GEMA-Lizenzpflicht für deutsche Nutzer ausländischer Webradioplattformen
Umstrittenes Urteil des OLG München: Deutsche SoniXCast-User benötigen zusätzliche Lizenz der GEMA
Bild: SoniXCast/Screenshot
Ein Internetradio betreiben ohne Gebühren an die deutschen Verwertungsgesellschaften GEMA oder GVL zu zahlen: Mit diesem Geschäftsmodell werben seit einiger Zeit Unternehmen wie SoniXCast oder Radionomy. Die Webradio-Plattformen haben bei den örtlichen Verwertungsgesellschaften die Rechte für einen Musikpool erworben und behaupten, dass Webcaster aus dem Ausland keine weiteren Lizenzen mehr benötigen. Die GEMA vertritt allerdings eine andere Rechtsauffassung und hat in diversen Musterprozessen gegen deutsche Internetradio-Betreiber nun Recht bekommen. Demnach müssen Webradio-Betreiber, die in Deutschland Werke von Musikurhebern senden, die Mitglied der GEMA oder einer ausländischen Schwestergesellschaft sind, eine zusätzliche Lizenz erwerben, wie das Oberlandesgericht (OLG) München (AZ: 29 U 4432/14 und 29 W 2271/14) sowie die Landgerichte (LG) Köln (Az: 14 O 334/14) und München (Az: 7 O 10077/14) in rechtskräftigen Entscheidungen bestätigten.
OLG München: Auslands-Lizenz nicht ausreichend
Umstrittenes Urteil des OLG München: Deutsche SoniXCast-User benötigen zusätzliche Lizenz der GEMA
Bild: SoniXCast/Screenshot
Die GEMA hat gegen deutsche Webradiobetreiber auf den ausländischen Plattformen geklagt, die mehrfachen Aufforderungen, die erforderliche Lizenz zum Betreiben eines Webradios zu erwerben, nicht nachkamen. In einem Fall hätte sich ein Internetradio-Betreiber darauf berufen, sein Radio sei bereits durch den nordamerikanischen Stream-Hoster SoniXCast
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lizenziert. Bei SoniXCast handelt es sich um den Hosting-Service der Walton International Business Group LLC (WIBG) mit Hauptsitz in New York, der das Streamen von Radiosendungen via Internet ermöglicht und damit wirbt alle Urheberrechts-Kosten zu übernehmen. Eine SoniXCast-Lizenzierung sei jedoch nicht ausreichend, wenn der Betreiber in Deutschland sitzt, hat das OLG München in seinem Urteil bestätigt.
Die GEMA verweist darauf, dass Webradio-Betreiber die Pflicht besäßen, erforderliche Lizenzen im Vorfeld bei der GEMA einzuholen – sofern Musikwerke aus dem GEMA-Repertoire oder ihrer ausländischen Schwestergesellschaften in Deutschland gesendet werden. Eine Sendelizenz von ausländischen Verwertungsgesellschaften reiche nicht für Sendehandlungen in Deutschland aus.
GEMA schreibt aktuell auch deutsche Radionomy-User an
Wie berichtet, hat die GEMA neuerdings auch deutsche Webradio-Betreiber auf der belgischen Radioplattform Radionomy im Visier. Das Unternehmen wirbt damit Internetradios kostenlos betreiben zu dürfen, alle erforderlichen Rechte seien abgegolten. Nach der Rechtsauffassung von Radionomy seien die Betreiber lediglich "Content Producer", ähnlich wie Radio-Moderatoren, die im Ausland sitzen und Sendungen für in Deutschland lizenzierte Radiostationen zuliefern. Radionomy stellt den Musikpool und streut auch Werbespots ein. Trotzdem schreibt die GEMA derzeit deutsche User der Plattform an und verweist auf die zusätzliche Lizenzpflicht in Deutschland. Offen ist, ob auch hier Musterprozesse vor Gericht folgen.
In der Webradio-Szene stoßen die Gerichtsurteile auf Unverständnis. Normalerweise reicht zum Betrieb eines Webradios eine einmalige Lizenz in einem Land aus. SoniXCast und Radionomy haben entsprechende lizenzrechtliche Zulassungen in Nordamerika und Europa.
Lizenzpflicht für öffentlich zugängliche Musikstreams?
Dass die GEMA deutsche Webradio-Betreiber auf ausländischen Plattformen stärker ins Visier nehmen will, hat auch der Aufsichtsrat der Verwertungsgesellschaft in seiner letzten Sitzung angedeutet. Demnach würden "schöpferische Leistungen im Online-Bereich" nach wie vor "keineswegs angemessen vergütet", diese Position vertrete der Aufsichtsrat seit langem. "Dazu trägt bei, dass Gewinne digitaler Serviceanbieter für werbefinanzierte Gratisangebote ebenso wie für Streaming Abonnement-Modelle weitgehend an den Musikautoren vorbeigehen". Denn, so die Sicht des Aufsichtsrats, in der Vergütungshöhe für Online-Angebote bestehe "eine grundsätzliche Schieflage zum Nachteil der Urheber gegenüber den Labels." Laut dieser Rechtsauffassung könnte die GEMA möglicherweise auch eine Lizenzpflicht von Usern auf Musikstreaming-Plattformen wie Deezer oder Last.fm nachweisen, sofern diese ihr Musikrepertoire in einem Stream öffentlich zugänglich machen.
Die GEMA bietet Kunden die Möglichkeit, nachträglich sowie für die Zukunft eine rechtssichere Lizenz zum Betrieb eines Webradios zu erwerben. Einzelne Webradioleiter weigern sich jedoch nach wie vor, diese Lizenz bei der GEMA einzuholen. Zur Wahrung der Interessen der Musikurheber behält sich die GEMA daher nach eigenen Worten vor, nach Ausschöpfung aller außergerichtlichen Möglichkeiten den gerichtlichen Weg zu beschreiten.
Rechtssicherheit nur bei Laut.fm
Nichts zu befürchten haben User der deutschen Plattform Laut.fm, die mit ähnlichem Geschäftsmodell arbeitet wie Radionomy oder SoniXCast. Der Plattformbetreiber Laut AG hat seinen Sitz in Deutschland und übernimmt die anfallenden GEMA- und GVL-Gebühren sowie die Streamingkosten.