Themenspecial Telefon und Internet im Festnetz vergünstigt

Was zahlen wir künftig für Telefonate in die Handynetze?

Das aktuelle Regulierungsurteil genauer analysiert
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Hintergrund des Urteils ist laut Herrn Schütze übrigens, dass es in Deutschland gleich zwei Methoden der Entgeltregulierung für Vorleistungen gibt, nämlich die ex-ante-Genehmigung von Entgelten und die ex-post-Missbrauchsaufsicht. Das Verwaltungsgericht Köln sieht die Notwendigkeit für Regulierung bei den Terminierungsentgelten in die Mobilfunknetze sehr wohl gegeben, hält aber die nachträgliche Kontrolle für ausreichend, "um die Verbraucherinteressen zu wahren und einen chancengleichen Wettbewerb sicherzustellen." In praktisch allen anderen Ländern der EU hätte sich hingegen inzwischen die ex-ante-Regulierung der Terminierungsentgelte auf dem hier betrachteten "Markt 16" durchgesetzt; das deutsche Urteil sei diesbezüglich ein Sonderfall.

In vielen Ländern sei das dem deutschen Telekommunikationsgesetz entsprechende Gesetz, das diverse Richtlinien der EU zur Telekommunikation umsetzt, zudem so formuliert, dass es überhaupt nur die ex-ante-Variante gebe. An dem deutschen Sonderweg ist laut Herrn Schütze zudem besonders prekär, dass sich ex-ante- und ex-post-Regulierung nicht nur in der Formalie des Zeitpunkts der Genehmigung von Tarifen unterscheiden, sondern dass Bundesnetzagentur und Verwaltungsgericht Köln für diese beiden Verfahren auch unterschiedliche Regulierungsmaßstäbe ansetzen: ex-ante würden die Entgelte streng nach den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung berechnet, ex-post wäre hingegen nur bei wettbewerbsverzerrenden Missbrauch einzugreifen. Ein gehöriger Gewinnaufschlag auf ex-ante-Preise wäre damit für ex-post durchaus zulässig, wie das VG Köln bereits in früheren Urteilen entschieden habe.

Vor diesem Hintergrund ist es eine gute Nachricht für die Mobilfunknetzbetreiber, dass das Gericht ihnen die Regulierung ex-post zubilligen will. Die aktuelle Situation, in der die Festnetz-Betreiber die Mobilfunknetze subventionieren, würde damit fortbestehen. So kommt etwa das Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH (kurz WIK) zu dem Schluss [Link entfernt] , dass allein von 1998 bis 2005 die Festnetze die Mobilnetze aufgrund überhöhter Terminierungspreise ungerechtfertigt mit 10 Milliarden Euro subventioniert haben.

Zudem stellt Rechtsanwalt Dr. Marc Schütze die Frage, ob diese doppelte Bevorzugung von ex-post, nämlich einmal aufgrund des nur nachgelagerten Verfahrens, und einmal aufgrund des weniger strengen Regulierungsrahmens, überhaupt europarechtskonform ist. Es ist seiner Ansicht nach zudem sinnwidrig, im Falle des ex-post-Verfahrens äußerst wichtige Telekommunikationsleistungen nur nach allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Maßstäben zu regulieren, wenn man bei der Eingangsfrage für die Anwendbarkeit der Regulierungsvorschriften des TKG vorher festgestellt hat, dass "die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht, um dem betroffenen Marktversagen entgegenzuwirken" (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 TKG [Link entfernt] ). Gerade bezüglich dieser Frage wird sich das Bundesverwaltungsgericht entscheiden müssen. Genügend Potenzial auch für künftige Streitfälle ist also vorprogrammiert. Die Regulierung bleibt spannend.

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