Benutzer Ali.As schrieb:
Und wie hoch veranschlagst Du den geldwerten Vorteil, den die Reichen vom Staat erhalten durch Schutz Ihres Eigentums mittels Polizei und sozialem Frieden?
Dieser Vorteil ist sehr hoch und deswegen sind Steuern gerechtfertigt. Sie müssen aber im Rahmen bleiben.
Und in der Tat bin auch ich der Meinung, daß eine zunehmende Spreizung der Einkommens- und Vermögensverteilung einer Gesellschaft nicht guttut.
Hier sind wir uns einig.
Für die Soziale Marktwirtschaft des "Rheinischen Kapitalismus",
Ich bin definitiv für die Soziale Marktwirtschaft. Die FDP ist mir am "kapitalistischen" Ende des Meinungsspektrums genauso weit weg, wie "Die Linke" am "sozialistischen" Ende.
gegen den Raubtierkapitalismus der Globalisierung!
Man kann die Globalisierung nicht aufhalten. Schon die frühe Bundesrepublik hat die wichtigsten Rohstoffe (insbesondere Öl und Eisenerz) "global" eingekauft, die meisten Produkte dann hingegen "lokal" hergestellt, und einen gewaltigen Überschuss an Produkten wiederum "global" verkauft. Von diesem Prinzip leben wir bis heute sehr gut. Nur machen das Prinzip nun auch China, Indien und viele weitere Länder nach: Sie stellen gute Produkte "lokal" her und verkaufen diese dann "global". Das denen zu verbieten und die "dritte Welt" wieder rein auf die Rolle der Rohstofflieferanten zurückzudrängen, wäre noch eine Stufe schlimmer als "Raubtierkapitalismus", es wäre nämlich blanker Imperialismus nach dem Prinzip: "Unsere Arbeitnehmer sind wichtiger als Eure".
Aber es gibt nicht nur politische, sondern auch ökonomische Argumente, sich den Herausforderungen der Globalisierung zu stärken: Wer meint, durch Zölle auf Fernost-Importe die Arbeitnehmer in Deutschland stärken zu wollen, erreicht am Ende nur einen Handelskrieg und Verluste auf beiden Seiten. Vernünftiger ist es m.E., die Arbeitnehmerrechte in den Schwellenländern zu stärken. Das verringert dann auch hierzulande den von der Globalisierung ausgelösten "Druck nach unten".
Und wie viele Reiche sind eigentlich durch die bisherige Umverteilung von unten nach oben nach Deutschland gelockt worden?
Schauen Sie sich doch die Migrationsstatistiken und Vermögensstatistiken an, die Zahlen sind ja öffentlich: Im Durchschnitt liegen die Immigranten bei Einkommen und Vermögen gegenüber der ansässigen Bevölkerung immer noch weit zurück. Zwar sind die Immigranten im Schnitt auch "reicher" als in den Herkunftsländern, die sie verlassen haben (sie sind aus ihrer Sicht also "reich" geworden), aber sie sind eben auch ärmer als der Schnitt der Bevölkerung hier.
In den klassischen Steueroasen (Luxemburg, Monaco, diverse Schweizer Kantone, inzwischen auch London) sieht das natürlich anders aus: Da gibt es zahlreiche richtig reiche "Wahlbürger".
Damit will ich sagen: Ob und wenn ja wie viele Reiche man verscheucht, hängt davon ab, wie sehr man ihnen die Daumenschrauben anlegt.
Absolut!
Und so wie ich das verstanden habe, will die Linke übrigens nur den Superreichen an den Kragen, den Mittelstand aber entlasten ("Mittelstandsbauch abbauen").
Da habe ich so meine Zweifel. In Berlin kleben Plakate der Linken: "Statt Flaschen sammeln: 1040 Euro Mindestrente". Die Grundsicherung und damit zwangsläufig auch Hartz IV mal schnell um 300 Euro monatlich anzuheben, kostet aber schlappe 36 Mrd. Euro jährlich (ich gehe von 10 MIo. Empfängern aus, die 3600 Euro jährlich mehr erhalten). Lohn- und Einkommensteuer betragen zusammen derzeit 200 Mrd. Euro, man müsste also allein für die Finanzierung der Rentnerumlage die Steuern um knapp ein Fünftel erhöhen, den Spitzensteuersatz z.B. von 47 % (inklusive Soli) auf 57%. Wenn man jetzt noch zusätzlich den "Mittelstandsbauch", also die hohe Abgabenquote für Einkommen im Bereich von 20.000 bis 40.000 €, abbauen will, dann kommt man bei 80% Steuern an, und zwar nicht nur für "Einkommensmillionäre", sondern schon ab dem oberen Mittelstand, also Einkommen ab 100.000 Euro aufwärts.
Klar kommt jetzt immer das "Totschlagargument", für Griechenland, ESM, ESFS, Bad Banks usw. seien doch auch Milliarden da. Dem muss man aber entgegnen, dass der Staat BRD bisher nicht mal eine Million Euro an Griechenland geschenkt hat, sondern, dass es sich um Kredite handelt, die mit Zins und Zineszins zurückzuzahlen sind. Klar kann es passieren, dass am Ende die ganzen Bürgschaften auch gezogen und die Kredite nicht zurückbezahlt werden. Doch was passiert dann? Richtig, dann gibt es eine Umschuldung nach dem Griechenland-Zypern-Modell: PRIVATE Gläubiger von Staatsanleihen und Bankschulden werden dann eben nur zum Teil ausgezahlt, der Rest ist verloren. So weit eine Bank zwischenhängt, wie in Zypern passiert, wird die Bank kurzerhand abgewickelt, wenn sie durch die Abwertung der Staatspapiere in Schieflage gerät, und die Großkunden dieser Bank "schauen in die Röhre". Die Einlagen der Kleinkunden werden über den Einlagensicherungsfonds ausgezahlt, die verlieren also nichts.
Fazit: Geht die Euro-Rettung gut, verdient Deutschland prächtig an den Zinsen, die Griechenland und Spanien zahlen müssen. Misslingt sie, werden die Lasten per europäischem Schuldenschnitt auf die "Reichen" (nämlich die Inhaber großer Guthaben von 100.000 € aufwärts) verteilt. Das ist auch gerecht, denn es ist ja vor allem deren Vermögen, das aktuell "gerettet" wird. Nur macht es in der Folge eben einen Riesen-Unterschied, ob man das Geld als Kredit an den EFSF oder als Transfer an die "Armen" verteilt.
Kai