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25 Jahre Netflix: Es begann mit einer Videokassette

Vor einem Vier­tel­jahr­hun­dert wurde Netflix als DVD-Verleih gegründet - einer verlegten Video­kas­sette sei Dank. Heute domi­niert das Unter­nehmen den Strea­ming-Markt, tut sich dabei aber immer schwerer.
Von dpa /

Mit Serien wie "House of Cards" hat Netflix das Fern­sehen ins Internet gebracht und so die Unter­hal­tungs­branche revo­lutio­niert. Die Firma entwi­ckelte sich vom DVD-Verleih im Netz zum Maß aller Dinge im boomenden Strea­ming-Geschäft. Doch die Konkur­renz wird immer stärker. Zuletzt verlor Netflix Kunden, während Rivalen wie Disney kräftig zulegten.

An seinem 25. Geburtstag am 29. August steht der Strea­ming-Markt­führer unter Druck wie selten zuvor. Darum setzt Netflix auf neue Stra­tegien und bricht mit seinen Tradi­tionen. Für viele Nutzer könnte dies schon bald unan­genehme Folgen haben.

Netflix will gegen Account-Sharing vorgehen

Netflix wird 25 Jahre alt Netflix wird 25 Jahre alt
Bild: dpa
So will Netflix im kommenden Jahr damit beginnen, strikter gegen Kunden vorzu­gehen, die ihre Login-Daten mit anderen teilen. Das Unter­nehmen geht davon aus, dass über die zuletzt knapp 221 Millionen regu­lären Abon­nenten hinaus noch mehr als 100 Millionen Haus­halte den Strea­ming-Dienst unbe­fugt mitnutzen. Bislang verfolgte Netflix hier eine lockere Linie, doch damit soll jetzt Schluss sein.

Aber lassen sich die Tritt­brett­fahrer so einfach in zahlende Kunden verwan­deln? "Netflix muss vorsichtig vorgehen, um Nutzer nicht zu vergraulen", meint Experte Simon Baker vom Geld­haus Société Générale. US-Umfragen deuteten auf eine relativ hohe Abwan­derungs­bereit­schaft hin.

Netflix verliert Kunden

Nachdem der Strea­ming-Boom zu Beginn der Pandemie noch für einen Abon­nen­ten­ansturm gesorgt hatte, verlor Netflix im ersten Halb­jahr 2022 mehr als eine Million Kunden. Beson­ders im ange­sichts zahl­rei­cher Konkur­renz­ange­bote zuneh­mend über­sät­tigten Heimat­markt Nord­ame­rika klinkten sich zuletzt viele Nutzer aus. Nach Jahren als Börsen­lieb­ling hat Netflix mitt­ler­weile auch an der Wall Street einen schweren Stand: Die Aktie ist in diesem Jahr um knapp 60 Prozent gefallen - deut­lich stärker als der Gesamt­markt. Und ausge­rechnet jetzt kommt auch noch die Konkur­renz in Fahrt.

Disney+ im Aufwind

Der vor weniger als drei Jahren als Netflix-Jäger gestar­tete Rivale Disney+ gewann in den drei Monaten bis Ende Juni - nicht zuletzt dank der "Star Wars"-Serie "Obi-Wan Kenobi" - rund 14,4 Millionen Abos hinzu und liegt nun schon bei gut 152 Millionen Nutzer­konten. Zählt man Disneys weitere Strea­ming-Dienste Hulu und ESPN+ hinzu, so hat der Holly­wood-Riese schon in etwa mit Netflix gleich­gezogen.

Aller­dings half Disney in den vergan­genen Jahren auch kräftig mit Rabatten und Sonder­ange­boten nach. Zudem sind die Zahlen nur bedingt vergleichbar, da Disney viele Nutzer mit Kombi-Deals lockt. Ob der Micky-Maus-Konzern sein starkes Wachstum beibe­halten kann, muss sich auch erst zeigen. Dennoch sieht Netflix momentan geschwächt aus.

Netflix mit Werbung

Um wieder in die Spur zu finden, gab Gründer Reed Hastings sogar bei einem seiner größten Tabus klein bei. Netflix startet ange­sichts der mauen Entwick­lung der Nutzer­zahlen eine güns­tigere Version seines Strea­ming-Dienstes mit Werbe­clips. Eigent­lich hatte Hastings dies stets entschieden abge­lehnt. Die Werbe­vari­ante soll 2023 anlaufen, zunächst in "einer Hand­voll Märkten".

Wird sie den erhofften Schwung bringen? "Das Abo-Wachstum dürfte von der güns­tigeren Version mit Werbung zunächst profi­tieren", heißt es in einer Studie von Barclays. Jedoch bestehe das Risiko, dass viele Altkunden zum billi­geren neuen Angebot wech­seln.

Netflix drückt "Binge Watching"

Von einem anderen Marken­zei­chen hat sich Netflix bereits verab­schiedet. So brachte der Online-Video­dienst bei den jüngsten Staf­feln von "Stranger Things" und "Ozark" nicht mehr wie üblich alle Folgen auf einmal heraus. Damit gibt Netflix seine Tradi­tion auf, den Stoff für das auf Englisch "Binge Watching" genannte Mara­thon­glotzen neuer Seri­enstaf­feln zu liefern.

Das Kalkül der Reform: Kunden länger bei der Stange halten - Seri­enfans können nun nicht mehr alles in einem Rutsch schauen und ihr Abo wieder abbe­stellen. Während es in der klas­sischen TV-Branche üblich ist, nur eine Folge wöchent­lich zu veröf­fent­lichen, bricht Netflix damit seine lang­jäh­rigen Stan­dards.

Immerhin: Mit der Anpas­sung seiner Geschäfts­modelle hat das Unter­nehmen viel Erfah­rung - und in der Vergan­gen­heit auch viel Erfolg gehabt. Denn ursprüng­lich war Netflix ein DVD-Verleih. Der Legende nach begann die Geschichte der Firma mit einem Leih­video.

Gründer Hastings verlegte eine Kassette mit dem Film "Apollo 13" - ärger­lich, denn bei der Video­thek sammelten sich deshalb 40 Dollar Gebühren an, wie er später erzählte. Auf dem Weg ins Fitness­studio ging Hastings ein Licht auf: Für 40 Dollar im Monat kann man dort so viel trai­nieren, wie man will. Damit stand die Idee für das Abo-Modell von Netflix: Für eine monat­liche Gebühr konnte man sich so viele DVDs per Post kommen lassen wie man im Monat schaffte.

Netflix weiter unter Druck

Aber anders als etwa der Video­theken-Gigant Block­buster - der im Jahr 2000 die Über­nahme von Netflix zum heute gera­dezu lächer­lich gering wirkenden Preis von 50 Millionen Dollar ablehnte - erkannte Hastings die Zeichen der Zeit. DVDs spielen für Netflix seit Jahren schon keine Rolle mehr, seit 2007 dreht sich alles ums Strea­ming.

Während Block­buster 2010 Insol­venz anmel­dete, wurde Netflix als Pionier der Online-Video­dienste zum großen Schreck des Kabel-TVs. Inzwi­schen schlägt das Impe­rium aber zurück - nicht nur Disney, auch die großen US-Medi­enkon­zerne Comcast, Para­mount und Warner Bros. Disco­very setzen voll aufs Strea­ming. Die Tech-Riesen Amazon, Apple und Google rüsten ihre Services ebenso auf - für Netflix wird es immer schwerer.

In einer weiteren News geht es um mögliche Einschrän­kungen der kommenden Werbe-Version von Netflix.

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