DE-CIX: Fünf wichtige Technologien für 5G-Funk
Dr. Christoph Dietzel, Head of Products & Research bei DE-CIX
Foto: DE-CIX
Den Begriff DE-CIX haben viele Internet-Enthusiasten schon gehört: Der Bekannteste davon ist der zentrale Internet-Austauschknoten in Frankfurt am Main, wo weltweit aktive Internet-Provider ihre Daten untereinander austauschen können.
Die erste Hälfte dieses turbulenten Jahres hat uns viel gelehrt: Vor allem die Bedeutung von schneller Kommunikation und Vernetzung - und dabei spielt langsam auch die neue 5G-Technologie eine immer wichtigere Rolle.
5G: Fünf essenzielle Technologien für den ökonomischen Einsatz
Dr. Christoph Dietzel, Head of Products & Research bei DE-CIX
Foto: DE-CIX
5G bedeutet mehr als "nur" schnelleres Internet auf dem Smartphone. Diese neue Technologie bietet ein enormes Potenzial für verschiedene Wirtschaftszweige, wie beispielsweise vernetzte Fabriken im Zuge der Industrie 4.0.
Aber auch in der Land- und Bauwirtschaft, im Verkehrssektor, in der Energieerzeugung und in der Medizin gibt es Einsatzszenarien.
Da gehört aber noch mehr dazu, findet Dr. Christoph Dietzel, Produkt- und Forschungschef bei DE-CIX. Er sieht fünf wichtige Technologien, die man dafür braucht.
Mobile Edge Cloud (MEC)
Viele industrielle 5G-Anwendungen erfordern sehr geringe Latenzzeiten (die teilweise unter zehn Millisekunden sein müssen). Das bedeutet, dass die Datenverarbeitung und Speicherung wieder örtlich näher an den Endanwender heranrücken muss. Ein Server in Taka-Tuka-Land wäre viel zu weit weg, die Latenz steigt. Nun fehlen direkt an den Endgeräten meist die nötigen Ressourcen für die Verarbeitung der großen Datenmengen, wie sie beispielsweise von Sensoren gesammelt werden.
Hier kommt die "Mobile Edge Cloud" (MEC) ins Spiel, die am Rande des Netzwerks – also nah an den Endgeräten „on the edge“ montiert wird. Dazu werden weitere Server möglichst nahe vor Ort aufgebaut und stellen dort eigene Rechen- und Speicherkapazitäten bereit.
Der Begriff "Mobil" erklärt sich dadurch, dass sich Anwendungen ohne merkliche Zeitverzögerung von einer Edge Cloud auf eine andere Edge Cloud verschieben lassen, wodurch diese scheinbar "mobil" wirken.
Unternehmen können je nach Wichtigkeit ihrer Anwendungen entscheiden, ob sie eine MEC gemeinsam mit anderen Unternehmen oder privat (exklusive eigene Cloud) verwenden möchten. Eine MEC-Anwendung spielt zum Beispiel im Rahmen der Energiewende eine große Rolle: Smart Grids (= schlaue Netze) stellen das intelligente Stromnetz der Zukunft dar. Eine überschüssige Stromerzeugung von erneuerbaren Energien (z.B. Solarenergie an einem langen, sonnigen Tag) kann gespeichert und bei Bedarf (an bewölkten Tagen) flexibel bereitgestellt werden. Die dafür benötigte Datenspeicherung findet in der Mobile Edge Cloud statt, physisch nah an den intelligenten Zählern, den Endgeräten.
Software Defined Networking (SDN)
Softwaredefinierte Netzwerke (SDN) sind aus der Notwendigkeit entstanden, Netzwerke flexibler und "schneller" zu gestalten. Das Ziel ist dabei Entkopplung der Kontrollebene von der darunterliegenden Datenebene (das waren oft feste Schaltungen oder Geräte, die nur eine einzige oder nur wenige Funktionen beherrscht haben) in Routern und Switches.
Mit SDN ist es möglich, über einen zentralen Controller (den es wirklich gibt oder der als virtuelle Software auf einem System läuft) das komplette Netzwerk aus "SDN-Switchen" (Signal-Schaltern oder -Weichen) zu verwalten und z.B. Datenpakete zu priorisieren - oder wenn nötig - zu blockieren.
Die dadurch gewonnene Übersicht und Kontrolle ist ein Sicherheitsvorteil von SDN, da der Controller den Datenverkehr überwachen und an den einzelnen Switches Sicherheitsrichtlinien bereitstellen kann. Durch die „Softwarisierung“ des Netzwerks ist es zudem möglich, zentral gesteuerte Protokolle anstelle der bisherigen verteilten Protokolle zu nutzen.
