o2: Ab 2026 könnte Holographie-Telefonie marktreif sein
Auftritte wie in "Star Trek" bleiben erstmal Science-Fiction, aber einen Schritt in diese Richtung will der Mobilfunker o2 in einigen Jahren wagen: Bei Hologramm-Anrufen sollen Gesprächspartner so zu sehen sein, als stünden sie gerade vor einem.
"In zwei bis drei Jahren dürfte die Marktreife des Produkts erreicht sein", sagte der Technikchef von Telefónica Deutschland, Mallik Rao, der Deutschen Presse-Agentur in München. Dann werde man die Technologie in das eigene System integriert und ausreichend getestet haben. "Wir wollen mit Firmenkunden anfangen und es im zweiten Schritt auch für den Massenmarkt anbieten."
Test-Telefonat zum VIAG/o2-Geburtstag
Macht auch mit VR-Brille eine gut Figur: Markus Söder (bayrischer Ministerpräsident)
Foto: Bert Willer / o2Telefónica
o2 testet die Holografie, bei der Virtual-Reality-Brillen (VR)
genutzt werden, derzeit auf seinem Campus in München. Dort feiert das
Unternehmen heute das 25-jährige Bestehen seines Netzes.
Bekanntlich war der Vorläufer von o2 im Jahre 1998 unter dem damaligen Markennamen Viag Interkom gestartet. Beim Jubiläum schaute als Gast Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vorbei, der dann auch ein Hologramm-Telefonat führen durfte. Sein Gesprächspartner war Florian Bogenschütz, CEO von Wayra, der sich real im Innovationslabor von o2 Telefónica fünf Kilometer vom o2-Tower entfernt in der Münchener Altstadt befand. Die Verbindung lief über eine geschützte Netzumgebung.
Allzu begeistert wirkte Söder nicht: Seine Frage, was denn der Vorteil im Vergleich zu Videochats seien, ließ Zweifel am Nutzen erkennen. Beim Ausprobieren merkte er an, dass VR-Brillen unpraktisch und klobig seien. Außerdem scherzte der CSU-Politiker, dass die Frisuren der Damen dadurch kaputtzugehen drohten. Den Hinweis, dass Holografie zum Beispiel in den Medien hilfreich wäre, nahm Söder hingegen positiv auf.
Diskussion über Chancen und Herausforderungen
Im Rahmen einer Mitarbeiter-Veranstaltung von o2-Telefónica diskutierte Markus Söder mit o2-Chef Markus Haas unter der Leitung von Birgit Dengel über "Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung". Das Hologramm-Telefonat war dabei Bestandteil der Diskussionsrunde.
Söder kündigte die "Hightech Agenda Bayern" an: ein einmaliges Forschungsprogramm mit über 5 Milliarden Euro - im Wesentlichen für Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI). Dabei entstehen Startups und Unternehmen, diese kämen "zu uns" (nach Bayern), "wegen des kreativen Umfelds, das auch o2 nützt und gestaltet". Söder grautlierte herzlich zum Geburtstag von o2.
Branche arbeitet an Standards
Beim Holographie-Telefonat auf der Gegenseite: Florian Bogenschütz
Foto: o2-Telefónica
Seit vergangenem Jahr läuft ein Projekt der deutschen Handynetzbetreiber Telekom, Vodafone und o2 sowie dem französischen Marktführer Orange (frühere France Telecom) und des japanischen Technologie-Start-ups Matsuko, um Standards für Verbindungen zwischen den Netzen zu definieren. Das soll ermöglichen, dass Holografie nicht nur innerhalb eines Netzes möglich ist, sondern netzübergreifend, also zum Beispiel von einem o2-Kunden zu einem Vodafone-Kunden.
Separat voneinander arbeiten die Mobilfunker daran, um Holografie in ihrem Netz zu ermöglichen. Man komme gut voran, sagt der o2-Innovationsmanager Karsten Erlebach. "Wir machen testweise die ersten Hologramm-Konferenzen, aber die Technologie muss noch weiterentwickelt werden." Der Funkstandard 5G ist wichtig für Holografie, sie ist aber auch mit Glasfaser-Festnetz möglich.
Wo steht die Konkurrenz?
Diskussion im o2-Tower in München: Markus Haas, Markus Söder, Birgit Carolina Dengel (v.l.)
Bert Willer / o2-Telefónica
Ein Vodafone-Sprecher sagt, man prüfe mit Matsuko die Alltagsfähigkeit von Hologramm-Telefonie: "Zuletzt haben wir mit weiteren Partnern erstmals unter Livebedingungen ein
interkontinentales Hologramm-Telefonat zwischen Teilnehmern in Großbritannien, Kanada und den USA geführt."
