Landgericht Koblenz untersagt 5G-Werbung
Das Landgericht Koblenz hat schon am 9. April eine bundesweite uneingeschränkte Werbung mit dem modernsten Mobilfunk-Standard 5G verboten, weil er noch längst nicht überall in Deutschland verfügbar ist (Az. 4 HK O 51/20).
Weihnachtswerbung verwirrt Verbraucher
Die Beklagte hatte auf ihrer Internetseite mit Weihnachtsangeboten geworben. Auf der ersten Seite befand sich eine einheitliche Bühne mit einer durchgehenden Schneedecke und einem weite Teile der Seite bedeckenden Sternenhimmel. Auf dieser Seite fand sich unter anderem links ein Stern mit dem Aufdruck „Weihnachtsangebot“. In der Mitte der Bühne war eine SIM-Karte mit einem runden „5G“-Störer zu sehen.
Auf der rechten Seite war ein Kasten mit Flat-Tarifen und einem Preis ab 9,99 Euro/Monat zu finden. Unter diesem Kasten befand sich die Klickfläche „Zum Angebot“.
Klickte der Nutzer hierauf, wurde er zur Produktseite der Beklagten geführt. Nicht alle Tarife aus der in dem Kasten beworbenen Tariffamilie umfassen 5G-Leistungen. Die 5G-Leistungen der Beklagten sind zudem regional nur eingeschränkt erhältlich. Zudem waren die 5G-Leistungen nicht zu dem niedrigen ab-Preis erhältlich. Die Klägerin mahnte die Beklagte daher ab und begehrte das Unterlassen dieser Werbung als irreführend.
Landgericht Koblenz: So geht das nicht
In Sachen irreführender 5G-Werbung sprach das LG-Koblenz im April ein Machtwort.
Foto: Landgericht Koblenz, Montage: teltarif.de
Das Landgericht Koblenz untersagte der Beklagten gemäß UWG (Gesetz über unlauteren Wettbewerb) die Werbung mit 5G-Leistungen, wenn diese zu dem genannten "ab-Preis" nicht genutzt werden können, sondern lediglich zu einem höheren Preis.
Weiterhin untersagte es eine Werbung mit 5G-Leistungen, wenn nicht darauf hingewiesen wird, dass diese nur eingeschränkt verfügbar sind. Die Werbung der Beklagten stufte das Landgericht Koblenz deshalb als irreführend für den Verbraucher ein.
Zunächst hätte die Beklagte auf die eingeschränkte Verfügbarkeit der 5G-Leistungen hinweisen müssen. Die Werbung richtete sich an alle Verbraucher und nicht nur an technikaffine oder besonders technikinteressierte Verbraucher. Es sei nicht wegen der erst vor kurzem erfolgten Versteigerung von 5G-Lizenzen allgemein bekannt, dass sich das 5G-Netz deutschlandweit noch im Aufbau befindet.
Insbesondere wisse der durchschnittliche Verbraucher nicht, dass 5G-Leistungen derzeit nur in den Städten Berlin, Hamburg, München, Frankfurt/Main und Köln verfügbar sind. (Zumindest zum Klagezeitpunkt an Weihnachten 2020, inzwischen wurden die Netze ja von allen Anbietern bedeutend weiter ausgebaut und nicht alle Verbraucher lesen regelmäßig teltarif.de.)
Unzutreffender Eindruck
Die Werbung erweckte nach Ansicht des Landgerichts Koblenz zudem den unzutreffenden Eindruck, der Kunde könne bei der Beklagten bereits im billigsten Tarif von 9,99 Euro/Monat 5G-Leistungen erhalten. Die Beklagte vermochte auch nicht mit dem Argument durchzudringen, dass sich der 5G-Störer gar nicht auf dem Kasten mit den Tarifen befindet und sich damit nicht auf diesen beziehe, sondern eigenständig nur allgemein auf die 5G-Leistungen der Beklagten hinweisen sollte.
Verwirrung auf der ganzen Linie
Da sich die Werbung auf einer einheitlichen Bühne mit einer durchgehenden Schneedecke und einem weitgehend durchgehenden Sternenhimmel befand, wird für den durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher nach Einschätzung des Landgerichts nicht ersichtlich, dass die Beklagte unabhängig von ihren Tarifangeboten darauf hinweisen wollte, dass sie jetzt auch 5G-Leistungen anbieten kann. Es entstand vielmehr der Eindruck eines einheitlichen Angebots, zumal sich auf dem linken Stern der Aufdruck „Weihnachtsangebot“ befand, sodass der Verbraucher nicht auf getrennte Angebote schließt.
Zum Angebot - das es so nicht gibt
Auch wenn sich die Klickfläche „Zum Angebot“ nur unter den Tarifen befindet, deutet das für einen durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher ebenfalls nicht auf getrennte Angebote hin. Zudem befand sich der 5G-Störer an einer SIM-Karte. Da ein Telefonieren und Surfen in den von der Beklagten beworbenen Tarifen nur mit einer solchen SIM-Karte technisch möglich ist, wird der allgemeine Verkehrskreis nach Auffassung des Landgerichts den Schluss von dem 5G-Störer auf die Mobilfunktarife der Beklagten ziehen.
Urteil ist rechtskräftig
Eine gegen das Urteil mögliche Berufung wurde laut einer Gerichtssprecherin nicht eingelegt. Inzwischen ist die Frist dafür auch abgelaufen. Somit ist das Urteil rechtskräftig.
Wer klagte gegen wen?
Das Gericht teilte nicht mit, um welche Telekommunikationsunternehmen es sich handelte.
Da Unternehmen an dem für ihren Sitz zuständigen Gericht verklagt werden müssen, könnte es sich beim beklagten Unternehmen höchstwahrscheinlich um die 1&1 aus Montabaur (bei Koblenz) bzw. einer ihrer Unternehmen im Firmen-Verbund gehandelt haben. Als Kläger tippen Insider auf ein Unternehmen aus Bonn, das beim 5G-Netzausbau nachweisbar weit vorne liegt und deswegen nicht "glücklich" gewesen sein könnte, dass ein Wettbewerber einen bundesweit verfügbaren flächendeckenden 5G-Tarif für 9,99 Euro suggeriert, den es so gar nicht gibt (und wohl auch so schnell nicht geben wird).
Tja, in der Werbung ist schon einiges erlaubt, wenn man sich aber zu stark von der Wahrheit entfernt, gibt es richterlich einen deutlichen Warnschuss. Und das ist auch gut so. Die Branche neigt immer wieder dazu, sich von Klarheit und Wahrheit zu entfernen.
Das Geld für das Erstellen der irreführenden Werbe-Anzeige und die Behandlung der anschließenden Klage hätte man vielleicht schon in den Netzausbau investieren sollen. Auch wenn so ein Netzausbau weitaus teurer ist.