Neues Gesetz

Verfassungsschutz soll Chats mitlesen dürfen

Kein verdeckter Zugriff auf Computer, dafür aber Mitlesen von Chats: Der Entwurf für das neue Verfas­sungs­schutz­ge­setz liegt nach zähem Ringen vor. Kritiker erachten manche Befugnis-Erwei­terungen als verfas­sungs­widrig.
Von dpa /

Auf Chats in Messengern soll der Verfassungsschutz Zugriff erhalten. Auf Chats in Messengern soll der Verfassungsschutz Zugriff erhalten.
Bild: WhatsApp / Montage: teltarif.de
Nach mehr als einem Jahr Streit liegt jetzt ein neuer Entwurf für ein Gesetz vor, das die Befug­nisse des Verfas­sungs­schutzes neu regelt. Nach Infor­ma­tionen der Deut­schen Presse-Agentur soll dem Inlands­nach­rich­ten­dienst künftig in bestimmten Fällen gestattet werden, nicht nur Tele­fo­nate und SMS zu über­wa­chen, sondern auch Chats über verschlüs­selte Messen­ger­dienste wie WhatsApp oder Tele­gram mitzu­lesen.

Aus der Oppo­si­tion kam Kritik. "Statt neue Über­wa­chungs­be­fug­nisse einzu­führen, sollte die Bundes­re­gie­rung die perso­nelle Ausstat­tung und die inhalt­li­chen Kompe­tenzen im Bereich Extre­mismus verstärken", kriti­sierte der innen­po­li­ti­sche Spre­cher der FDP-Bundes­tags­frak­tion, Konstantin Kuhle. Außerdem müssten zunächst die bestehenden Über­wa­chungs­in­stru­mente evalu­iert werden, bevor neue hinzu­kämen.

Vorwurf: Verfas­sungs­wid­rige Befugnis-Erwei­te­rungen

Auf Chats in Messengern soll der Verfassungsschutz Zugriff erhalten. Auf Chats in Messengern soll der Verfassungsschutz Zugriff erhalten.
Bild: WhatsApp / Montage: teltarif.de
Die Grünen begrüßten zwar, dass die Online-Durch­su­chung - also der verdeckte Zugriff auf Computer mutmaß­li­cher Extre­misten - dem Verfas­sungs­schutz weiterhin verwehrt bleiben soll. "Diese Entschei­dung war über­fällig", sagte der stell­ver­tre­tende Frak­ti­ons­vor­sit­zende der Grünen, Konstantin von Notz. Gleich­zeitig mahnten sie jedoch "struk­tu­relle Probleme" im Verfas­sungs­schutz an. Statt echter Reformen halte das Bundes­in­nen­mi­nis­te­rium an zahl­rei­chen, "offen­sicht­lich verfas­sungs­wid­rigen Befugnis-Erwei­te­rungen" fest, sagte von Notz.

Das Bundes­in­nen­mi­nis­te­rium hatte argu­men­tiert, beide Befug­nisse würden der Sicher­heits­be­hörde in der virtu­ellen Welt letzt­lich nur Dinge erlauben, die ihr in der realen Welt jetzt schon gestattet seien. Die SPD sah das aller­dings anders.

"Gut, dass es mit den Sicher­heits­ge­setzen jetzt voran­geht", sagte der innen­po­li­ti­sche Spre­cher der Unions­frak­tion, Mathias Middel­berg (CDU) der dpa. Die Befug­nisse von Verfas­sungs­schutz und Bundes­po­lizei müssten drin­gend den neuen digi­talen Möglich­keiten ange­passt werden. "Extre­mis­ten­gruppen und Schleu­ser­netz­werke können wir nur über­wa­chen und aushe­beln, wenn wir deren Kommu­ni­ka­tion über­wa­chen", fügte er hinzu. Diese Netz­werke nutzten vor allem verschlüs­selte Dienste wie WhatsApp oder Skype. Eine einfache Tele­fon­über­wa­chung sei deshalb nicht ausrei­chend.

Inkraft­treten Anfang 2021?

Das Bundes­kri­mi­nalamt hat diese Möglich­keiten heute schon im Ermitt­lungs­ver­fahren. In den Poli­zei­ge­setzen der Länder sind die Rege­lungen zur Über­wa­chung verschlüs­selter Chats und zur Online-Durch­su­chung unter­schied­lich. Für die Aufklä­rung extre­mis­ti­scher Grup­pie­rungen durch den Verfas­sungs­schutz gilt das bisher nicht. "Extre­mismus bekämpft man nicht, indem man die Tren­nung zwischen Polizei und Nach­rich­ten­diensten über­windet", kriti­sierte FDP-Poli­tiker Kuhle.

Im Innen­mi­nis­te­rium hieß es, man hoffe, dass das neue Gesetz spätes­tens Anfang 2021 in Kraft treten werde. Bei der Reform des Gesetzes, das die Befug­nisse der Bundes­po­lizei regelt, gibt es dem Vernehmen nach noch größere Meinungs­ver­schie­den­heiten zwischen den Koali­tio­nären. Umstritten ist unter anderem, an welchen Orten die Bundes­po­lizei in Zukunft für Maßnahmen gegen uner­laubte Einreise zuständig sein soll - etwa ob auch Halte­punkte von Fern­bussen dazu­ge­hören sollen.

Kürz­lich wurde auch bekannt, dass sich das neue IT-Sicher­heits­ge­setz verspätet

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