Rückblick

Jubiläum: Zwei Jahre Pre-Selection im Ortsnetz

Kaum noch richtig günstige Angebote
Von Thorsten Neuhetzki

Heute vor genau zwei Jahren konnten die ersten Kunden ohne eine Call-by-Call-Vorwahl über alternative Anbieter telefonieren. Damit war die zweite Stufe der Liberalisierung des Ortsnetzes abgeschlossen. Bereits zuvor konnten die Kunden per normalem Call-by-Call entscheiden, über welchen Anbieter das jeweilige Gespräch geführt werden sollte.

Doch obwohl die Einführung von Pre-Selection im Ortsnetz nun schon zwei Jahre zurück liegt, gibt es bis heute im Vergleich zum Call by Call oder zur Pre-Selection bei Ferngesprächen nur wenige Anbieter und Tarife. Viele der Anbieter sind dabei Reseller größerer Firmen oder nutzen in Teilen deren Netze. Das betrifft vor allem die Netze von MCI und Colt, die schon immer von Resellern ohne eigene Infrastruktur oder Call-by-Call-Kennzahl genutzt wurden. Aber auch Carrier mit eigener Technik haben das Ortsnetz bekanntlich erschlossen. Einige von ihnen bieten ihre Dienste nicht nur per Call by Call, sondern auch per Pre-Selection an. Unter ihnen etwa Tele2, Arcor und freenetPHONE.

Günstige Ortsgespräche Mangelware

Doch die Tarife lassen, gerade zur Hauptzeit, zu wünschen übrig. Waren zur Markteinführung nach Aktionspreise von unter einem Cent rund um die Uhr zu haben, so sind die Anbieter mittlerweile dazu übergegangen, die recht hohen Kosten der Ortsnetzerschließung an ihre Kunden weiter zu geben. Nur noch ein Angebot ist im Bereich der Ortsnetzgespräche auf dem Preisniveau von einem Cent pro Minute. Dabei handelt es sich um den Privat-Tarif der 01058 Telecom. Dieser beinhaltet Ortsgespräche für 1 Cent pro Minute und Ferngespräche für verhältnismäßig hohe 3,3 Cent pro Minute im Minutentakt. Wer gerne günstige Orts- und Ferngespräche führen möchte, kann auch zum 01058-Ableger Qualitel greifen. Dieser bietet diese Gespräche rund um die Uhr für 1,4 Cent pro Minute an. 01058 ist jedoch in einigen Ortsnetzen seit Anfang Mai nicht mehr verfügbar.

Getrennte Pre-Selection von Orts- und Ferngesprächen möglich

Sekundengenau getaktete Angebote sind noch rarer, als gute Pre-Selection-Angebote für Ortsnetztelefonie ohnehin sind. Als empfehlenswert kann wohl nur der sekundengenau getaktete Tarif der 3U bezeichnet werden. Dieser kostet den Kunden tagsüber 1,99 Cent und abends 1,79 Cent pro Minute. Obwohl 3U nur in Ballungszentren Ortsgespräche per Call by Call anbietet, können die Kunden bundesweit Ortgespräche per Pre-Selection führen. Der Grund ist einfach: In den Regionen, in denen 3U seine Infrastruktur noch nicht aufgebaut hat, sammelt der Anbieter die Gespräche über MCI ein.

MCI ist auch der Carrier des Ratinger Anbieters Comnet. Diese bietet seinen Kunden als eine der wenigen Telefongesellschaften an, eine Pre-Selection nur für Orts- oder Ferngespräche (plus Mobilfunk und Ausland) zu schalten. So haben etwa die Kunden von Qualitel in nicht erschlossenen Ortsnetzen die Möglichkeit, alle Gespräche außerhalb des eigenen Ortsnetzes über Qualitel zu leiten, Ortsgespräche aber automatisch über Comnet zu führen. Umgekehrt ist es möglich, den XXL Local-Tarif der T-Com für pauschal abgerechnete Ortsgespräche innerhalb des T-Com-Netzes zu nutzen und gleichzeitig per Comnet alle anderen Gespräche zu führen.

Zukunft von Ortsnetz-Pre-Selection bleibt offen

Abzuwarten bleibt, wie es mit Pre-Selection im Ortsnetz weiter geht. In den vergangenen Wochen und Monate sind kaum neue Pre-Selection-Angebote fürs Ortsnetz auf den Markt gekommen. Auch im Call-by-Call-Verfahren geht der Preistrend eher nach oben, der Ausbau gerät ins Stocken. Dabei wurden 2005 nach einer Schätzung des Telekommunikationsexperten Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen täglich 222 Millionen Gesprächsminuten innerhalb des eigenen Ortsnetzes geführt. Der Anteil der alternativen Anbieter liegt jedoch nur bei 32,4 Prozent. Dieser Anteil könnte bei entsprechenden Investitionen und attraktiven Angeboten sicherlich noch gesteigert werden.