Skandal

Weiterer Bilanzskandal eines Telekom-Unternehmens in den USA (aktualisiert)

Telekom-Konzern Qwest gibt falsche Bilanzierung zu
Von dpa / Marc Baumann

In einem weiteren Fall der Serie von Bilanzskandalen in den USA hat der große Telekom-Konzern Qwest zugegeben, mehr als eine Milliarde Dollar an Umsätzen falsch verbucht zu haben. In den Jahren 1999 bis 2001 seien insgesamt 1,16 Milliarden Dollar (1,17 Milliarden Euro) an Erlösen aus dem Geschäft mit optischen Netzwerken falsch bilanziert worden, teilte das Unternehmen in der gestrigen Nacht mit. Auch die Prognose für das Jahr 2002 von rund 18 Milliarden Dollar Umsatz wurde zurückgenommen.

Qwest kündigte außerdem an, dass man aus diesen Gründen die von der amerikanischen Wertpapier- und Börsenkommission SEC bis zum 14. August verlangte eidesstaatliche Richtigkeitserklärung für die Geschäftsabschlüsse durch den Unternehmens- und Finanzchef nicht unterzeichnen könne. Dies müssen die Bosse von mehr als 900 der größten US-Konzerne wegen der Buchführungsskandal-Serie tun.

Qwest will auch die Verbuchung von Transaktionen für den Verkauf von Ausrüstungen im Gesamtwert von 283 Millionen Dollar und Buchführungspraktiken bei der Telefonbuch-Firma QwestDex überprüfen.

Von der Milliarden-Summe im Geschäft mit optischen Netzwerken seien 591 Millionen Dollar nach der im Juni 2000 erfolgten Fusion zwischen Qwest und der US-Telefongesellschaft US West verbucht worden, teilte das Unternehmen mit. Das Einzugsgebiet der in Denver (Colorado) ansässigen Gesellschaft umfasst 14 Bundesstaaten im Westen der USA.

Damit setzt sich die amerikanische Buchführungs-Skandalserie weiter fort. Die beiden Telekomgesellschaften WorldCom und Global Crossing haben bereits Konkurs angemeldet. Der Qwest-Aktienkurs ist von mehr als 60 Dollar einen Monat vor dem Kauf der großen US-Telekomgesellschaft US West durch Qwest im Juni 2000 auf inzwischen nur noch 1,50 Dollar abgestürzt.

Es gibt bereits Untersuchungen der SEC und des US- Justizministeriums gegen Qwest. Die Ordnungshüter wollen vor allem wissen, ob Qwest und andere US-Telekomunternehmen ihre Umsätze künstlich aufgebläht hatten, indem sie Verkäufe von Netzwerkkapazitäten auf einen Schlag statt über die Laufzeit der getroffenen Vereinbarungen verbucht hatten. Es geht auch um Tauschtransaktionen, bei denen Telekomfirmen Kapazitäten verkauften und gleichzeitig entsprechende Kapazitäten einkauften, um ihre Umsätze höher aussehen zu lassen als sie in Wirklichkeit waren.

Das angeschlagene Unternehmen sitzt auf einem Schuldenberg von 26,6 Milliarden Dollar, von denen innerhalb Jahresfrist rund 5,7 Milliarden Dollar fällig werden, berichtete "USA Today" heute. Die Gesellschaft will ihre große Telefonbuch-Tochter in einer Milliardentransaktion verkaufen, um die Schulden zu reduzieren.

Es bleibt abzuwarten, wie die Banken auf die jüngsten Qwest-Enthüllungen reagieren werden. Qwest könnte in Konkursgefahr geraten, falls die Kreditgeber eine rückwirkende Änderung der Finanzergebnisse als Begründung für die Nichteinhaltung von Kreditvertrags-Konditionen deklarieren sollten.

Qwest ließ offen, wann und in welchem Umfang die Geschäftsergebnisse für die Jahre 2001 und 2000 geändert werden. Das Unternehmen will aber am achten August seine Geschäftsabschluss für das zweite Quartal 2002 bekannt geben.