Aussen TOP, Rest FLOP

Praxistest Samsung GT-S8500 Wave
Zwei Monate mit Höhen und Abgründen

Bereits Monate vor der Veröffentlichung hatte ich jede Meldung zum Samsung Wave verschlungen und alle Nachrichtenkanäle abgesucht. Super-AMOLED, 1-GHZ-Prozessor, neues Betriebssystem namens BADA, schnelles Internet mit HSDPA bis 3,6 Mbit/s (von Samsung wurde anfänglich noch 7,2 Mbit/s mitegeteilt) und ein 1.500 mAh starker Akku sind Zahlen die aus meiner Sicht das Iphone (3GS) bei einem Preis von rund EUR 350,- an Attraktivität kaum noch zu überbieten waren.

Die ersten Tage
Das Wave bestellte ich über eine Promoaktion bei tophandy.de und hielt es am 27.05.2010 zum Preis in Höhe von EUR 299,- zzgl. Porto endlich in den Händen. Bis dahin wurden meine Erwartungen erfüllt, flach, schön, sehr schnelles Betriebssystem und ein Display, welches andere Smartphons blas aussehen lässt. Für die Umgewöhnung von meinem Nokia 6210 auf das Wave brauchte ich zwei bis drei Tage. Einzig verwirrend war die Einstellung der Uhrzeit, bei der man manuell die Sommerzeit festlegen musste. Da ich als zweite Zeitzone Indien eingerichtet hatte, war mir nicht so ganz klar, ob es dort auch die Sommerzeit gibt und warum es hier überhaupt Möglichkeiten der Einstellung gab.

Erstklassige Hardware
Das Wave ist erstklassig verarbeitet, exzellente Spaltmaße ein wirklich erstklassiges Display, welches im Dunkeln so hell ist, dass man es auch schon mal zum ausleuchten dunkler Wege nutzen kann. Auch das überwiegend aus Aluminium gefertigte Gehäuse überzeugte nicht nur mit gutem Aussehen, sondern auch mit großer Stabilität. Man kann es getrost in die Hosentasche stecken ohne das man Angst haben müsste, beim Hinsetzen einen Schaden zu verursachen. Einzig lästig ist, dass sich ab und an die Tastensperre löst, das ist bei anderen Betriebssystemen besser gelöst.

Kies der erste Aufschrei
Kies ist die Software von Samsung um Dateien, Telefonbuch, Kalender, Samsung Apps, Outlook und Termine zu verwalten und zu synchronisieren, zumindest rein theoretisch. Von der Samsung Website führte ich den Download von Kies aus, stolze 150 MB waren das damals. Die Installation verlief auf den ersten Blick problemlos. Als Käufer eines Smartphone ist es wohl verständlich, wenn man seine Termine im Kalender zusätzlich über den PC verwalten möchte und bei einem Kaufpreis zwischen EUR 300,- und 400,- kann man das wohl auch erwarten. Über den Taskmanager von XP erfuhr ich das die Speicherauslastung von Kies im Leerlauf bereits größer war, als wenn Thunderbird und Firefox parallel in Betrieb sind. Warum eine so „kleine“ Anwendung so einen enormen Verbrauch an Ressourcen haben muss, ist mir schleierhaft.

Der Telefon-Support
Die ersten Probleme gab es beim Synchronisieren des Telefonbuches, ich konnte zwar alles vom Wave herunterladen bloß plötzlich konnte ich das Telefonbuch nicht mehr hochladen. Ein erster Anruf bei Samsung Hotline ergab „Sie können Kies nur zusammen mit Outlook nutzen“. Nachdem ich mir Kies noch mal genau anschaute, konnte ich der Aussage keinen Glauben schenken und rief erneut an. Im Übrigen nicht über die 01805, sondern über eine andere Nummer die ich aus einem 0180-Telefonbuch hatte und zu normalen Tarifen erreichbar war.

