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Letzte Chance für Digitalradio auf Mittel- und Kurzwelle?

Auf der IFA werden erneut Prototypen für neues Übertragungsverfahren gezeigt
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Der bislang eher enttäuschende Empfang der digitalen Radiosignale hängt allerdings nicht nur mit den in ersten Tests enttäuschenden Receivern zusammen. Der durch elektrische Geräte verursachte Störnebel in Städten wird immer größer. PCs, Monitore, Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen sind aus den meisten Haushalten nicht mehr wegzudenken. Powerline wird zur Vernetzung mehrerer Computer in einem Haus genutzt. All diese Technologien beeinträchtigen aber den Empfang von Rundfunksignalen im Bereich der Lang-, Mittel- und Kurzwelle erheblich.

Es kommt dazu, dass die Rundfunkanstalten mit geringeren Sendeleistungen als zu früheren "analogen Zeiten" arbeiten. Theoretisch sollen die Empfangsergebnisse die gleichen sein. Die Praxis zeigt aber, dass die schwächeren Signale zwar unter optimalen Bedingungen ihre Empfänger erreichen, aber noch anfälliger gegen atmosphärische Störungen oder die bereits erwähnten Beeinträchtigungen sind. Mit höheren Sendeleistungen zu arbeiten, würde aber auch höhere Kosten verursachen. Ob die finanziellen Kalkulationen der Programmanbieter dann noch aufgehen, ist fraglich.

DRM-Erfolg ungewiss

Somit bleibt abzuwarten, ob die Lang-, Mittel- und Kurzwelle durch den digitalen Standard wirklich noch einmal wiederbelebt werden kann. Waren diese Wellenbereiche noch in den 80er und 90er Jahren oft die einzige Möglichkeit für grenzüberschreitenden Rundfunk, so gibt es heute Alternativen im Satellitenfunk und Internet. Immer mehr Hersteller produzieren Radiogeräte, die Programme aus dem Internet empfangen und sich per Netzwerkkabel oder WLAN ins heimische DSL-Netz einklinken. Mobil ist der Radioempfang über UMTS-Netze möglich. Geräte dieser Art gibt es schon zu Preisen unter 200 Euro. Für rund ein Zehnteil dieses Preises gibt es Software-Lösungen für Symbian- oder Windows-Mobile-Smartphones.

Lediglich in Entwicklungsländern, in denen der Internet-Zugang noch nicht so selbstverständlich wie in Mitteleuropa ist, hat das terrestrische Radio bis heute kaum an seiner Bedeutung verloren. Dort allerdings dürften die Rundfunkanstalten mit der Umrüstung ihrer Sendeanlagen auf DRM finanziell überfordert sein und auch die potenziellen Hörer werden kaum die Möglichkeit haben, sich für 200 bis 300 Euro ein Digitalradio zu kaufen, das zudem einen größeren Stromverbrauch als das bisherige analoge Modell hat.

Es sieht somit nicht gut aus für das weltumspannende terrestrische Digitalradio. Bestehende Programmangebote wurden bereits wieder reduziert, Empfänger namhafter Hersteller gibt es nicht und die bislang erhältlichen Geräte ermöglichen keinen brauchbaren Empfang. Dass sich an dieser Situation nach der diesjährigen Funkausstellung noch etwas ändert, ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich.