Streaming

Zeitlose Serienlieblinge: "Originals" oder Lizenz-Serien?

Netflix hat mit seinen Origi­nals bewiesen, dass Strea­ming-Dienste hoch­wertige Inhalte selbst produ­zieren können. Doch ist dieses Geschäfts­modell wirk­lich nach­haltig oder sollten SVoD-Anbieter lieber bekannten Content lizen­zieren?
Von Björn König

Kommt nicht außer Mode: Die Sitcom "Friends" Kommt nicht außer Mode: Die Sitcom "Friends"
Foto: NBCUniversal
Vorbei sind die Zeiten, in denen Netflix den Strea­ming-Markt beherrschte. Mittel­fristig plant fast jedes große Holly­wood-Studio seine Inhalte über einen eigenen SVoD-Service an die Zuschauer zu bringen. Wer am Ende das Rennen macht, entscheidet sich über zwei Faktoren: Preis und Inhalte. Soge­nannte "Origi­nals", also exklu­sive Serien und Filme, werden für Strea­ming-Dienste immer wich­tiger. Der Anteil eigen­produ­zierter Inhalte am Gesamt­katalog von Netflix ist seit dem Deutsch­land-Start im Jahr 2014 konti­nuier­lich gestiegen. Dabei geht es aber natür­lich nicht nur um Exklu­sivität, sondern insbe­sondere auch darum, sich aus Lizenz­verträgen mit anderen großen Holly­wood-Studios zu befreien.

Es ist nämlich prak­tisch unmög­lich, für einen Holly­wood-Block­buster globale Lizenzen zu erwerben. Doch genau die müsste Netflix besitzen, um in jedem Land zu glei­cher Zeit einen iden­tischen Katalog anbieten zu können. Nun stellt sich aber die Frage, ob Eigen­produk­tionen tatsäch­lich auf Dauer wirt­schaft­licher als die Subli­zenzie­rung von Inhalten ist. Kann ein Strea­ming-Dienst wie Netflix ausschließ­lich mit exklu­siven Inhalten punkten?

Lizenz­ware ist beliebt

Kommt nicht außer Mode: Die Sitcom "Friends" Kommt nicht außer Mode: Die Sitcom "Friends"
Foto: NBCUniversal
Fakt ist: Eine der gefrag­testen Serien auf Netflix war nicht etwa "Stranger Things" oder "The Crown", obwohl gerade diese Produk­tionen im Mittel­punkt aller Medi­endis­kussionen standen. Tatsäch­lich aber schauten Abon­nenten beson­ders gerne "Friends", eine Sitcom aus den 1990er-Jahren, welche bereits in zahl­reichen Free-TV-Wieder­holungen rauf und runter­gespielt wurde. Man mag mit einem gewissen Schmun­zeln hinter­fragen, warum ausge­rechnet eine solche Serie nach so langer Zeit noch beliebt ist. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Sitcom prak­tisch nur in drei unter­schied­lichen Kulissen gedreht wurde und damit schon im Hinblick auf ihren Produk­tions­aufwand in keinem Verhältnis zu anderen Netflix-Origi­nals steht.

Doch offen­sicht­lich weiß man in Holly­wood um den Wert solcher Shows. So hatte WarnerMedia kürz­lich die Rechte an "Friends" für sagen­hafte 425 Millionen US-Dollar erworben. Sie soll dann für fünf Jahre beim neuen Strea­ming-Dienst HBO Max zu sehen sein, mit dem Warner ab 2020 inter­national an den Start geht.

Falsche "Origi­nals"

Was eigent­lich genau "Origi­nals" sind, scheint von den großen Strea­ming-Diensten durchaus nicht einheit­lich gekenn­zeichnet zu sein. So wirbt beispiels­weise Amazon in Deutsch­land bei der Star Trek-Serie "Picard" damit, es handele sich um ein Amazon Original, wobei die Rechte an allen Star Trek-Serien zumin­dest in den Verei­nigten Staaten seit der Origi­nalserie aus den 1960er-Jahren stets bei CBS lagen. Es geht also offen­sicht­lich auch darum dem Zuschauer zu sugge­rieren, er bekäme einen bestimmten Inhalt exklusiv bei einem Anbieter, obwohl dieser auch nur vorüber­gehend oder für ganz spezi­elle Märkte im Besitz entspre­chender Rechte ist.

Dabei ist es eigent­lich genau dieses Wirr­warr, welches durch Eigen­produk­tionen beendet werden sollte. Dennoch, selbst Netflix kann und will offenbar nicht voll­ständig auf Lizenz­ware verzichten. CEO Reed Hastings weiß genau, dass eine solche Stra­tegie auf Dauer nur Zuschauer in die Arme anderer Mitbe­werber treiben würde.

Es bleibt beim Mittelweg

Eine gute Mischung aus Eigen­produk­tionen und Lizenz­ware dürfte wohl auf Dauer der Königsweg für alle Strea­ming-Dienste bleiben. Die Frage ist nur, was diese Stra­tegie kostet. Natür­lich ist eine Serie wie "Friends" extrem beliebt, doch für deren fünf­jährige Ausstrah­lungs­rechte 425 Millionen US-Dollar auf den Tisch zu legen, scheint alles andere als ökono­misch. Lachender Dritter ist in diesem Falle womög­lich Disney: Deren Chef Bob Iger hatte bereits deut­lich gemacht, wie wenig ihn das Thema Lizenz­ware inter­essiert.

Laut Ankün­digung soll der komplette Disney-Katalog voraus­sicht­lich dauer­haft im Angebot von Disney+ verfügbar bleiben. Übri­gens gilt dies dann nicht nur in den Verei­nigten Staaten, sondern welt­weit. Aller­dings kann Iger sich diese Aussage auch recht einfach erlauben, denn Konkur­renten wie Apple sind mit Blick auf den Umfang ihrer Ange­bote noch Licht­jahre von Disney entfernt.

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