Schultrojaner

Berlin: Einsatz des Schultrojaners nur nach "eingehender Prüfung"

Fiasko wie beim Bundestrojaner soll sich nicht wiederholen
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Der umstrittene Schultrojaner soll in Berlin nur nach eingehender Prüfung zum Einsatz kommen. Der umstrittene Schultrojaner soll in Berlin nur nach eingehender Prüfung zum Einsatz kommen.
Foto: Vodafone
In den letzten Tagen hatte die geplante Ausspähung von Lehrer-PCs in Schulen für Aufsehen gesorgt: Im "Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG" hatte sich die Schulbuch-Lobby, das Recht gesichert, in einem Prozent aller deutschen Schulen mit Hilfe einer Spähsoftware auf Lehrer-PCs nach illegalen digitalen Kopien von Schulbüchern suchen zu dürfen. teltarif.de hat sich zum Einsatz dieser Software an Berliner Schulen erkundigt.

Berliner Bildungssenator: Software muss vor Verwendung auf Unbedenklichkeit geprüft werden

Der umstrittene Schultrojaner soll in Berlin nur nach eingehender Prüfung zum Einsatz kommen. Der umstrittene Schultrojaner soll in Berlin nur nach eingehender Prüfung zum Einsatz kommen.
Foto: Vodafone
Bei der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Berlin wusste man auf Anfrage von teltarif.de über den erwähnten Passus zum Schultrojaner im Vertrag Bescheid. Eine Sprecherin betonte allerdings, dass die Schnüffelsoftware noch gar nicht existiere. Diese werde - wie im Vertrag vereinbart - von den Schulbuch-Verlagen in Auftrag gegeben und bezahlt. Die Innenminister der Länder könnten also keinen Einfluss nehmen auf die Entscheidung, wie der Trojaner technisch funktionieren soll und von welchem Unternehmen er hergestellt wird.

Vor dem ersten Einsatz der Software werde die Senatsverwaltung das Programm allerdings eingehend prüfen, und das nicht nur alleine, sondern in enger Abstimmung mit den übrigen Innenministerien der Länder. Nach den Erfahrungen mit dem Bundestrojaner, der nach Untersuchungen des Chaos Computer Club möglicherweise rechtswidrige Einsätze zulässt, soll diese Kontrolle beim Schultrojaner sehr umfassend ausfallen.

Die intensive Überprüfung soll nicht nur datenschutzrechtliche Belange von Lehrern und Schülern abdecken, sondern auch arbeitsrechtliche Aspekte umfassen. Es werde also vor dem ersten Einsatz nicht nur geprüft, ob der Trojaner in technischer Hinsicht mehr kann als er darf, sondern auch, ob der Einsatz beispielsweise beamtenrechtlichen Vorschriften entspricht.

teltarif.de stellte die Frage, welche Konsequenzen die Senatsverwaltung zieht, wenn der Schultrojaner diese Prüfungen nicht bestehen sollte. Die Senatsverwaltung gab zur Antwort, dass in diesem Fall die Software vor dem praktischen Einsatz vom Hersteller geändert werden müsse. Erst wenn es von keiner Seite mehr Bedenken gegen den Einsatz gebe, dürfe die Software verwendet werden.

Die Verwendung der Software an sich oder auch die vertragliche Regelung mit der Schulbuch-Lobby stellte die Senatsverwaltung allerdings nicht zur Disposition.

Berliner Datenschutzbeauftragter wird bei Datenschutzverstößen aktiv

Eine zweite Stellungnahme erhielt teltarif.de vom Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Dort teilte man uns mit, dass die Spähsoftware in Schulen auf keinen Fall heimlich eingesetzt werden dürfe: Sowohl Lehrer als auch Schüler müssten vorher über den Einsatz informiert werden, wenn ihre Schul-PCs davon betroffen seien.

Auch dem Berliner Datenschutzbeauftragten liegt die Software noch nicht vor. Ebenso wie die Innenministerien hat der Datenschutzbeauftragte keinen Einfluss auf die Bestellungsmodalitäten. Von sich aus könne die Behörde aufgrund der derzeitigen Personalplanung ohne begründeten Verdacht auf einen Rechtsverstoß auch nicht aktiv werden.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte werde dann aktiv, wenn es konkrete Hinweise auf einen missbräuchlichen Einsatz der Software gebe. Man werde darauf achten, dass die datenschutzrechtlichen Belange von Lehrern und Schülern auf jeden Fall respektiert werden. Im Falle einer Verletzung des Datenschutzgesetzes durch den Schultrojaner werde man einschreiten.

Mittlerweile hat die neue Fraktion der Piraten-Partei eine sogenannte "Große Anfrage" zum Thema Überwachungssoftware an Berliner Schulen im Senat der Bundeshauptstadt eingereicht. Mit einer Liste von 26 Fragen fordern die Piraten vom Senat Auskunft zum Schultrojaner, mit dem Computer an Schulen auf rechtswidrige Kopien digitaler Schulbücher durchsucht werden sollen.

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