Hintergrund

Überblick: Multimedia auf dem Handy

Das Mobiltelefon als Fernseher, Musik-Player oder Fotoapparat
Von Björn Brodersen

Während den Musik-Downloads eine glänzende Zukunft vorausgesagt wird, kommt der digitale Rundfunk nur schwer aus den Startlöchern. Hinderlich für digitales Radio oder Fernsehen auf dem Handy ist unter anderem das Nebeneinander von mehreren, nicht miteinander kompatiblen Plattformen. Dabei kann man zurzeit in Deutschland von einem regelrechten Nord-Süd-Gefälle sprechen: Die fünf nördlichen Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Niedersachsen favorisieren den DVB-T-Standard (Digital Video Broadcasting) mit der Handheld-Variante DVB-H, die auch für den Hörfunk eingesetzt werden kann. Der Rest der Republik setzt dagegen auf den DAB-Standard (Digital Audio Broadcasting) mit seiner Erweiterung DMB (Digital Multimedia Broadcasting), das DAB um audiovisuelle und interaktive Inhalte erweitert.

Das mit Millioneninvestitionen geförderte DAB-System, das guten Klang in CD-naher Qualität bieten kann, fristet hierzulande immer noch ein Schattendasein. Dabei bietet DAB den Vorteil, leichter flächendeckend ausgebaut werden zu können, da es dabei nicht wie bei dem DVB-Standard zu einem Flickenteppich vieler kleiner Sendenetzinseln kommt. Bei DMB erfolgt die Datenübertragung entweder per Satellit oder terrestrisch, dabei werden effizientere Kodierungsverfahren genutzt, die aber abwärts zu DAB kompatibel sind. Den Prototypen eines Handys, das neben dem GSM-Mobilfunk auch den Empfang von Fernsehprogrammen via DMB-Standard unterstützt, haben Samsung und T-Systems auf dem Medienforum Nordrhein-Westfalen präsentiert, LG mit dem V9000 auf der letzten IFA.

GSM- und UMTS-Handys eignen sich für DVB-H

Das Multimedia-Terminal von Nokia DVB-H verhält sich zu DVB-T wie DMB zu DAB: Der Datenkanal für das Fernsehsignal wird in einen IP-Datenkanal umgewidmet, über den mehrere parallele Datenströme für die Nutzung auf mobilen Endgeräten geschickt werden können. Das eigenständige Übertragungsverfahren hat nichts mit GSM, UMTS oder WLAN zu tun: Zum DVB-H-Empfang muss das Handy über einen zusätzlich integrierten DVB-H-Empfänger verfügen. Nutzen sollen die Verbraucher DVB-H mit entsprechend ausgestatteten GSM- und UMTS-Handys. Diese haben den Vorteil, dass sie schon von Haus aus einen Rückkanal mitbringen, der sich dann für interaktive Dienste nutzen lässt. Zu den Herausforderungen von DVB-H gehört es, guten Empfang für Geräte zu schaffen, die nur einen vergleichsweise geringen Stromverbrauch besitzen sollen. Erste marktreife Geräte werden für das kommende Jahr erwartet. Den Prototypen eines DVB-H-Empfängers hatte Siemens auf der CeBIT vorgestellt, das Nokia 7710 gibt es bereits als mit DVB-H versehene Version.

Welcher Standard sich bis zum Jahr 2010 - dann soll das analoge Fernsehen abgeschaltet werden - durchgesetzt hat, bleibt abzuwarten. Denkbar sind aber auch das friedliche Nebeneinander der beiden Systeme oder ein so genannter Multistandard. Hörfunk- und Videoprogramme via DAB/DMB werden zurzeit in Regensburg von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) getestet. T-Systems plant, zur kommenden Fußball-WM Handy-TV auf Grundlage von DMB anzubieten. In Berlin ist dagegen der Versuchsbetrieb für DVB-H gestartet. Zur Fußball-WM in Deutschland plant T-Mobile mobile Fernsehübertragungen via DVB-H. Gemeinsam mit Microsoft will jetzt zudem die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) Live-Übertragungen von Bundesliga-Spielen im digitalen Handy-Fernsehen testen.

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