Skandal?

Bundesregierung räumt geheime Online-Durchsuchungen ein

Opposition wirft Bundesregierung Rechtsbruch vor
Von ddp / Ralf Trautmann

Bundesverfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst praktizieren bereits seit zwei Jahren geheime Online-Durchsuchungen. Das räumte das Kanzleramt heute nach Aussagen von Teilnehmern im Innenausschuss des Bundestags ein. Vertreter der Opposition reagierten mit Empörung und warfen der Bundesregierung Rechtsbruch vor. Unions-Politiker betonten dagegen die Notwendigkeit der Ermittlungsmaßnahmen. Vor rund einem Monat hatte die Bundesregierung als Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der FDP die Einschätzung vertreten, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz "die Befugnis, zur Erfüllung seiner Aufgaben (...) auch so genannte Online-Durchsuchungen durchzuführen" habe.

Laut dem Bericht des Kanzleramts spähen die Geheimdienste seit Juni 2005 verdächtige Computer aus. Sie stützen sich dabei auf eine Dienstvorschrift des damaligen Bundesinnenministers Otto Schily (SPD). Der Bundesgerichtshof hatte heimliche Online-Durchsuchungen durch Ermittlungsbehörden im Februar für unzulässig erklärt, weil es an einer Rechtsgrundlage fehle.

Der Grünen-Sicherheitspolitiker Wolfgang Wieland warf den Geheimdiensten eine "Missachtung des Grundgesetzes" vor und forderte die Bundesregierung auf, "die illegalen Praktiken sofort zu beenden". Auch die Innenexperten der Links-Fraktion, Ulla Jelpke und Jan Korte, sprachen von einer "völlig haltlosen Rechtsgrundlage".

Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, verlangte die Aussetzung der Maßnahme bis zu einem ausstehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts. "Eine Dienstanweisung ist unter keinem Gesichtspunkt eine geeignete Rechtsgrundlage für Eingriffe in die Grundrechte."

Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), verteidigte Online-Untersuchungen hingegen als "unbedingt erforderlich", da terroristische Straftaten zunehmend per Internet vorbereitet würden. Sie müssten aber auf verfassungsrechtlich tragfähiger Grundlage stehen. Ob eine Dienstvorschrift dies darstelle, sei fraglich.

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