Frei Sprechen
10.09.2008 15:10

Apple greift Nintendo und Sony an

Was Apple für den Erfolg tun müsste.
teltarif.de Leser tswinner schreibt:
Gestern hielt Apple seine Keynote "Let`s rock" in San Francisco und stellte seine neuen Produkte rund um die Marke iPhone/iPod vor. Ein besonderes Augenmerk der Presse liegt seitdem auf der viel gepriesenen Möglichkeit auch anspruchsvolle Spiele auf dem iPod zu nutzen. So schreibt die FAZ.net heute in einem Artikel:

"Außerdem will Apple das Handy iPhone und den iPod touch mit ihren berührungsempfindlichen Bildschirmen verstärkt als mobile Spielegeräte in Konkurrenz zu Sony und Nintendo etablieren."

Ist dies in angesichts der Marktmacht der Großen, Nintendo und Sony, im Bereich Handheld-Konsolen überhaupt realistisch? Welches Konzept verfolgt Apple?

Was bisher geschah.

Um dies zu beurteilen, zunächst ein Blick in die Geschichte:

Bereits 2003 versuchte der Marktführer im Handy-Segment, Nokia, mit seinem N-Gage in das Segment der tragbaren Konsolen einzubrechen. Da lag die Idee nahe, beide Geräte in einem zu vereinen. Mit großem Brimborium wurde der N-Gage als die Zukunft des Mobile-Gamings eingeführt, mit, wie praktisch, Telefoniefunktion. Das Abenteuer endete für Nokia im Desaster. Der finnische Konzern musste wenig später beim wenig durchdachten N-Gage nachbessern und den genauso erfolglosen N-Gage QD nachlegen. Darüber hinaus nahm die Marke einen schweren Imageschaden hin, als eine Werbekampagne in England als gewaltverherrlichend verboten wurde. Noch erfolgloser war die Firma Tiger Telematics mit ihrem Gizmondo. Dieser Telefon-Gaming Hybrid zeichnete sich weniger durch ausgereifte Spielkonzepte, als durch die Ausschweifungen des Geschäftsführers aus. Sein medienwirksamer Crash eines "Enzo Ferrari" Sportwagens läutete das Ende des Gizmondo sowie die Aufklärung der kriminellen Machenschaften des Fahrers ein.

Und heute? Der N-Gage fristet sein Dasein als Spielchip in den Handys der neuesten Generation, der Gizmondo machte Karriere als Plattform für Opensource-Entwickler. Warum scheiterten diese gut gemeinten Versuche in dieses Segment einzusteigen? Und was müsste Apple richtig machen?

So wird`s richtig gemacht.

- Wichtig ist ein Bedienkonzept, das Sinn macht. Das Bedeutet: die Ergonomie muss auf das Spielen ausgerichtet sein. Das fängt bei den Eigenschaften des Bildschirms an und hört bei der Verarbeitung der Bedienelemente (noch lange nicht!) auf.

- Die Features müssen überprüft werden darauf, ob diese sich in einem Spiel-Kontext überhaupt Sinn machen. Das iPhone bietet so z.B. Tilt-Funktionen und ein berührungssensitives Display, aber kein klassisches Gamepad-Kreuz. Dies muss schon beim Design des Spiels berücksichtigt werden. Da reichen keine lieblosen Portierungen von anderen Systemen!

- Um diese Eigenschaften überhaupt zu nutzen ist das Entsprechende Know-How gefragt. Dies sitzt in den großen Spieleschmieden genauso wie in kleinen Development-Studios. Man müsste es also schaffen, die Publisher von Anfang an zu begeistern.

- Diese Entwickler lieben Plattformen, die einfach zu programmieren sind. Schwierig zu beherrschende Schnittstellen ziehen lange Produktionszyklen und Bugs nach sich. Und im schlimmsten Fall ist das Gerät mit Fertigstellung des Spiels schon wieder vom Markt verschwunden.