Dieser zentralisierte Ansatz und die hohe Flexibilität sollen es erlauben, Netzwerke schnell an komplexere Anforderungen anzupassen. Ein Anwendungsbeispiel sind Campus-Netzwerke, wo bisherige W-LAN- und Ethernet-Netzwerke vereinheitlicht werden müssen und teilweise oder ganz vor Ort durch 5G-Mobilfunk ersetzt werden.
SDN-Controller helfen dabei, das ganzheitliche Campus-Netzwerk zentralisiert und automatisiert zu verwalten, sowie eine verbesserte Sicherheit und Qualität zu gewährleisten.
Network Function Virtualization (NFV)
Immer wieder liest man in internationalen Beiträgen von NFV, der "Network Function Virtualization". Teure und unflexible Hardware-Lösungen werden bei Network Function Virtualization (NFV) durch Software ersetzt, die auf Standard-Hardware wie handelsüblichen Servern läuft, wobei Virtualisierungskonzepte zum Einsatz kommen.
Die Kombination von „Softwarisierung“ und Virtualisierung sorgt für flexiblere Umstellung von Diensten, schnelleren Aufbau von Systemen sowie leichteren Up- und Downgrades (wenn mehr oder weniger Leistung gebraucht wird).
Durch den Einsatz von Standard-Hardware (z.B. Standard Computer auf X86-Basis) lassen sich außerdem die Betriebskosten senken. NFV findet zum Beispiel bei Sicherheitsanwendungen Verwendung, welche die Sicherheit eines Netzwerkes gewährleisten, oder auch bei klassischen Software-Routern.
Service Function Chaining (SFC)
Das "Service Function Chaining" (SFC) ermöglicht den flexiblen und effizienteren Einsatz von Netzwerkfunktionen für verschiedene Anwendungen. Mit NFV können Glieder einer Kette in virtuellen Umgebungen auf jeder kommerziellen Standard-Hardware bereitgestellt werden. SFC – die Verkettung von Netzwerkdiensten – erleichtert praktische Anwendungsfälle, die normalerweise einen kompletten Netzwerk-Service (NS) erfordern, der aus mehreren Servicefunktionen (SF) in einer bestimmten Reihenfolge besteht (z.B. zuerst eine Firewall und dann eine DPI (Deep Packet Inspection), wobei NFV in der Lage sein muss, Pakete in der vordefinierten Reihenfolge zu halten, z.B. bei zeitkritischen Anwendungen).
Der Verkehr (Traffic) in einer SF-Kette durchläuft nacheinander SF-Schnittstellen, die wahrscheinlich auf die verschiedenen physikalischen Rechenknoten verteilt sind. Der Hauptvorteil der Verkettung von Netzwerkdiensten besteht darin, die Einrichtung von virtuellen Netzwerkverbindungen zu automatisieren. Das bedeutet, wenn heute eine neue Anforderung kommt, kann sofort reagiert werden.
Network Slicing
Beim Network Slicing werden mehrere parallel betriebene und unabhängige logische Netzwerke auf derselben physischen Hardware-Infrastruktur betrieben. Der Trick ist aber, dass diese "Scheiben" (englisch Slice) komplett gegeneinander abgeschottet sind. Das soll auch dann funktionieren, wenn auf Slice 1 der Bär steppt, und auf Slice 2, 3, 4... muss weiter ein komplett ungestörter Datenverkehr möglich sein.
Software-definierte Netzwerke und Virtualisierung spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Network Slicing in 5G-Umgebungen. SDN ist die Voraussetzung, um eine frei konfigurierbare Datenebene zu erstellen, auf die verschiedene Anwendungen mit verschiedenen Anforderungen zugreifen können. NFV sorgt für die Verwaltung der Rechen- und Speicherressourcen, die benötigt werden, um unmittelbare Netzwerkfunktionen bereitzustellen.
Ein Fazit
Der 5G-Funkstandard bietet ohne Frage großes Potenzial für die Industrie und auch andere Bereiche der Wirtschaft. Doch irgendwann geht das Funksignal ins feste Netz und dahinter muss ebenfalls die passende Technik bereit stehen.
Wer ist DE-CIX?
DE-CIX ist ein weltweit wichtiger Betreiber von Internetknoten und feiert dieses Jahr sein 25. Jubiläum. Er wurde 1995 in Betrieb genommen. Der DE-CIX in Frankfurt am Main ist mit mehr als neun Terabit pro Sekunde (Tbps) der Internet Exchange (IX) mit dem weltweit höchsten Datendurchsatz in Spitzenzeiten. Seine technische Infrastruktur hat eine Gesamtkapazität von 48 Terabit.
Insgesamt bedient DE-CIX an seinen über 20 Standorten in Europa, dem Nahen Osten, Asien und Nordamerika über 1900 Netzbetreiber, Internet Service Provider (ISP) und Content-Anbieter aus mehr als 100 Ländern mit Peering und Interconnection Services.