Ausgeschnüfffelt

Schulbuchverlage kassieren für Aus des Schultrojaners

Ab jetzt dafür digitale Vervielfältigung in der Schule erlaubt
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Schulbuchverlage kassieren für Aus des Schultrojaners Schulbuchverlage kassieren für Aus des Schultrojaners
Foto: Vodafone
Der vor zwei Jahren von den Schul­buch­ver­lagen geplante Trojaner zur Kontrolle von Lehrer- und Schüler-PCs auf illegale Schul­buch­kopien wird nicht realisiert. Den Verzicht lassen sich die Verlage aber fürstlich vergüten.

Im November 2011 ging ein Aufschrei durch die Bildungs­land­schaft: Im Gesamt­vertrag zur Ein­räumung und Ver­gütung von An­sprüchen nach Paragraf 53 UrhG für die Ver­wendung ur­heber­rechtlich geschützter Werke in Schulen fand sich ein Passus, nachdem zukünftig ein Prozent aller Schul-PCs mit Hilfe einer Schnüffelsoftware auf illegale Kopien digitaler Schulbücher untersucht werden sollte. Der Vertrag wurde schon vor zwei Jahren im Dezember 2010 zwischen der Schulbuchverlags-Lobby und den Kultusministerien der deutschen Bundesländer abgeschlossen. Dort sicherten sich die Verlage, das Recht, diese Plagiatssoftware einzusetzen, wenn sie technisch und datenschutzrechtlich unbedenklich sei. Erinnerungen an den Bundestrojaner wurden geweckt.

Digitale Verfielfältigung jetzt auch in der Schule erlaubt

Schulbuchverlage kassieren für Aus des Schultrojaners Schulbuchverlage kassieren für Aus des Schultrojaners
Foto: Vodafone
Hauptzweck des Vertrages ist es eigentlich, den Verlagen eine pauschale Vergütung, beispielsweise von Papierkopien einzelner Schulbuchseiten in Klassenstärke, zukommen zu lassen - und dabe bleibt es auch. Auf der gestern abgehaltenen Kultusministerkonferenz der Länder einigten sich die Kultusminister mit den Verlagen darauf, den Trojaner nicht einzusetzen. Denn niemand konnte gewährleisten, dass der Datenschutz wirklich gewährleistet ist und die Software nicht noch andere Daten auf den PCs von Lehrern und Schülern einsammelt und übermittelt.

In einer aktuellen vom Bayerischen Kultusministerium veröffentlichten Mitteilung heißt es: "Die ehemals von den Verlagen vorgesehenen Kontrollen sind endgültig vom Tisch." Aus dem Dokument geht allerdings auch hervor, dass sich die Verlage diesen Verzicht mit mehr Geld vergüten lassen: "Insgesamt wenden die Kultusministerien der Länder dafür im kommenden Jahr neun Millionen Euro auf und stellen damit pro Jahr rund eine halbe Million Euro mehr zur Verfügung als bisher vorgesehen."

Gleichzeitig verkündet das Kultusministerium aber eine "Modernisierung" des Unterrichts: Lehrkräfte sollen künftig urheberrechtlich geschützte Inhalte aus Büchern und Unterrichtswerken sowie Musiknoten nicht nur analog, sondern digital vervielfältigen und sie auch ihren Schülern zur Verfügung stellen dürfen. "Unsere Lehrkräfte können mit den Möglichkeiten des Jetzt arbeiten – d. h. die digitale Welt hält damit auch bei der Bereitstellung von Textauszügen und Musiknoten Einzug, für die die Urheberrechte bei den Bildungsverlagen liegen", rühmt das Ministerium die neue Vereinbarung.

Konkret dürfen Lehrkräfte ab 2013 bis zu 10 Prozent (maximal aber 20 Seiten) eines urheberrechtlich geschützten Werkes einscannen, die Texte selbst nutzen und sie auch an die eigenen Schüler weitergeben. In die neue Vereinbarung einbezogen sind gedruckte Werke, die nach 2005 erschienen sind. "Das erleichtert die Arbeit für unsere Lehrerinnen und Lehrer und trägt dazu bei, den Unterricht zeitgemäß zu gestalten", freut sich der Amtschef des Bayerischen Kultusministeriums, Dr. Peter Müller.

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