Aufgang?

Editorial: Die neue bunte mobile Bilderwelt

Wird der Kunde mobile Datendienste wirklich nutzen?
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Obwohl WAP allgemein als Flopp gilt, investieren die Netzbetreiber weiterhin kräftig in mobile Datendienste. i-mode und WAP 2.0 sollen erreichen, was WAP bisher nicht geschafft hat: Den Durchbruch zum Massenmarkt. Am kurzfristigen Erfolg darf aber gezweifelt werden.

Mobile Kommunikation wird in den nächsten Jahren auf jeden Fall teuer und bandbreitenbeschränkt bleiben. Folglich sind die von etablierten Medien (Radio, Fernsehen, Zeitschriften, Zeitungen, Internet usw.) bereitgestellten Informationen in der Regel günstiger und von einer höheren Übertragungsqualität, als sie mobile Informationen haben können. Somit verbleiben als Vorteile für die mobilen Medien wie WAP die mögliche höhere Aktualität und die (fast) flächendeckende Verfügbarkeit. Aufgrund der niedrigeren Bandbreite wird die Informationssuche in mobilen Medien aber zumeist länger dauern als zum Beispiel im Internet. Folglich werden Nutzer immer das Gefühl haben, mobile Medien seien langsam, selbst dann, wenn sie die Informationen früher haben, als wenn sie bis zur nächsten Gelegenheit warten, bei der sie das "normale" Internet benutzen können.

Anders ist die Situation bei mobiler Individualkommunikation. Ein Pärchen, das untereinander regelmäßig SMS austauschen, was sie gerade machen, und in der jeder der beiden Partner bekräftigt, dass sie bzw. er den anderen noch liebt, kann dieses Bedürfnis nicht durch die Broadcast-Medien befriedigen (Prominente mal ausgenommen). Folglich sind die Kunden hier viel eher bereit, für die Übertragung hohe Entgelte zu bezahlen.

Als Erfolgsbeispiel für mobile Datendienste wird gerne i-mode aus Japan angeführt. Fragt man aber genauer nach, erfährt man, dass der mit Abstand am meisten genutzte Dienst von i-mode i-mail ist, die mobile E-Mail. Somit steht auch bei i-mode die Individualkommunikation vorne. Und das europäische Gegenstück zu i-mail - die SMS - ist auch hierzulande ein großer Erfolg. Weitere Erfolgsinhalte von i-mode sind Logos und KLingeltöne zur Individualisierung des Handys - auch diese gibt es per SMS hierzulande.

Man darf ruhig die Frage stellen, ob i-mode ohne i-mail denselben Erfolg hätte. Falls man mit "nein" antwortet, dann muss man schließen, dass i-mode hierzulande ein Flopp wird. Denn i-mail ist zwar etwas leistungsfähiger als SMS, doch dazu inkompatibel, so dass hier keine große Verbreitung zu erwarten ist, zumal die SMS-Nachfolger wie EMS oder MMS schon herbeieilen.

Von i-mode lernen, hieße viel eher, den SMS-Dienst kraftvoll zu erweitern, statt den User mit immer neuen Datentechniken zu behelligen. Warum befindet sich im SMS-Menü der Handys nicht der Punkt "Infochannels abonnieren"? Per WAP könnte eine Liste möglicher Themen übertragen werden, am besten kostenlos. Mit ein paar Tastendrücken wählt man die gewünschten Themen, die dann regelmäßig aufs Handy übertragen werden. Genauso einfach sollte auch das Abbestellen gehen.

Ein weiterer Stolperstein zum Erfolg mobiler Medien ist die Abrechnung von Inhalten. Aufgrund der anfangs geringen Nutzungszahlen und der deswegen nur geringen Werbeerlöse sind die mobilen Inhalteanbieter dringend gezwungen, Geld vom Nutzer zu berechnen. Doch hat jeder Netzbetreiber eigene Standards für die Abrechnung. Ein Informationsanbieter muss folglich alleine für Deutschland Verträge mit sechs Netzbetreibern machen. Will er seine Dienste im gesamten deutschsprachigen Raum anbieten, sind es ein Dutzend Betreiber. Jeder Betreiber behält sich zudem vor, Inhalte abzulehnen oder Schwerpunkte vorzuschreiben. Aufwändige Verhandlungen mit Netzbetreibern sind die Folge. Das dürfte viele Inhalteanbieter abschrecken. Die Kreativität bleibt damit auf der Strecke.

Ein weiterer Stolperstein sind überhöhte GPRS-Preise. 9 bis 35 Cent für 10 Kilobyte sind für WAP-Nutzung sicher noch tolerabel, für andere Datendienste aber nicht. Wer drei GPRS-Slots bündelt, erreicht ca. 300 Kilobyte pro Minute im Downstream. Lädt man mit diesem Tempo Daten herunter, gesellt sich noch ein Upstream von ACK-Paketen mit ca. 15 bis 30 Kilobyte pro Minute dazu. Damit kostet der GPRS-Transfer im ungünstigsten Fall auf 11,55 Euro pro Minute! Der Download einer E-Mail mit einem 1 MB großen Attachment kostet - den Overhead wie die platzverschwendende base64-Encodierung mitgerechnet - somit bis zu 50 Euro. Entsprechend erschreckend sind die Erfahrungsberichte der ersten GPRS-Nutzer. Das überzeugt nicht gerade andere Kunden, auf den mobilen Datenzug aufzuspringen.

Zwar gibt es einige bezahlbare GPRS-Tarife, mit denen man dieselbe E-Mail auch für 3 bis 7 Euro versenden kann, doch doch sind diese mit zusätzlichen Grundgebühren von 10 bis 40 Euro pro Monat verbunden. Nur ein Netzbetreiber, nämlich Viag Interkom, verzichtet auf überteuerte GPRS-Einsteigerpreise.