Benutzer LtotheH schrieb:
Deiner Logik nach jedoch dürften die Kabelanbieter die Verbreitung des ÖR einstellen, den es geht ja über Satelit.
Grundsätzlich ja. Dann können die aber auch gleich ihr (Fernseh)geschäft einstellen, denn wer nimmt schon Kabelfernsehn, wenn er zusätzlich Satelit oder DVB-T braucht, um die ÖR zu bekommen.
Allerdings haben die Kabelanbieter eine gesetzliche Verpflichtung zur Einspeisung der Grundversorgung, daran hängen die ja ihre Klage auf und verlangen vorm BGH eine Entschädigung. Eine solche setzt jedoch einen Schaden voraus - und den haben sie nicht, weil ihr Geschäft ja darin besteht, Kunden Anschlusse zu verkaufen, mit denen sie sich eine eigene Empfangseinrichtung ersparen. Sie haben also tatsächlichen einen Nutzen daraus, dass sie für den Content nicht zahlen müssen.
Im Kabelbereich teilt sich nunmal der Kunde und der Zulieferer die Kosten der Bereitstellung,
Ein Argument der Kabelanbieter, das jeder Grundlage entbehrt. Denn genauso könnte ein Programmanbieter argumentieren: Du erwirtschaftest Erlöse damit, dass Du unser Programm deinen Kunden lieferst, entweder Du zahlst dafür, oder wir beliefern Dich nicht mehr.
ein Konzept das ja die Telekommunikationunternehmen auch mit übernehmen wollen.
Natürlich wollen die das - und haben da keine Chance. Denn dann müssten sie ihren Kunden vor Vertragsschluss mitteilen, welche Internetdienste durch ihre Flat nicht erreicht werden können oder gedrosselt werden. Als Einschränkung der Haupleistungspflicht klar und deutlich, nicht in den AGB versteckt. Wie schnell die Kunden da den Provider wechseln, kann man sich vorstellen...
Natürlich gilt auch hier, dass die Contentanbieter den Spieß umdrehen könnten: Man stelle sich mal vor, Google käme auf die Idee, Geld von den Providern für den Aufruf von Youtube zu fordern und blendet bei allen DTAG-Kunden ein "sehr geehrter Kunde der Deutschen Telekom, leider zahlt uns die DTAG kein Geld für die Nutzung unserer Inhalte. Daher erhalten Sie nunmehr 5 Minuten Werbung, bevor Sie den gewünschten Clip sehen können. Um dies zu vermeiden, wechseln Sie bitte zu einem Provider, der uns Nutzungsentgelte zahlt. Beispielsweise bei 1&1 können sie unsere Videos sofort sehen. Vielen Dank für ihr Verständnis.
Meiner Meinung nach haben sich die ÖR viel zu weit aus dem Fenster gelehnt und werden ganz böse auf die Nase fallen.
Ich sehe es eher umgekehrt: Sollten sie vorm BGH unterliegen, beginnt der Untergang des Kabelfernsehnens. Denn das einzige, was problematisch ist, ist der gesetzliche Zwang der Kabelbetreiber, die Grundversorgung einzuspeisen. Einer Zahlung an die Kabelanbieter steht aber öffentliches Recht entgegen:
Gebühren sind anhand der Kosten zu bemessen.
Bis zum Sateliten fällt alles eindeutig unter die Grundversorgung und darf mit Gebühren wieder eingetrieben werden. Danach wirds aber kritisch: Kosten, die von Kabelprovidern erhoben werden, nutzen nur den Kabelkunden und fallen nur dort an. Sie dürften gebührenrechtlich also nicht auf alle Rundfunkteilnehmer umgelegt werden. Konsequenz wäre eine Änderung des Rundfunkgebührenrechts; Kabelkunden müssten eine höhere Rundfunkgebühr bezahlen als Nicht-Kabelkunden. Je nachdem, welcher Kabelanbieter was fordert, müsste zukünftig bei der GEZ-Anmeldung der Kabelanbieter angegeben und von der GEZ eine gestaffelte Gebühr erhoben werden.
Nach aktueller EU-Rechtspechung zu Flughafengebühren, die im Reisepreis mit ausgewiesen sein müssen, könnte es sogar passieren, dass die Kabelprovider die Mehrgebühren in ihrer Werbung mit ausweisen müssen...
Die bis 2013 geltende Regelung war nur zulässig, weil zu Beginn der "Kabelisierung" Satelitenempfang privat noch unerschwinglich war. Durch Kabelnetz konnten zusätzliche, für die Abdeckung der Grundversorgung erforderliche Sendeanlagen eingespart werden.
Diese Randbedingungen waren schon 2003 nicht mehr erfüllt. Trotdem wurde - gebührenrechtlich bedenklich - noch bis 2013 eine Einspeisevergütung an die Kabelanbieter gezahlt.
Dadurch, dass die vorm BGH geforderten Einspeiseentgelte aus Gebühren zu finanzieren wären, würde es sich zudem um eine Subventionierung des kabelnetzes handeln. Diese wäre EU-rechtlich unzulässig, da sie andere Telekommunikationsanbieter diskriminiert.
Wie man sieht, wäre ein Sieg von KD vorm BGH ebenfalls eine Niederlage, denn die sich zwingend ergebenden Folgen einer gestaffelten, für Kabelkunden höheren Rundfunkgebühr wäre in der wettbewerblichen Wirkung ("nur 19,99 €/Mon zzgl. 1,50 höherer Rundfunkgebühr") sogar schlimmer als der Einnahmeverlust, den sie momentan haben.