Spionage-Software

NSA: Hersteller bauen Überwachungskomponenten in die Geräte

In PCs von Militär, Behörden sowie Handels­institutionen wurden Spionage­komponenten installiert. Am Freitag will Obama hierzu Stellung nehmen. Seine von ihm initiierte Experten­gruppe sieht diese Aktivitäten als notwendig an.
Von Jennifer Buchholz mit Material von dpa

Obamas Expertengruppe hält an Spionage fest Obamas Expertengruppe hält an Spionage fest
Bild: dpa
Die NSA hat einem Medien­bericht zufolge in knapp 100 000 Com­putern weltweit ihre Software ein­ge­speist. Damit sei es dem US-Geheimdienst einer­seits möglich, die Geräte und private Netzwerke heimlich zu überwachen, berichtete die New York Times. Zudem könne die NSA dies aber auch für Cyber­attacken nutzen. Der Dienst selbst beschrieb das Programm mit dem Codenamen "Quantum" als "aktive Ver­teidigung" und nicht als Angriffs­instrument.

Die NSA setze auch verstärkt eine Technologie ein, die ihr Zugriff auf Computer erlaube, auch wenn diese gar nicht mit dem Internet verbunden sind. Dabei würden Radio­wellen dazu genutzt, die Daten über heimlich in die Computer einge­setzte Bauteile zu übermitteln.

Diese Implantate müssten demnach von Agenten, Herstellern oder ahnungs­losen Nutzern in die Geräte eingebaut worden sein. In den meisten Fällen werde NSA-Software über Computer-Netzwerke installiert, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Geheimdienst­dokumente, Computer­experten und US-Regierungs­vertreter.

Zielgruppen sind vor allem das Militär und Behörden

Obamas Expertengruppe hält an Spionage fest Obamas Expertengruppe hält an Spionage fest
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Mit der Software würden unter anderem das chinesische und russische Militär sowie Computer der mexikanischen Polizei und dortiger Drogenkartelle, aber auch Handels­institutionen innerhalb der Europäischen Union infiziert, hieß es. Zudem seien Länder wie Indien, Pakistan und Saudi-Arabien ins Visier des Programms geraten. Es gebe keine Belege dafür, dass die Späh­software in den USA eingesetzt worden sei, was nach US-Recht illegal gewesen wäre.

In China sei auf diese Weise auch eine Abteilung der chinesischen Armee ange­griffen worden, die nach Vermutung der USA hinter Cyber­attacken im Westen steht. Chinesische Behörden hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Über den Einbau von Ausspäh-Bauteilen hatten wir vor wenigen Wochen berichtet.

Für Obama wird es ernst

Am Freitag muss Barack Obama erklären, wie er es mit seinen Geheim­diensten hält. Zu der angekündigten Stellung­nahme äußerte sich der US-Präsident gestern lediglich kurz: "Ich werde dazu sehr bald eine ganze Menge zu sagen haben". Auch Angela Merkel wird bei diesem Presse­termin aufmerksam zuhören, was Obama zu sagen hat.

Ob die Reform zum großen Wurf wird, ist allerdings mehr als fraglich. Am Dienstag musste sich die von Obama einberufene Expertengruppe dem Justiz­ausschuss im Senat stellen. Das Fazit der Experten ist eindeutig: Zwar seien einige Änderungen und Reformen wünschenswert, doch im Kern sei das massive Sammeln und Speichern von Telefon-Metadaten im Kampf gegen den Terrorismus ohne Zweifel notwendig und hilfreich.

Ironie der Geschichte: Selbst der CIA-Mann Michael Morell, ebenfalls Mitglied der Expertengruppe, räumt in aller Offenheit ein, dass die Daten­sammelei der NSA "bisher keine entscheidende Rolle bei der Vereitelung irgendwelcher Terror­angriffe gespielt hat". Allerdings sehe er die Überwachung weiterhin als notwendig an. Des Weiteren hat die Experten­gruppe bei der Überwachung von Amerikanern vorgeschlagen, dass die Geheimdienste ihre gesammelten Daten künftig nicht mehr selbst speichern dürfen. Dies sollten beispiels­weise die Telefon­ge­sellschaften übernehmen.

Überraschender­weise hat sich Senator Ted Cruz, ein republikanischer Tea-Party-Mann, kritisch zu dem Programm geäußert: Die Geheimdienste würden sich viel zu viel um die Überwachung unbescholtener Bürger kümmern. Die "bad guys" aber, die tatsächlich Terrorattacken planten, würden nicht sorgfältig genug verfolgt. Als Beispiel nennt Cruz den Terroranschlag auf den Boston Marathon vor einem Jahr - selbst ausdrück­lichen Hinweisen im Vorfeld sei nicht nachgegangen worden.

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