Wiederholung

Editorial: Bitte teurer machen

10-Cent-Option der Deutschen Telekom abgelehnt
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Wie berichtet, hat die Regulierungsbehörde den 10-Cent-Optionstarif der Deutschen Telekom abgelehnt. Diese Entscheidung ist, auch wenn sie zunächst nachteilig für den Verbraucher aussieht, zu begrüßen.

Durch den Tarif könnten nämlich Konkurrenzunternehmen der Deutschen Telekom unangemessen benachteiligt werden. Dieses Problem gibt sie sogar selber, wenn auch indirekt, im Entgelt-Antrag zu. Die neue Option soll nämlich nur für Sprachverbindungen, jedoch nicht für Internet-Einwahl-Verbindungen zu offenen Einwahlnummern gelten. Für letztere zahlt die Deutsche Telekom aber Interconnect-Entgelte an diejenige Firma, in deren Netz die offene Einwahlnummer läuft. Das ist der Telekom anscheinend zu teuer. Dieselben Interconnect-Entgelte wären aber fällig, wenn ein alternativer Betreiber von Telefonanschlüssen ebenfalls Telefonate für 10 Cent pro Stunde anbieten wollte, und die Telefonate ins Telekom-Festnetz gingen, was überwiegend zu erwarten ist.

Für Call-by-Call und Pre-Selection-Anbieter sind die IC-Entgelte gar doppelt fällig. Hier stellt sich die Kalkulation noch schwieriger dar.

Mischkalkulation nicht zu Lasten der Wettbewerber

Man kann nun das Argument anbringen, dass viele Telefonate ja nur wenige Minuten dauern, und bei diesen der Kunde bei Nutzung der neuen Option sogar draufzahlt. Warum soll nun eine Option, die dem Kunden am Schluss sogar mehr Geld kostet, nicht genehmigungsfähig sein? Nun, der Regulierer muss den Tarif nicht nur aus der Sicht der Telekom prüfen, sondern auch aus der Sicht der anderen Unternehmen. Es kann durchaus sein, dass die Mischkalkulation für die Deutsche Telekom aufgeht, weil sie viele Kunden hat, die sich für die Details nicht interessieren. Anders hingegen bei einem Konkurrenzunternehmen, dass vor allem von top-informierten Kunden genutzt wird. Letztere werden für Kurztelefonate auf jeden Fall auf Call-by-Call ausweichen, und nur die für diese defizitären Langtelefonate über den Konkurrenten abwicken.

Was wären die Folgen, wenn die Option doch genehmigt worden wäre? Auf jeden Fall weniger Wettbewerb, denn abermals hätte die Deutsche Telekom ein Produkt, dass nur wenige Konkurrenten analog anbieten könnten. Die Call-by-Call-Discounter wären ebenso außen vor, wie viele Stadtnetzbetreiber. Weniger Wettbewerb bedeutet aber auch insgesamt höhere Preise.

Auch aus Verbrauchersicht bedenklich

Natürlich gibt es viele Kunden, die von der Option mit den Stundentelefonaten profitieren würden. Paare, die aus beruflichen Gründen getrennt leben, können sich mit dieser ohne Kosten- und Zeitdruck stundenlang gegenseitig anrufen. Doch stößt es unangenehm auf, dass alle innerdeutschen Festnetzgespräche zum Optionstarif abgerechnet werden sollen. Per Zwangs-Pre-Selection sollte es zudem erschwert werden, dass man einen anderen günstigen Anbieter mit Minutentakt als Voreinstellung wählt, und nur fallweise (per 01033) auf die Stunden-Option wechselt.

Man stelle sich einen Supermarkt vor, der Prospekte druckt: "60 Liter H-Milch für nur 5 Euro!" Irgendwo im Kleingedruckten dann die Regelung: "Angebot gilt nur für einen Tag und zwei Personen. Nicht verbrauchte Milchtüten müssen am nächsten Tag wieder zurückgebracht werden. Unterlässt der Kunde das Zurückbringen, öffnet er unnötig viele Milchtüten, schüttet er Milch weg, oder nutzt er das Angebot für mehr als zwei Kunden, wird sein Kundenkonto jeweils mit entsprechend vielen weiteren Milch-Einheiten zu 60 Litern belastet." Kaum ein Verbraucher würde sich dieses Drama antun. Die 60-Liter-Pakete blieben im Laden liegen.

So bleibt zu hoffen, dass nur diejenigen Verbraucher sich die 60-Minute-Pakete anschaffen, die dadurch tatsächlich Vorteile haben.