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Mit "Abruf-Fernsehen" wollen auch ARD und ZDF punkten

Finanzielle Mittel für Internetangebote sind allerdings begrenzt
Von dpa / Ralf Trautmann

Warum soll ich mir die drei Stunden lange Samstagabendshow im Fernsehen antun, wenn ich den wenige Minuten langen Auftritt meines Lieblingsstars am nächsten Tag im Internet anschauen kann? Oder warum soll ich mich grämen, dass ich einen interessanten Beitrag aus dem NDR-Medienmagazin "Zapp" am späten Abend verpasst habe, wenn ich ihn in aller Ruhe an den Tagen danach zu jeder beliebigen Tageszeit sehen kann? Was auf der einen Seite von kreativen Amateuren ohne Klärung von Urheberrechtsfragen ins Netz gestellt wird, möchten die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender verstärkt und legal ihrem Publikum anbieten.

Das "klassische Direktfernsehen", so ZDF-Intendant Markus Schächter beim Mainzer Medien-Disput, wird zunehmend ergänzt durch Abruf-Fernsehen. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern hat man längst begriffen, dass hier eine Chance besteht, ein neues Publikum an ihre Angebote heranzuführen. Da sind einerseits diejenigen, die sich dem traditionellen TV-Sendeschema verweigern, aber auch Menschen, deren Tagesablauf mit der Programmplanung der Sender über kreuz ist. Und schließlich sind es die Jungen, bei denen ARD und ZDF nicht die gefragtesten Kanäle sind.

Warum also nicht generell TV-Sendungen zum Abruf an den Tagen nach der Ausstrahlung ins Netz stellen? Hier haben die gebührenfinanzierten Sender ein Problem: Die Bundesländer haben ihnen im Rundfunk-Staatsvertrag vorgeschrieben, wie viel Geld sie für Internet-Aktivitäten ausgeben dürfen. Es ist ein verschwindend kleiner Prozentsatz ihrer Einnahmen. So wie die Rundfunkgebühr an Empfangsgeräten festgemacht wird, ist den Sendern der Verbreitungsweg ihrer Programme weitgehend vorgeschrieben.

Unterschiede zwischen Fernsehen, Internet und Handy verschwimmen zunehmend

Beim Medientreffen in Mainz wurde vielfach deutlich, wie überholt die Trennung nach Medien - Fernsehen, Internet, Handy - und Übertragungswegen - Kabel, Satellit, Terrestrik - heute ist. Viel entscheidender sind die Inhalte und das Publikum. Je nachdem, welche Zuschauer sie erreichen, können sich die Privatsender finanzieren - durch Werbung, direkte Bezahlung (Pay-TV) oder Anrufaktionen. Nur die Öffentlich-Rechtlichen bekommen ihre Gebühren unabhängig von Einschaltquoten und Publikumsinteresse. Also stehen sie auch nach Auffassung des künftigen ARD-Vorsitzenden Fritz Raff in der Pflicht, "ein Programm zu machen, das sie unverwechselbar macht". Das aber müssen sie dann auch auf allen Übertragungswegen zu ihrem Publikum bringen dürfen.

Von diesem Anspruch, sich qualitativ von den Privatsendern abzuheben, haben sich ARD und ZDF allerdings im Quotenkampf der 90er Jahre teilweise erheblich entfernt. Der frühere ARD-Korrespondent und jetzige Kritiker Jürgen Bertram prangert eine Tendenz der Verflachung an, der ehemalige Grimme-Geschäftsführer Bernd Gäbler sieht eine "Verspießerung" in den Dritten Programmen, und selbst SR-Intendant Raff räumt ein, dass "der Boulevard ein Stück weit Einzug gehalten" hat - doch das gelte schließlich auch für die meisten Regionalzeitungen.

Mit ihrer Forderung nach Öffnung aller Übertragungswege für ihre Programme sehen sich die Öffentlich-Rechtlichen aber auch immer wieder mit der Gegenforderung konfrontiert, auf Werbung zur Finanzierung völlig zu verzichten. Nur das würde das Privileg der Gebührenfinanzierung rechtfertigen, meint etwa der RTL- Medienpolitiker Tobias Schmid.