- Eine Marketingkampagne muss entworfen werden, die die Spiel-Qualitäten des Geräts herausstellt und vor allem den "Hardcore"-Spieler anspricht. Unter ihnen zu finden sind die "Early-Adopters", die ohne die neuesten Geräte nicht leben mögen, den Markt eröffnen und für Entwickler erst interessant machen.

- Für den Spieler stehen natürlich die Spiele im Vordergrund. Das bedeutet: eine große Auswahl an Spielkonzepten und Franchises ist gefrag. Besonders wichtig sind den Konsumenten dabei vor allem die sogenannten "Triple-A" Titel und exklusiv-linzensierte Spiele. Da muss Apple nachbessern!

- Das Budget und den Willen auch nach Rückschlägen zum Produkt zu stehen. Das gibt Nutzern und Entwicklern die Sicherheit, nicht "auf`s falsche Pferd" zu setzen.

- Ein konkurrenzfähiger Preis.

"Es ist das beste Gerät für portable Spiele!" (Steve Jobs bei der Keynote)

Apple ist mit dem iPhone gut aufgestellt. Es hat die Marktmacht und den nötigen Atem um sich in dem Segment zu positionieren. Im Bereich Konsolen hat Nintendo mit der "wii" vorgemacht wie es richtig geht und nebenbei die Konkurrenz ausgestochen. Ihre Strategie war es den Bereich Gaming mit einfach zugänglichen Spielprinzipien auch für Nutzerschichten attraktiv zu machen, die bisher Spielen eher abgeneigt waren, darunter vor allem Frauen und ältere Nutzer. Apple müsste nun seine Trümpfe ausspielen, um sich diese potentielle Nutzerschaft zu erschließen. Dies sind vor allem der Name "Apple", der für Design mit Anspruch und Benutzerfreundlichkeit steht und die iTunes-Software mit Store als Schnittstelle zwischen User und Gerät.

Bisher wurde das Meiste, was Apple in der jüngsten Vergangenheit angefasst hat, zu Gold. Die Strategie den iPod in eine alles umfassende Kommunikations- und Multimedia-Plattform zu verwandeln mündete in der aktuellen Version des iPhone. Dabei auch das Segment Gaming mit zu integrieren, ist da nur der logische Schritt. Spannend bleibt, wie die großen Konkurrenten und Nutzer nun reagieren werden. So verfolgte Sony mit seiner PSP in der Vergangenheit ein ähnliches Konzept, die Plattform ist in den Augen der Öffentlichkeit jedoch primär ein Spielgerät geblieben.

Was meint ihr?

Traut ihr Apple zu, sich auf dem schwer zugänglichen Markt zu behaupten? Welche Spiele haben auch bei der Keynote gefallen? Würdet ihr überhaupt euer iPhone für Spiele-Anwendungen verwenden?

6x geändert, zuletzt am 10.09.2008 15:43
Kommentare zum Thema (1)
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Apple schottet sich ab - Hohe Hürde für Entwickler
chrispiac antwortet
10.09.2008 22:41
Apple macht es nicht für alle Entwickler interessant für das iPhone/iPod Programme zu schreiben. Zwar gibt es das SDK auch in einer kostenlosen Variante, jedoch gibt man weitgehend seine „Meinungsfreiheit“ mit der Zustimmung der Bedingungen ab. Man darf nicht mal über Projekte/Fähigkeiten mit anderen Programmieren außerhalb der Firma diskutieren!

Jedes Programm für iPhone/iPod kann nur mit iTunes über den iTunes Store vertrieben werden, es gibt keinen freien Wettbewerb. Wenn Jobs Deine Nase nicht passt, werden Deine Programme aus dem Store genommen (siehe Auseinandersetzung mit Sipgate, die ein VoIP Programm für das iPhone entwickelt haben - seltsam das Steve dafür kein Verständnis hat, er hatte vor der Entwicklung und Gründung von Apple selber Umgehungsmechanismen zur Kosteneinsparung im Telefonbereich entwickelt [heute nennt man sowas Neudeutsch „hacken“]).