Der zweite Mitarbeiter bestätigte mir, dass man natürlich auch ohne Outlook Kies nutzen könnte. Ich wurde nach dem Servicepack auf meinem PC gefragt. Nachdem ich die Auskunft gab, alle neuen Servicepacks sollten drauf sein, wurde ich harsch angefahren, „welches nun genau drauf sei“. Ich fragte, wo man das denn sehen könnte. Als Antwort erhielt ich, „dass weiß ich doch nicht!“ Mir platzte der Kragen und ich sagte dem Mitarbeiter, dass er ja wohl einen unmöglichen Ton an sich habe. Der erwiderte, dass mein Ton wohl vielmehr unverschämt sei. Ich forderte ihn auf, mir seinen Namen zu nennen, damit ich mich beschweren könnte. Der Mitarbeiter legte daraufhin einfach auf.

Beim dritten Anlauf erhielt ich die Auskunft, dass ich alle Firewalls und auch die Antiviren- und Anti-Spyware Programme ausschalten sollte. Weiterhin erhielt ich die Auskunft, dass man mit dem Wave derzeit keine Kalenderdaten verwalten könnte. Es folgten weitere Telefonate ohne Ergebnis. Letzte Empfehlung des Mitarbeiters, ich sollte das Handy als defekt einsenden oder es mal am PC eines Bekannten probieren. Zu dem Thema gibt es im Internet zahlreiche Foren die sich mit dem Problem Kies beschäftigen, dort gibt es im Gegenteil zum telefonischen Support auch schon mal qualifizierte Hinweise um einzelne Probleme zu lösen.

Seit damals sind verschiedene neue Kies-Versionen erschienen, aber frei von Fehlern ist die aktuelle Version ebenfalls nicht, auch der Kalender lässt sich bis heute nicht bearbeiten.

Trojaner
Einige Tage später musste ich feststellen, dass ein Trojaner meinen PC befallen hat. Woher er nun genau kam ist schwer zu sagen. Zwar hatte Samsung eingeräumt, einen Trojaner auf der Speicherkarte zu haben, aber das war wohl noch ein anderer. Vielleicht hat er sich ja auch eingeschlichen, als ich vom Support aufgefordert wurde alle Sicherheitsprogramme runter zu fahren. Jedenfalls nach drei Tagen ausgiebiger Bemühungen, hatte ich - mit Unterstützung eines Experten - dann wieder einen sauberen PC.

Mobil unterwegs - Internet & E-Mail
Hauptgrund für den Kauf eines Smartphones lag in der mobilen Erreichbarkeit meiner Person. Dabei hat mich das Wave anfänglich sehr positiv begeistert. Der Dolfin Browser arbeitet im Wave stabil und und sehr schnell, was ich als besonders hilfreich empfinde ist die Möglichkeit mehrere Browserfenster parallel zu öffnen. Schade ist, dass man über den Browser keine PDF Dokumente öffnen kann, zumindest hat das bei mir nicht funktioniert.

Das Einrichten eines E-Mail-Kontos auch für mehrere Provider ist unproblematisch. Senden und Empfangen von E-Mails funktioniert sehr gut. Bedauerlich ist die Einschränkung bei Copy & Paste, die die Möglichkeit liefert alles zumarkieren. Somit ist es anscheinend unmöglich sich Vorlagen anzulegen, die man sich in E-Mails hinein kopiert. Zwar würde das über Memos theoretisch funktionieren, die sind aber auf eine sehr kleine Anzahl von Zeichen beschränkt zumindest auf dem Wave. Bei Kies dürfen Memos beliebig lang sein, aber beim überspielen wird die Daten dann unbrauchbar. Das Wave bietet in diesen Bereichen gute Ansätze, lässt aber noch viel Spielraum für Optimierungen.

5 MB Kamera
Sowohl die Kamera- als auch die Videofunktion lassen sich einfach bedienen. Zwar legt BADA nach einiger Zeit selbstständig neue Ordner für das Speichern an, aber im Wesentlichen hat man mit beiden Funktionen viel Spaß und kann mit der Bedienung zufrieden sein. Die Ansicht der Fotos ist übersichtlich und auch das Einstellen der Auflösung ist einfach zu handhaben. Besonders vorteilhaft für Aufnahmen im Dunklen ist der LED-Blitz.