Eine Telekom-Sprecherin bestätigte, man forsche und teste die Technologie. "Aber bis zur Marktreife von Hologramm-Technologie ist es noch ein Stück Weg zu gehen."
Unterschiedliche Arten der Holografie
Es gibt verschiedene Holografie-Versionen. Bei der, die am weitesten entwickelt ist, setzt der Anrufer eine Virtual-Reality-Brille auf und sieht dann ein 3D-Abbild des Angerufenen, der in sein Smartphone oder Tablet guckt. Eine Kamera nimmt ihn auf. Eine Software von Matsuko entwickelt mit den Aufnahmen ein 3D-Abbild, das in der VR-Brille des Anrufers erscheint. Der Angerufene sieht seinen Gegenüber allerdings nicht in 3D. Möglich ist zwar, dass sich beide Anrufer eine VR-Brille aufziehen und beide ein 3D-Abbild vor sich haben. Beide Abbilder sind dann aber mit VR-Brille zu sehen, ihre Augen sind also verdeckt.
Eine weitere Holografie-Art ist eine Anwendung bei Gruppengesprächen
oder Konferenzen. Die Menschen gucken ohne Brille in Tablets oder
Smartphones und sehen auf deren Bildfläche die Gesprächsteilnehmer,
als würden diese Abbilder vor ihnen sitzen - im selben Raum auf der
anderen Seite des Tisches. Das soll dreidimensional wirken,
allerdings dürfte der Effekt mangels VR-Brille begrenzt sein.
Schnitten gemeinsam die Geburtstagstorte an: o2-Chef Markus Haas (seit VIAG Interkom dabei) und Ministerpräsident Markus Söder (r.)
Bild: Bert Willer / o2-Telefónica
Für die Übermittlung eines Hologramms ist Erlebach zufolge eine
Bandbreite von 20 Megabit pro Sekunde nötig. "Das ist machbar und
weniger, als beim Streaming von hochauflösenden 4K-Filmen gebraucht
wird." Damit das 3D-Abbild ruckelfrei zu sehen ist, müssen 35 Bilder
pro Sekunde übertragen werden - das sei mit "5G-Standalone" - also
reinem 5G ohne 4G-Technik - gut möglich.
o2 und Bitkom sehen großes Potenzial
Aber hat Holografie überhaupt das Zeug zum Massenphänomen - oder ist es nur etwas für ausgewiesene Technikfans? Erlebach ist von dem Potenzial überzeugt. Am Anfang würden wohl vor allem Firmen zugreifen und virtuelle Meetings veranstalten, in denen Hologramme ein Gefühl von Nähe vermitteln könnten.
Auch der Digitalverband Bitkom betont die Vorteile der Technik. "Die Kommunikation mit Menschen, die sich an anderen Orten befinden, wird durch Hologramm-Telefonie realistischer", sagt der Bereichsleiter Consumer Technology, Sebastian Klöß. Hologramme könnten den Eindruck erwecken, dass das Gegenüber sich im selben Raum befinde, auch wenn es sich woanders aufhalte. "Das fördert die ortsübergreifende Zusammenarbeit im beruflichen Kontext genauso wie den persönlichen Kontakt zu Freundinnen, Freunden und der Familie." Mimik und Gestik könnten besser transportiert werden. "Die Technologie bietet damit die Chance, auch über große Entfernungen hinweg einen emotionaleren, realitätsnäheren Austausch zu ermöglichen", sagt Klöß.
Für starken dreidimensionalen Flair wird man eine VR-Brille brauchen, es ist also Zusatzgerät nötig. Das kostet. Zu den Anbietern gehören Microsoft, Meta und Apple. Der Preis der Meta Quest 3 liegt bei mehr als 500 Euro. "Die Qualität der Brillen wird von Modell zu Modell besser, und die Preise sinken tendenziell", sagt Erlebach.
Echte Hologramme sind noch Zukunftsmusik
Hologramme, wie man sie aus "Star Trek", "Star Wars" und anderen Science-Fiction-Filmen kennt, sind nach seiner Einschätzung noch Zukunftsmusik. In solchen Werken erscheinen Bilder von Menschen plötzlich mitten im Raum und sind für alle gut sichtbar, auch ohne VR-Brille. Man könne zwar Nebel oder Gaze - transparenten Stoff - von unten so anstrahlen, dass dreidimensionale Bilder entstehen, sagt o2-Manager Erlebach. "Das ist aber sehr kostspielig."
Für die Einführung der Holografie in der Telekommunikation seien solche Hilfsmittel daher nicht geeignet. "Das ist etwas für visuelle Effekte bei Shows auf der Bühne, aber nichts für das persönliche Gespräch."
Die bewegte Geschichte von VIAG Interkom (heute o2) haben wir nachgezeichnet.