Opposition im Berliner Parlament lehnt Onlinedurchsuchungen ab
Das Berliner Abgeordnetenhaus
Foto: Abgeordnetenhaus Berlin
Die Opposition im Berliner Parlament lehnt die heimliche
Überwachung von Telefonaten, Chats oder E-Mails im Internet als
schweren Eingriff in die Grundrechte ab. Das wurde bei einer Debatte im Abgeordnetenhaus über einen Gesetzentwurf der
rot-schwarzen Koalition zur Überwachung der sogenannten
Quellen-Telekommunikation (Quellen-TKÜ) deutlich. SPD und CDU sehen
in der Überwachung der per Internet geführten Kommunikation von
Terror- oder schwerer Straftaten Verdächtigen eine
"ermittlungsnotwendige Maßnahme zur Strafverfolgung". Den Einsatz der
Software dafür wollen sie "rechtssicher und technisch sauber" in
einem eigenen Gesetz verankern.
Im Gegensatz zur umstrittenen Online-Überwachung sollen dabei nicht mit Hilfe einer Software-Wanze (Bundestrojaner) der gesamte Computer, sondern nur laufende Kommunikationsvorgänge ausgeforscht werden. Linke und Piraten kritisierten jedoch, dass diese Trennung nach übereinstimmender Meinung von Experten technisch noch nicht machbar sei. "Eine solche Software gibt es noch nicht", sagte der Linke-Abgeordnete Uwe Doering. Das Bundesverfassungsgericht habe dafür klare Vorgaben gemacht. Eine vom Bund eingesetzte Software habe gegen diese rechtlichen Auflagen verstoßen.
Berliner Regierungskoalition will Überwachung, aber mit strenger Prüfung
Das Berliner Abgeordnetenhaus
Foto: Abgeordnetenhaus Berlin
Nach Ansicht des Piraten Simon Weiß ist die Quellen-TKÜ "nichts
anderes als ein Staatstrojaner mit anderem Namen". Ein aufgebrochener
Kommunikationsvorgang sei und bleibe ein aufgebrochener Vorgang und
damit eine vollständige Überwachung des Systems. Der
Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt äußerte große Zweifel, dass eine
solche Überwachung überhaupt notwendig sei. "Internet-Telefonie gibt
es seit Jahren", sagte Behrendt. SPD und CDU müssten erst den
Nachweis erbringen, welche Straftaten mangels Quellen-TKÜ bisher
nicht aufgeklärt werden konnten.
Bereits im Antrag der Regierungskoalition war allerdings der Passus enthalten, dass Software zur Quellen-TKÜ, die den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht wird, im Land Berlin nicht eingesetzt werden soll. Software für Quellen-TKÜ solle nur dann zum Einsatz kommen, wenn diese vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) und vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geprüft und als zulässig erkannt wurde. Diese Prüfungen sind bislang daran gescheitert, dass die entsprechenden Privatunternehmen, die die Spähsoftware programmiert hatten, den Quellcode nicht oder nur mit großen Hürden zur Verfügung gestellt haben.
Darum fordert die Berliner Regierungskoalition, es sei sicherzustellen, dass der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit den Quellcode der eingesetzten Software (auch unter Hinzuziehung sachkundiger Angehöriger des öffentlichen Dienstes) ohne Beschränkung (z. B. der Tagessätze) am Firmensitz der Herstellerfirma in Deutschland einsehen und prüfen könne. Das vorgenannte Verfahren gelte auch für Nachlademodule. Außerdem sei rechtlich und technisch sicherzustellen, dass die für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung erforderliche Software keine Daten über den aktuellen Kommunikationsprozess hinaus ausspähe und übermittele.