Nach Corona: Schluss mit Filmpremieren im Streaming?
WarnerMedia Studios-CEO Ann Sarnoff will Produktionen ab 2022 wieder zuerst im Kino zeigen
Foto: WarnerMedia
Das Thema Kinopremieren im Streaming ist ein heißes Eisen. Während sich viele Filmfans freuen, den brandneuen Blockbuster direkt ins Wohnzimmer zu streamen, ist die Enttäuschung bei anderen Cineasten wiederum groß: Sie vermissen das große Leinwand-Erlebnis mit Cola und Popcorn.
Entscheidend ist natürlich die Frage, wie sich die Major Studios nach der Pandemie verhalten. Kommen Blockbuster-Premieren zurück ins Kino oder bleibt es tatsächlich dauerhaft bei der Erstauswertung im Streaming? Einige Hinweise deuten bereits darauf hin, dass der Abgesang auf das Kino ein deutlicher Fehlschluss sein könnte.
Gute Margen auf der Leinwand
WarnerMedia Studios-CEO Ann Sarnoff will Produktionen ab 2022 wieder zuerst im Kino zeigen
Foto: WarnerMedia
Einen Blockbuster zuerst auf die Kinoleinwand zu bringen ist für Studios nach wie vor ein sehr gutes Geschäft. Die Margen sind besser als im Streaming und Zuschauer sind dort bereit, mehr zu zahlen. Beispiel Premier Access auf Disney+: Hier kostet der Zugang 22 Euro je Filmpremiere. Bei solchen Preisen lohnt es sich aber schon genau nachzurechnen. An einem günstigen Kinotag kann man dem Film inklusive Popcorn und Cola zum gleichen Preis womöglich auf der großen Leinwand sehen. Warum sollte man dann noch im Wohnzimmer streamen?
Entscheidend ist: Kinobesucher zahlen nicht nur für den Film, sondern vor allem für das Kinoerlebnis. Darüber hinaus sind Streaming-Zuschauer, wie man in der Branche so schön sagt, "weniger werthaltig". Das bedeutet konkret: Viele Streaming-Abonnenten sind eher Sparfüchse, die eine monatlich kündbare Film- und Serienflatrate für unter zehn Euro suchen. Und eben solche Kunden lassen sich nur schwer überzeugen, für eine Filmpremiere 20 Euro und mehr zusätzlich zum Monatspreis auszugeben.
Warner will ab 2022 wieder Kino-Erstauswertung
Als WarnerMedia im Dezember 2020 die Erstauswertung seiner Produktionen auf HBO Max ankündigte, zeigte sich die Branche über diese Entscheidung wenig erfreut. Starregisseure wie Christopher Nolan (Inception) und Dennis Villeneuve (Blade Runner 2049) kritisierten die Entscheidung des Studios öffentlich, doch für WarnerMedia-Studio-Chefin Ann Sarnoff gab es keine Alternative: "Wir wissen, dass neue Inhalte das Lebenselixier für Kinos sind. Aber wir müssen dies mit der Realität in Einklang bringen, dass die meisten Theater in den USA wahrscheinlich bis 2021 mit reduzierter Kapazität arbeiten werden."
Allerdings sieht man bei Warner offensichtlich bereits Licht am Ende des Tunnels. Ab 2022 feiern Filme von Warner Bros. wieder ihre reguläre Kinopremiere, ganz sicher gilt dies auch bei der weltweit zweitgrößten Kinokette Cineworld. Diese hatte erst kürzlich einen Erstauswertungsvertrag mit Warner in den USA geschlossen und kann somit alle Warner-Filme bis zu 45 Tage vor dem Streaming auf HBO Max zeigen. Insbesondere Mitbewerber AMC Theatres (UCI Kinowelt) hatte die Streaming-Erstauswertung ebenfalls heftig kritisiert und dürfte ebenso an entsprechenden Verträgen interessiert sein.
Wie reagiert der Wettbewerb?
Bei Disney dürfte sich auch durch die aktuelle Entscheidung von Warner nicht viel ändern. Im Rahmen von Premier Access werden Titel aktuell zeitgleich zur Kinoauswertung angeboten, allerdings sind die Streaming-Preise wie gesagt nicht attraktiv genug, um den Kinos das Wasser abzugraben. ViacomCBS will seine Kino-Blockbuster bis zu 45 Tage nach der Kinopremiere für Abonnenten von Paramount+ gratis anbieten.
Ob dies jedoch auch nach der Pandemie zum Dauerzustand wird, ist zumindest sehr zweifelhaft, denn damit würde ViacomCBS wohl nicht nur den Kinos, sondern auch sich selbst schaden. Vermutlich ist das eher eine Marketing-Aktion, um möglichst viele neue Abonnenten für den Streamer zu gewinnen. Mittelfristig wird der US-Medienkonzern mit den Produktionen seiner Tochter Paramount Pictures auch wieder Geld an der Kinokasse sehen wollen, mindestens aber für Blockbuster-Premieren auf Paramount+ zusätzlich kassieren. Alles andere wäre wohl eine große Überraschung, denn letztendlich geht es natürlich wie bei allen Unternehmen nicht um den Filmspaß der Zuschauer, sondern um (möglichst viel) Umsatz.
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