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Schweiz: Online-Durchsuchungen geplant

Nachbarland bringt entsprechendes Gesetz auf den Weg
Von Janko Weßlowsky

In Deutschland sind Online-Durchsuchungen aktuell ein rege diskutiertes Streitthema, in der Schweiz hingegen wird bereits Ernst gemacht: Der Schweizer Bundesrat [Link entfernt] hat in seiner Sitzung am vergangenen Freitag den Einsatz heimlicher Online-Durchsuchungen beschlossen. Dieser Beschluss ist Teil der Planungen zu einer Änderung des "Bundesgesetzes über Maßnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit" (BWIS). Eine Änderung des erst im Januar beschlossenen so genannten "Hooligan-Gesetzes" sei nötig geworden, da das bisherige Gesetz noch zu viele Lücken aufweise.

So sagte der Justizminister des Landes, Christoph Blocher, mehreren Medienberichten zufolge, dass seine europäischen Kollegen der Schweiz Untätigkeit vorgeworfen hätten. Eine gezielte und gut überwachte Verbesserung der Informationsbeschaffung sei vonnöten, um sich an den europäischen Standard anzupassen. In der Botschaft an das Parlament schreibt der Bundesrat darüber hinaus, dass sich die Sicherheits- und Gefahrenlage der Schweiz in den letzten Jahren namentlich durch die "erhöhte Wahrscheinlichkeit" von islamistisch motivierten Terroranschlägen "sukzessive verschlechtert" habe.

Großzügige Erweiterung des bisherigen Gesetzes

Die Vorlage sieht neue Mittel der Informationsbeschaffung zur frühzeitigen Erkennung von Gefährdungen durch Terrorismus, verbotenen politischen oder militärischen Nachrichtendienst und verbotenen Handel mit Proliferationsgütern vor. In diesem Rahmen gehöre künftig auch das "geheime Durchsuchen von Datenbearbeitungssystemen" zu den Regelungen im BWIS. Darüber hinaus regelt dieses nach Aussage des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) die Früherkennung bei schwerwiegenden Gefahren, welche die innere Sicherheit der Schweiz bedrohten. Zur Klärung eines konkreten Verdachts auf eine solche Gefährdung sollen daher in wichtigen Fällen deutlich erweiterte, besondere Mittel eingesetzt werden können. Besondere Mittel in diesem Sinne seien das Überwachen des Post- und Fernmeldeverkehrs, das Beobachten an nicht allgemein zugänglichen Orten und eben die geheimen Online-Durchsuchungen.

Unter Online-Durchsuchungen wird im Allgemeinen das Ausspionieren privater Rechner durch spezielle Trojaner-Programme der Bundesbehörden verstanden. Der Einsatz dieser Mittel unterliege einer strengen Kontrolle durch Judikative (richterliche Prüfung durch das Bundesverwaltungsgericht) und Exekutive (Prüfung nach staatspolitischen Gesichtspunkten durch die Departementsvorsteher EJPD und VBS). Grundsätzlich sei die Informationsbeschaffung den Betroffenen mitzuteilen. Dies freilich erst nach Abschluss der Operation.

Proteste gegen die Neuregelung

Dies allerdings provoziert den Protest zahlreicher Interessenverbände, darunter auch denjenigen vom obersten Datenschützer der Schweiz, Hanspeter Thür. Die Information des Betroffenen erst nach Abschluss der Überwachung ist hier Hauptkern des Anstoßes. Dies sei absolut unverhältnismäßig. Das zuständige Bundesverwaltungsgericht müsse sich bei der Anordnung von Maßnahmen auf Informationen der Staatsschutzorgane stützen, ohne diese überprüfen zu können. Ähnlich kritisch äußerten sich Sprecher der Parteien SVP und SP. Entsprechend schwer dürfte es das neue Gesetz haben, durch das Parlament gewunken zu werden. Denn bislang stimmt lediglich die CVP den Änderungen zu.

Und selbst wenn dies gelingt, dürfte es noch einige Zeit dauern, bis das neue Gesetz Anwendung findet. Der entsprechende Gang durch die Institutionen steht noch am Anfang und es kann davon ausgegangen werden, dass erst in rund einem bis anderthalb Jahren Online-Durchsuchungen rechtlich abgesichert sind. In Deutschland gibt es seit längerer Zeit ähnliche Planungen. Erst im April räumten deutsche Behörden ein, dass die Geheimdienste bereits seit rund zwei Jahren geheime Online-Durchsuchungen durchzuführen. Ein entsprechendes Urteil des Bundesgerichtshofes erklärte diese jedoch schon zuvor für unzulässig. Daher will der deutsche Gesetzgeber nun ebenfalls ein Gesetz auf den Weg bringen, welches geheime Online-Durchsuchungen ermöglicht.