45 Tage: Comcast präsentiert neue Streaming-Strategie
Über die Streaming-Pläne von Comcast wurde schon länger spekuliert, insbesondere das Lineup für den Deutschlandstart ist noch immer ein gut gehütetes Geheimnis. Dass der Katalog vor allem auch Inhalte des eigenen Hollywood-Studios Universal Pictures enthält, liegt auf der Hand. Spannend ist aber besonders die Frage, wie schnell es Universal-Blockbuster von der Leinwand ins Streaming schaffen oder ob ein exklusives Auswertungsfenster für Kinobetreiber womöglich sogar vollkommen entfällt. Nun hat Comcast das Geheimnis gelüftet. Wirklich schmecken dürfte es den Kinomanagern allerdings nicht.
Nur 45 Tage für Kinos
"The Boss Baby" gibt es bald exklusiv bei Peacock
Foto: DreamWorks Animation
Das exklusive Auswertungsfenster setzt Comcast ab 2022 bei 45 Tagen an. Bedeutet konkret: Kinobetreiber haben weniger als zwei Monate, um Universal-Blockbuster auf die Leinwand zu bringen und von entsprechenden Umsätzen zu profitieren. Danach sind die Filme ebenfalls allen Streaming-Kunden bei Peacock zugänglich. Entscheidend ist dabei: Die neue Regel gilt nicht nur für Universal Pictures, sondern ebenso für Focus Features, Illumination und DreamWorks Animation.
Comcast nennt in diesem Zusammenhang aktuelle Blockbuster wie "The Boss Baby: Family Business" oder "Halloween Kills". Dazu Kelly Campbell, Präsidentin von Peacock: "Wir freuen uns, auf Peacock exklusive Blockbuster und Franchises bereits 45 Tage nach ihrem Kinostart zeigen zu können. Dazu gibt es das ganze Jahr über frischen Nachschub unserer Originals für Peacock-Kunden". Mit den nun vorgestellten Plänen verfolgt Comcast eine ähnliche Strategie wie WarnerMedia und ViacomCBS. Beide US-Medienkonzerne bringen ihre Studioblockbuster ebenfalls zeitnah zur Kinopremiere ins Streaming.
Kinobetreiber verärgert
Kritik an den Auswertungsplänen von Comcast ist bereits sicher, schon in der Vergangenheit gab es diesbezüglich einen erbitterten Streit zwischen dem Studio und der weltweit größten Kinokette AMC Theatres. Deren CEO Adam Aron wollte aus Verärgerung über Comcasts Streaming-Pläne kurzerhand alle Universal-Produktionen aus dem Programm nehmen. Ein umstrittener Schritt, immerhin hätte dies auch AMC Theatres selbst langfristigen Schaden zugefügt.
Auch wenn es aktuell nicht so aussieht, sitzen die Kinobetreiber dennoch am längeren Hebel. In den Kinosälen wird nach wie vor ein Großteil der Auswertungsumsätze generiert. Ein wirklicher Blockbuster erzielt in großen Multiplex-Ketten alleine am Premieren-Wochenende schnell Millionen. Hinzu kommen zusätzliche Einnahmen aus Merchandising oder dem Verkauf von Snacks und Getränken in den Kinos. Auf die Umsatzbeteiligung aus Lizenzen werden die wenigstens Studios verzichten wollen, zumal die Kinos für entsprechende Filme eine zusätzliche Werbefläche bieten.
Strategie bleibt Kompromiss
Es ist klar erkennbar, dass US-Studios mit dem 45-Tage-Auswertungsfenster einen Interessenausgleich mit den Kinos suchen. Insgesamt scheint der Kompromiss vertretbar, denn wer einen Blockuster wirklich sehen will, geht auch innerhalb von vier Wochen ins Kino. Kleinere Lichtspielhäuser dürften Blockbuster aufgrund weniger Säle ohnehin früher aus dem Programm nehmen, das war schon bislang eine übliche Praxis.
Große Multiplex-Ketten wie Cineworld, AMC Theatres oder Vue Entertainment haben darüber hinaus auch eine entsprechende Marktmacht, um mit den Studios besondere Verträge auszuhandeln. Sie könnten zum Beispiel Preise für Lizenzkosten drücken oder vereinzelte Filme über das 45-Tage-Fenster hinaus vor der eigentlichen Premiere in den anderen Kinos zeigen. In Deutschland teilen sich vor allem AMC Theatres (UCI Kinowelt) und Vue Entertainment (Cinemaxx) den Markt.
Disney+ sorgte bei der Multiplex-Kinokette Cineworld bereits für erhebliche Einspielverluste.