Telekom-Streit

Telekom drohen Geldstrafen bei verzögerter Anschluss-Lieferung

Regulierer eröffnet zudem Missbrauchsverfahren gegen die Telekom
Von ddp / Anja Zimmermann

Die Deutsche Telekom muss künftig Strafe zahlen, wenn sie ihren Wettbewerbern nicht rechtzeitig Zugang zu den Telefon-Hausanschlüssen verschafft. Das sieht ein Standardvertrag vor, den die Bundesnetzagentur heute erlassen hat. Nach Auskunft eines Behördensprechers muss die Telekom für jeden Tag Fristüberschreitung zehn Prozent des sogenannten Bereitstellungsentgelts für die "letzte Meile" zu den Endkunden zahlen. Das mache pro Teilnehmeranschlussleitung (TAL) knapp vier Euro aus.

Aber auch für die Konkurrenten der Telekom werden finanzielle Sanktionen eingeführt, wenn sie die bestellten TAL-Mengen nicht abnehmen. In diesem Fall wird nach Angaben des Sprechers ein einmaliges Bußgeld von 5 Prozent des Bereitstellungsentgelts für jeden nicht übernommenen Anschluss fällig. Insgesamt soll der Standardvertrag, der bis Ende Februar 2009 gilt, für Klarheit bei den Bedingungen und Pflichten in Zusammenhang mit der Anmietung der TAL sorgen.

Für den Wettbewerb besonders wichtig ist nach Ansicht des Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO), dass das Angebot Schadensersatzpauschalen für die verspätete Bereitstellung des Kundenanschlusses sowie die Überschreitung von Entstörfristen vorsieht. "Mit den Regeln zur Schadenspauschalierung hat die Bundesnetzagentur eine wichtige Entscheidung für eine zügige Bereitstellung der Anschlussleitung an die Wettbewerber getroffen, die unmittelbar jedem Kunde zugute kommt" so BREKO-Geschäftsführer Rainer Lüddemann. Die Mengenbegrenzung auf maximal 330 000 Leitungen bundesweit, die die Deutsche Telekom den Wettbewerbsunternehmen monatlich zur Verfügung stellen muss, hält der Verband jedoch für problematisch. Durch diese Regelung wird die Entwicklung des Wettbewerbs von vornherein gedeckelt. "Wir hätten uns hier mehr Flexibilität und eine Verpflichtung zur Anpassung an eine dynamische Wettbewerbsentwicklung gewünscht" so der Verbandsgeschäftsführer.

Kunden im Ruhrgebiet und im Osten müssen besonders lange warten

Die Telekom-Konkurrenten Arcor und Telefónica hatten sich bei der Netzagentur beschwert, weil der Ex-Monopolist die Fristen nicht einhalte und es zu einem großen Stau bei den Anschlussumschaltungen gekommen sei. Die lokalen Verzögerungen bei der Leitungsbereitstellung kommen durch die lange Wartezeit bei der Deutschen Telekom zustande. Bei o2 dauert es ab Vertragsabschluss in der Regel 4 bis 6 Wochen bis zur Aktivierung des DSL-Anschlusses. In Berlin, Erfurt, Gera, Essen, Recklinghausen, Köln, Leipzig, Magdeburg, Potsdam und Rostock ist sogar mit Anschlusszeiten von bis zu 8 Wochen zu rechnen. Deswegen eröffnete der Regulierer jetzt ungeachtet des Standardvertrags offiziell ein Missbrauchsverfahren gegen die Telekom. Gleichzeitig appellierte Behördenpräsident Matthias Kurth noch einmal an das Bonner Unternehmen, den Auftragsstau so schnell wie möglich abzuarbeiten und für eine nachhaltige Verbesserung bei der Bereitstellung zu sorgen.

Die Teilnehmeranschlussleitung ist das zentrale Vorprodukt auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt. Die meisten alternativen Anbieter haben nämlich keinen direkten Zugang zu den Telefonbuchsen in den Häusern und Wohnungen und sind daher darauf angewiesen, diese letzte Meile von der Telekom zu mieten. Dafür entrichten sie ein monatliches Entgelt, das unter der Grundgebühr liegt, die die Kunden der Telekom an den Konzern entrichten.

Die bisherige Hinhaltetaktik des ehemaligen Staatsunternehmens hat nach Ansicht des Verbandes allen Anbietern geschadet. VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner befürchtet auf Dauer auch einen Imageschaden für die Branche: "Die Kunden müssen wissen, dass nicht etwa die Wettbewerber ihre Umschaltprozesse nicht im Griff haben, sondern der Ex-Monopolist versucht, auf diese Weise den Kundenwechsel zu erschweren. Das Beispiel letzte Meile zeigt wieder ganz klar, dass auch zehn Jahre nach der Marktöffnung im Festnetz der Abbau der Regulierung von wichtigen Vorleistungen erheblich zu früh käme", so Grützner abschließend. "Gleichzeitig hat die Regulierungsbehörde unter Beweis gestellt, dass sie - nah am Markt - schnelle und sachgerechte Lösungen finden kann."