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Editorial: SIM-Karte für lau

Richterspruch zum Guthabenverfall nutzt nur wenigen
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In erster Instanz ist entschieden worden: o2 darf die Guthaben von Prepaidkarten nicht einfach so verfallen lassen, wenn der Kunde 13 Monate lang nicht auflädt. Und bei einer Kündigung durch den Nutzer muss das noch vorhandene Guthaben ausbezahlt werden. Der Grund: Die Argumentation der Richter: Der Nutzer ist in "Vorleistung" gegangen, also hat er einen Anspruch auf Rückzahlung der noch nicht verbrauchten Guthaben.

Die Stellungnahme von o2 hingegen: Durch die Verwaltung der Guthaben entstehen nicht unerhebliche Kosten. Es ist dem Netzbetreiber folglich nicht zumutbar, die Karten beliebig lange offen zu halten. Allerdings ist dieses Argument nicht sonderlich stichhaltig: So lange das Guthaben im System nur ruht, verursacht es faktisch keine Kosten. Die Datenbank, die die Guthaben speichert, kostet sicher nur marginal mehr, nur weil sie ein paar Million Datensätze extra enthält.

Dabei gibt es in der Tat viele gute Gründe dafür, die Gültigkeit von Mobilfunk-Prepaid-Karten bei Nichtnutzung zu beschränken, die o2 zumindest in der Stellungnahme zum Urteil nicht aufgeführt hat. Einer ist beispielsweise der Datenschutz: Würden die Guthaben ungenutzter Karten unbeschränkt gültig bleiben, müssten auch die zugrundeliegenden Nutzerdaten unbeschränkt gespeichert werden, zumindest dann, wenn nicht mehr als nur Bagatellbeträge noch auf den Karten sind. Ebenso ist die Zahl der verfügbaren Mobilfunknummern beschränkt. Hängen Abermillionen ungenutzter Altnummern mit Altguthaben in den Systemen, müssten u.U. die Nummern um eine weitere Ziffer verlängert werden, damit genug Nummern für alle Kunden erhalten bleiben.

Der Netzbetreiber bezahlt zudem den Händlern für den Verkauf der Guthabenkarten eine Provision. Dieses ist marktüblich und auch im Interesse des Kunden. Je höher die Provision, desto mehr Händler werden die Guthabenkarten ins Sortiment nehmen. Kann nun der Kunde zum beliebigen Zeitpunkt die volle Rückerstattung seines Guthabens verlangen, wird das ganze zum Provisions-Abzock-Modell für Händler: Diese brauchen nur eine Prepaid-SIM-Karte zu aktivieren, kräftig aufzubuchen, die Provision zu kassieren, und sich dann das aufgebuchte Geld zurückerstatten zu lassen.