stabile Preise

Rückblick: Das Jahr 2003 im Festnetz

Mit dem Ortsnetz ist das letzte Monopol der Telekom gefallen
Von Marie-Anne Winter

Auch im Jahr sechs nach der Öffnung des Telefonmarktes für weitere Anbieter musste der alte Platzhirsch Deutsche Telekom wieder Einbußen hinnehmen. Die wichtigste Neuerung in der Festnetztelefonie war in diesem Jahr die Öffnung der Ortnetze für Call-by-Call-Anbieter. Seit Ende April ist es möglich, auch Gespräche im Ortsnetz über die Netzkennzahlen alternativer Betreiber zu führen. Und die Telefonkunden - durch die jahrelange Nutzung der Sparmöglichkeiten für Ferngespräche bestens vorbereitet - nahmen die neuen Angebote von 01051, 01058, Tele2 und Co. gern an.

Seit dem 9. Juli ist auch Pre-Selection für Ortsnetzgespräche möglich. Auch diese Angebote werden von den Kunden gut angenommen. Jetzt zum Jahresende sollen bereits ein Viertel aller Gesprächsminuten in den Ortsnetzen über alternative Anbieter abgewickelt werden, das geht aus dem Tätigkeitsbericht der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hervor. Ende 2002 lag der Telekom-Anteil im Ortsnetz noch bei 93,6 Prozent - der Rest entfiel auf Wettbewerber, die einen Komplettanschluss regional oder bundesweit anbieten konnten.

Die Beliebheit des Call by Call lässt sich einfach erklären: Telefonkunden können durch die Nutzung dieser Angebote viel Geld sparen, teilweise liegen die Wettbewerber bei Ortsgesprächen um 75 Prozent unter den Minutenpreisen der Telekom. Die günstigsten Angebote in der Hauptzeit liegen derzeit bei rund einem Cent pro Minute. Damit entwickeln sich die Preise im Ortsnetz fast wie bei Fern- und Auslandsgesprächen. Dort sind die Kosten für die Verbraucher seit der Liberalisierung im Jahr 1998 teilweise um deutlich über 90 Prozent gefallen. Der Marktanteil der Telekom-Konkurrenten lag bei Ferngesprächen zuletzt bei 45 Prozent, bei Auslandsgesprächen bei 60 Prozent.

Alternative Anbieter weiterhin von der Telekom anhängig

Allerdings verdient die Telekom an den Geschäften ihrer Wettbewerber weiterhin kräftig mit: Laut RegTP gehen im Schnitt 50 Prozent der Einnahmen der Konkurrenz an den Ex-Monopolisten, weil die neuen Telefonanbieter Leitungen und Dienste bei der Telekom mieten müssen. Anfang 2002 hatte dieser Wert allerdings noch bei 65 Prozent gelegen. Der Weg zu einem "selbsttragenden" Wettbewerb ist daher noch lang. Gerade die Call-by-Call- und Pre-Selection-Anbieter sind weiterhin von der Telekom abhängig, die die Netze besitzt und die Abrechnung übernimmt. Umgekehrt gefällt es der Telekom wenig, dass sie Investitionen für Netzausbau und Abrechnungswesen tätigen muss, von denen die Wettbewerber profitieren, denen sie ihre Infrastruktur und Abrechnungsdienste zur Verfügung stellen muss.

In einem anderen Bereich dürfen aber nun die Wettbewerber der Telekom mehr Geld einstreichen als die Telekom selbst: Eine Gruppe von 15 Stadtnetzbetreibern hat durchgesetzt, dass sie für die Durchleitung von Gesprächen durch ihr Netz zum Endkunden mehr Geld verlangen dürfen als die Telekom dafür verlangen darf. Die Frage ist allerdings, welche Konsequenzen diese Entscheidung auf Endkunden und weitere Anbieter haben wird. Denn wenn die Telekom ihre Androhung wahr macht, die erhöhten Kosten auf ihre Telefonkunden abzuwälzen, werden diese für Gespräche zu Anschlüssen von Regionalnetzbetreibern mehr zahlen müssen. Das kann kaum im Interesse der kleineren Netzbetreiber sein. Als erster Anbieter hat Telediscount-Tochter Telebillig auf diese Preiserhöhung reagiert und Gespräche zu den 15 Stadtnetzbetreibern verteuert. Anrufer müssen für Verbindungen zu deren Anschlüssen statt der üblichen 2,5 Cent pro Minute nun 4 Cent zahlen. Das nächste Jahr wird zeigen, ob die Rechnung der alternativen Anbieter wirklich aufgeht.

Insgesamt hat die Regulierungsbehörde die Preise, die die Anbieter von Call by Call und Pre-Selection für die Weitervermittlung der Gesprächen ins Telekom-Netz bzw. zu Endanschlüssen der Telefonkunden bezahlen müssen, in diesem Jahr etwas gesenkt. Davon profitieren vor allem die größeren Anbieter, die selbst über ein engmaschiges Netz mit vielen Zusammenschaltpunkten verfügen.

Grundgebühren der Telekom wurden teurer

Übers Jahr gesehen haben sich die Preise für das Telefonieren im Festnetz nicht dramatisch verändert - zwar können die Telefonkunden mit der Öffnung der Ortsnetze für andere Anbieter jetzt auch bei Ortsgesprächen sparen, doch die Erhöhung der Grundgebühren für Anschlüsse der Telekom im September traf gerade die Wenigtelefonierer, die gar nicht genug telefonieren, um die Erhöhung der Grundpreise ausgleichen zu können. Bei Fern- und Auslandsgesprächen tat sich wenig, auch die Preise für Gespräch vom Festnetzanschluss zu Mobilfunkanschlüssen haben sich kaum bewegt.

Eine offene Frage ist derzeit noch, was mit den günstigen Call-by-Call-ähnlichen Angeboten über 0190-0- und 0900-Nummern geschehen wird. Anfang November gab die RegTP bekannt, dass diese Nummern fortan für Call-by-Call-Gespräche Tabu seien. Nur die eigentlich für Call by Call vorgesehen 010xy-Nummern seien weiterhin zulässig. Bis Ende November sollten alle entsprechenden Angebote eingestellt werden. Das Murren unter Anbietern und Kunden war allerdings nicht zu überhören, denn gerade die günstigsten Call-by-Call-Angebote werden über 0190-Nummern realisiert. Die Regulierungsbehörde begründete ihre Entscheidung damit, dass somit mehr Klarheit für den Verbraucher herrsche. Das ist bisher aber nicht mehr als ein frommer Wunsch, denn noch immer ist Call by Call über die meisten 0190-Nummern möglich und werden sicher auch noch einige Wochen möglich sein. Kurz vor Weihnachten, am 19. Dezember, wurde vom Verwaltungsgericht Köln ein vor ca. einem Monat eingereichter Eilantrag abgewiesen, weil die Regulierungsbehörde einen Formfehler beim Erlass des Verbots von 0190-Call-by-Call begangen haben soll. Für die klagenden Unternehmen ist die Situation dennoch paradox: Sie haben vor dem VG Köln verloren, weil dieses die Klage gegen die noch nicht geänderten Rufnummernzuteilungen ablehnen musste. In der Sache haben sie aber dennoch einen Teilerfolg erzielt. Somit bleibt das Call by Call über 0190-0- bzw. 0900-Rufnummern vorerst weiterhin verfügbar.

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