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Editorial: Die Kölner Einschränkungen

Urteile des VG Köln behindern die Telekom-Wettbewerber wesentlich
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Es ist derzeit nicht leicht, Wettbewerber der Deutschen Telekom zu sein. Zwar hat diese erst letzte Woche den Rekordverlust von 24,5 Milliarden Euro gemeldet. Doch heißt das, dass man endlich Altlasten wie UMTS-Lizenzen und Voicestream aus der Bilanz geschmissen hat. Damit dürfte die Ertragswende aber kurz bevor stehen, so dass künftige Quartale wieder mit schwarzen Zahlen abgeschlossen werden. Die hohen Abschreibungen bewirken auch keine neuen Schulden - die überteuerten Kaufpreise für UMTS-Lizenzen oder Voicestream sind längst bezahlt.

Doch zurück zu den Telekom-Konkurrenten: (Fast) alle sind darauf angewiesen, zumindest einen Teil ihrer Leistungen bei der Deutschen Telekom einzukaufen. Die wichtigsten Vorleistungen sind:

  • Zuführung und Terminierung von Gesprächen aus dem Telekom-Festnetz (Call-by-Call, Pre-Selection)
  • Teilnehmer-Anschlussleitungen ("letzte Meile")
  • Mietleitungen bzw. Standleitungen (64 kBit/s, 128 kBit/s, 2 MBit/s oder schneller)
  • Abrechnung von Leistungen gegenüber Telekom-Endkunden
Selbst Unternehmen wie Vodafone oder E-Plus, die in Deutschland Milliarden in ein eigenes Netz investiert haben, kommen nicht ohne solche Leistungen aus. Wenn ein Mobilfunk-Kunde eine Festnetz-Nummer anruft, muss das Gespräch nämlich durchs Telekom-Festnetz zum Endkunden zugestellt werden. Es würde wenig Sinn machen, wenn die Mobilfunk-Netzbetreiber jedem Festnetz-Kunden einen zweiten Telefonanschluss legen, damit dieser auch von den Mobilnetzen aus erreichbar ist. Unternehmen, die Leistungen im Festnetz-Bereich anbieten, sind von den genannten Vorleistungen noch mehr abhängig.

So wiegt es schwer, dass in den letzten fünf Wochen das Verwaltungsgericht Köln gleich dreimal Entscheidungen der Regulierungsbehörde bezüglich dieser Vorleistungen eingeschränkt hat. In zweien dieser Urteile ging es um die Lieferfristen für Mietleitungen und Teilnehmer-Anschlussleitungen. Im dritten Urteil geht es um das Inkasso.

Durch die langsame Bereitstellung von Leitungen kann die Deutsche Telekom die Konkurrenz in vielen Fällen erheblich gängeln. Wenn beispielsweise die Leitung zur Anbindung eines Kunden benötigt wird, dann bekommt der Kunde den Eindruck, dass das alternative Unternehmen "langsam" sei und ihn "hängen" lasse. Führt das alternative Unternehmen gegenüber dem Kunden aus, dass es die Telekom sei, die hier verzögere, dann fragt sich der Kunde am Schluss hingegen, warum er überhaupt wechselt, wenn das Ergebnis ist, dass er weiterhin vom Telekom-Service abhängt - der aber jetzt noch unfreundlicher ist, als sonst, weil er ja für einen Dritten arbeiten muss.

Fraglich ist allerdings auch, warum derartige Verfahren überhaupt über die Regulierungsbehörde laufen müssen. Denn über allgemeine Leistungsstörungen sollten möglichst die Gerichte vor Ort entscheiden. Wenn ein Auto zu spät geliefert wird oder nach 10000 Kilometern bereits kaputt geht, und es darüber zum Streit zwischen Hersteller und Kunde kommt, dann läuft das entsprechende Verfahren ja auch nicht vor dem Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg, sondern vor einem "ganz normalen" Gericht.

Die Regulierungsbehörde kann und darf folglich nur dann eingreifen, wenn das Fehlverhalten der Deutschen Telekom systematisch beobachtet werden kann. An diesem Grundsatz scheiterte die Regulierungsbehörde vor dem Verwaltungsgericht Köln. Bei den Standleitungen entschied das Gericht, dass der Telekom keine Bearbeitungsfristen auferlegt werden dürfen, die sie teilweise nicht einmal konzernintern schafft. Bei den Teilnehmer-Anschlussleitungen wurde bemängelt, dass die Regulierungsbehörde in ihrem Beschluss überhaupt nicht die Frage erörtert, ob die Wettbewerber derzeit gegenüber den eigenen Kunden benachteiligt werden.

Hier sollten sich die Konkurrenten nun fragen, ob sie durch ihre dauernde Lobby-Arbeit gegen die "böse Telekom" nicht genau die Situation provoziert haben, die nun eingetreten ist. Zwar gibt die Regulierungsbehörde den Konkurrenten in vielen Beschlussverfahren Recht, doch nutzt dieses wenig, wenn die Entscheidungen wegen formaler Fehler von den Gerichten wieder kassiert werden. Die Regulierungsbehörde sollte sich daher möglichst aus solchen Einzelentscheidungen heraushalten, und stattdessen die Kontrahenten möglichst an die regulären Gerichte verweisen. Verzögerte Bereitstellung von Vorleistungen, um einen Konkurrenten zu behindern, dürfte nämlich nicht nur gegen §33 TKG [Link entfernt] verstoßen, sondern auch allgemein gegen das UWG. Wettbewerbssachen nach UWG werden von den Gerichten aber zumeist binnen Wochen per Einstweiliger Verfügung entschieden. Wird dabei bei der Überprüfung eines konkreten Einzelfalls festgestellt, dass eine Verletzung der Wettbewerbsregeln vorliegt, wird dem Verletzer angedroht, bei nochmaliger Verletzung eine Strafe zu zahlen.

Schwieriger ist die Situation bei den Abrechnungsfragen. Hier ist die Regulierungsbehörde tatsächlich verpflichtet, genau zu entscheiden, welche Leistungen über die Telekom-Rechnung abgerechnet werden dürfen, und welche nicht. Dazu muss sie auch - unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts - die Gesetze und Verordnungen auslegen. Als §15 TKV [Link entfernt] formuliert wurde, waren Mehrwertdienste noch nicht so wichtig wie heute. Folglich wurde §15 TKV speziell für Call-by-Call formuliert. Dieses später auf die Mehrwertdienste zu erweitern, ist zwar konsequent, beinhaltet aber auch die Gefahr, dass hier engstirnige Richter später anders entscheiden, wie es nun geschehen ist. Deswegen sollte die Regulierungsbehörde einen intensiven Kontakt zum Gesetzgeber halten, damit solche Auslegungsfragen künftig nicht durch durch Anordnungen der RegTP, sondern durch Änderungen der zugrundeliegenden Verordnungen geklärt werden. Letzteres bietet deutlich mehr Rechtssicherheit.