Ratlosigkeit

Mobilfunk: Viele neue Standards verwirren Kunden

Jeder Hersteller setzt auf eine andere Technologie - die Verbraucher retten sich in Verweigerung
Von Marie-Anne Winter

Bei den Mobilfunkausstattern herrscht Ratlosigkeit. Zur CeBIT zeigen die Anbieter Uneinigkeit in Sachen Technologie: Während Nokia auf den SMS-Nachfolger MMS (Multimedia Message Service) setzt, unterstützen die neuen Philips-Handys diese Anwendung nicht. Ein ähnliches Bild bei Bluetooth: Die meisten Handy-Hersteller wollen ihre Neugeräte mit dem Funknetzwerk-Standard ausstatten. Nur Samsung hält das Format für unausgereift und wartet ab. Netzbetreiber E-Plus wiederum geht ganz neue Wege und will den japanischen i-Mode-Standard nach Europa holen - den unterstützt aber noch keiner der großen Handy-Hersteller. Die Folge: Der Kunde ist verwirrt und verweigert sich den neuen Technologien.

Beispiel UMTS: Bisher ist nur jeder Dritte bereit, umzusteigen. Tiefer in die Tasche greifen als bisher wollen die Endkunden für den Mobilfunk der Zukunft schon gar nicht. Für zwei Drittel gilt: Die monatliche Handy-Rechnung darf 50 Euro nicht übersteigen. Das ergab eine Internetbefragung der Mummert + Partner Unternehmensberatung. 25 Prozent der Befragten würden bis zu 100 Euro ausgeben, zehn Prozent mehr als 100 Euro.

T-Mobile und Viag Interkom haben den UMTS-Start auf die zweite Hälfte 2003 verschoben. Der Grund: Im Testlabor funktioniert die neue Technologie mehr schlecht als recht. Unterdessen warten die Mobilfunkfirmen mit immer neuen Standards auf - die Beschleuniger-Technologien General Packet Radio Service (GPRS) und High Speed Circuit Switched Data (HSCSD) werden als zu teuer empfunden und nicht von allen Geräten unterstützt. WAP ist zu langsam und findet daher kaum Zuspruch. WAP-Nutzer sind aber eher (64 Prozent) bereit, auf UMTS umzusteigen. Allerdings machen die WAP-Nutzer nur einen Anteil von knapp 30 Prozent aller Kunden aus.

Doch statt zu handeln, tritt die Branche auf der Stelle: Nur wenige Telekommunikationsunternehmen - vor allem die UMTS-Lizenzinhaber - engagieren sich in größerem Umfang. Lediglich knapp die Hälfte (46 Prozent) hat UMTS bis 2004 überhaupt auf dem Investitionsplan. Auch hinsichtlich der Profitabilität sind Experten pessimistisch. Nur etwas mehr als die Hälfte (56 Prozent) erwartet innerhalb von fünf Jahren Profite, beispielsweise beim mobilen Internet.

Diese Ergebnisse stimmen durchaus mit der pessimistischen Grundstimmung überein, die sich derzeit in der Branche breitmacht. Es gilt, folgenden Teufelskreis zu durchbrechen: Wenn es nicht gelingt, die Kunden zu überzeugen, dass ihnen neue Technologien einen Mehrwert bringen, dann werden sie sich nicht dafür interessieren - und schon gar nicht zahlen. Das wissen die Unternehmen ganz genau und sparen deshalb an Investitionen, weil sie nicht wissen, ob sie das Geld je wieder einnehmen werden. Wenn aber aufgrund mangelnder Investitionen die Technologien nicht zum Laufen gebraucht werden, dann werden sich die Verbraucher bestätigt fühlen, dass das neumodische Zeug nichts taugt und es ablehnen, wodurch dann wiederum kein Geld für den Ausbau und die Verbessrung der neuen Angebote da ist. Und dann ist genau das passiert, wovor die Branche jetzt zittert: Dass der Hoffnungsträger UMTS zum größten Flop der Mobilfunkgeschichte wird.