etwas ändert, denn ich glaube ein zufriedener Kunde ist im Endeffekt für den Erfolg eines Unternehmens unabdingbar. Hätte ich mich nicht so über diese Geschichte geärgert, hätte ich ansonsten auch anderen wie z. B. meinen Eltern einen Arcor-Anschluss empfohlen.

2x geändert, zuletzt am 14.04.2008 12:55
Kommentare zum Thema (3)
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garfield antwortet
11.04.2008 10:14
Benutzer speedy08 schrieb:
Mal abgesehen von langen Vertragslaufzeiten, teuren Hotlines und den sonstigen Dingen, über die auch immer wieder im teltarif-Forum berichtet wird, hat mich nun zum zweiten Mal besonders ärgert, dass ich als Bestandskunde anders, um nicht zu sagen schlechter, behandelt werde als ein Neukunde.
Ich empfinde das auch als ärgerlich. Allerdings wird der Grund, warum die Firmen so handeln, schnell klar. Im gesättigten Markt Deutschland kann eine Firma nur wachsen, indem sie einer anderen Firma Kunden abjagt, sprich: sie zum kündigen dort animiert und ihnen den Neuabschluss bei der eigenen Firma mit Schmankerln versüßt.
Ist der Kunde erst an der Leine, gilt es nun natürlich, ihn so lange wie möglich festzuhalten. Und da es scheinbar zu teuer ist, dies über guten Service zu tun, haben sich - insbesondere die TK-Unternehmen darauf verlegt, dies mittels möglichst langlaufender Verträge zu erreichen. Diese Unsitte ist so verbreitet, dass eine Reaktion der Regulierungsbehörde überfällig ist. Es gab auch hier im Forum schon Meldungen von Leuten, die umziehen wollten oder mussten (nein, die eigene Lebensplanung steht eben nicht immer auf 2 Jahre im voraus fest), und arge Probleme haben, aus ihren (DSL-)Verträgen rauszukommen.
Dass dies zum Teil auch kontraproduktiv ist, scheinen die Firmen nicht mitzubekommen, denn da das fast alle so machen, hat auch keine Firma die Chance, einen wechselwilligen Kunden zeitnah von einem Konkurrenten loszueisen.
Banken machen es ebenso. Die höheren Einlagen-Zinsen gibt es nur für Neukunden. Clevere Zusatzbedingung: und nur für NEUES Geld, d.h. nur für Geld, dass der Kunde von einer anderen Bank herübertransferiert.
Löbliche Ausnahme: die Telekom mit ihren Standardtarifen und Alice. Es wird wohl viele Kunden geben, die bei diesen Anbietern abschließen oder bleiben, WEIL sie eben KURZE Vertragslaufzeiten haben. Wenn ich die Gewißheit habe, aus meinem Vertrag kurzfristig rauszukommen, muss ich nicht füßescharrend die nächste Kündigungsmöglichkeit herbeisehnen.
Und auf den Service scheint's auch 'ne heilsame Wirkung zu haben, denn seit meinen Abenteuern mit Freenet (damals noch 1 Jahr Laufzeit) und dem kläglich gescheiterten Versuch mit AOL, weiß ich die früher auch von mir oft gescholtene Telekom zu schätzen (kein teures Gedudel in einer Warteschleife und meist zielgerichtetere Problembehebung als ich sie anderswo erfahren musste).
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MorgensTTern antwortet
12.04.2008 16:55
Ist nicht nur bei den TK-Anbietern so. Z.B. bei der PKW-Haftpflicht habe ich schon 3x (!!!) in den letzten Jahren meinen Vertrag gekündigt, nur um ihn mit besseren Konditionen und für weniger Beitrag wieder bei derselben Gesellschaft neu abzuschließen. Auf Nachfrage dort räumte man ein, dass neue Verträge mit besseren Konditionen niemals automatisch den Bestandskunden angeboten werden. Immerhin bleibt der größte Teil der Kunden zum alten (und teureren) Tarif auch so bei der Versicherung. Da hilft nur stetes Vergleichen von Angeboten und Bereitschaft zum Wechsel, wenn man ein besseres Angebot gefunden hat.

Allerdings ist ein Wechsel in der PKW-Haftpflicht viel einfacher als bei einem TK-Anbieter, auch die Bindung dort dauert maximal 1 Jahr. Schade, dass es bei TK-Anbietern nicht auch eine gesetzliche Beschränkung der Vertragslaufzeit gibt.
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vickycolle2006 antwortet auf MorgensTTern
13.04.2008 02:50
Benutzer MorgensTTern schrieb:


Allerdings ist ein Wechsel in der PKW-Haftpflicht viel einfacher als bei einem TK-Anbieter, auch die Bindung dort dauert maximal 1 Jahr. Schade, dass es bei TK-Anbietern nicht auch eine gesetzliche Beschränkung der Vertragslaufzeit gibt.

ich vermute mal, wenn sie es weiter so bunt treiben,
wird es hierfür auch irgendwann eine gesetzliche regelung geben.

allerdings sollte uns im festnetzbereich nichts wundern,
was im mobilfunk seit ewigen zeiten gang und gäbe ist
und faktisch bedenkenlos von mehr als 90% aller nutzer geschluckt wird.

gruss
vicky