Navigation mit Tücken
Auf dem Handy ist die Navigationssoftware von Route66 als Testversion verfügbar. Als grobe Orientierungshilfe ist die Software akzeptabel, im Detail sollte man sich aber darauf nicht verlassen. Bei einer Busfahrt beispielsweise zu der Adresse Werner Str. 117 in Bergkamen, stieg ich nach der Navi Info aus. Es war aber nicht die Hausnummer 117, sondern Nr. 399. Zum Ziel waren es dann noch drei Kilometer.

Sprachqualität
Trotz des sehr hohen SAR-Wertes von 0,99 ist die Empfangsleistung nicht sonderlich gut. Die Sprachqualität führt leider oft dazu, dass der Gesprächsteilnehmer an der anderen Leitung fragt, ob man noch dran ist. Mein Eindruck ist leider, mein sehr altes Nokia 6210 hat einen besseren Empfang und eine bessere Sprachqualität.



Aktuelle Firmware, die Katastrophe
Das bei einem neuen Betriebssystem es zu kleineren Fehlern kommen kann ist sicherlich nachvollziehbar. Nach dem herunterladen der neusten Firmware sollten diese behoben oder zumindest besser sein. Leider ist das beim Wave anders, die aktuelle Version liefert aktuell folgende Probleme:

- Anwendungen verschwinden gelegentlich ohne ersichtlichen Grund, diese finden sich dann im Task-Manager wieder.
- Nutzt man die automatische Zeit Aktualisierung, muss man vorher schon die richtige Zeit einstellen, ansonsten scheint das nicht zu funktionieren.
- Die Sortierung der E-Mail wurde geändert, somit befinden sich heute und gestern irgendwo in 2009 und nicht mehr oben wo man sie eigentlich finden sollte.

Es scheint so als ob die Programmierer in Korea nicht wissen, welche Uhrzeit in Deutschland herrscht. Weiterhin kann es wohl kaum einem Geschäftsmann zugemutet werden, um seine neuen E-Mails zu lesen, erst 200 oder mehr E-Mails zu durchsuchen, um zum Ziel zu kommen. Dieses Problem ist Samsung bekannt. Laut E-Mail vom 15.07.2010 wird mit „Hochdruck an einer Lösung gearbeitet.“ Bisher darf man sich als Kunde aber weiter ärgern.

Rückgabe erfolglos
Ich habe aufgrund der vorgenannten Schwierigkeiten versucht das Wave zurückzugeben und Samsung um eine Bestätigung gebeten, dass die Software nicht repariert werden kann, diese wurde mir verweigert. Eine Dame der Hotline teilte mir sogar mit, „was erwarten Sie denn bei einem neuen Betriebssystem“, sprich nun ist es meine Schuld ein Samsung gekauft zu haben! Tophandy.de zeigte sich hier ebenfalls nicht Kulant, hier wurde mir zwar angeboten das Handy zur Reparatur einzuschicken, wenn das zweimal scheitern würde, dann könnte man das Gerät zurücknehmen. Von Service kann hier nicht gesprochen werden.

Fazit
Samsung liefert mit dem Wave eine hervorragende Hardware, die Software bietet dem Kunden jedoch wenig Spaß. Insbesondere für Geschäftsleute, die viel mit E-Mails arbeiten und ein zuverlässiges Gerät brauchen ist das Wave momentan nicht zu empfehlen. Es bleibt zu hoffen, dass Samsung hier noch einiges verbessern wird. Für mich persönlich steht fest, das Handy ist für den Geschäftsalltag nicht geeignet.

Bewertung:

Hardware: 92 von 100 Punkten
Hotline: 35 von 100 Punkten
Aktuelle Firmware: 45 von 100 Punkten
Kies-Software: 29 von 100 Punkten

Kaufempfehlung: 51 von 100 Punkten