Themenspecial Telefon und Internet im Festnetz Branche

Mehrwertbranche will 0900 besseres Image geben

FST und Verbraucherschützer: "Deutlich transparenter als 0190"
Von Thorsten Neuhetzki

Man sei "durch das Tal der Tränen" gegangen, nun aber gebe es langsam so etwas wie Morgendämmerung. Mit diesen Worten umschrieb Wendelin Meyer-Mölck, Geschäftsführer des Mehrwertdiensteanbieters dtms, die Entwicklung der Rufnummerngasse 0900. Um diese Rufnummerngasse ging es auf dem von dtms veranstalteten Innovation Day in Hamburg. 0900 hat das schwere Erbe der 0190-Nummern angetreten, die Ende des Jahres 2005 abgeschaltet wurden. Doch nicht nur der schlechte Ruf der 0190-Gasse macht dem Nachfolger zuschaffen, auch die verschiedenen Netze, die die Kunden mittlerweile nutzen sowie der starke Magenverfall sei zu bemängeln. "Wir bewegen uns weg vom reinen Anruf-Transporteur und hin zu einem Kommunikations-Logistiker", so der Geschäftsführer.

Beim Innovation Day hat sich nicht nur die Branche mit sich selbst beschäftigt. Neben zahlreichen Referenten aus dem Hause dtms und der Callcenter-Branche kamen neben der Kontroll-Instanz FST (Freiwillige Selbstkontrolle Telekommunikation) auch die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zu Wort. Diese lobten die Gasse 0900 als die für den Verbraucher "transparenteste Gasse, die auf dem Markt ist". Schließlich bekommt der Kunde nicht nur durch die Werbung für die Rufnummer mit, wie viel ein Gespräch kostet. Auch eine vorgeschaltete, kostenfreie Tarifansage soll dem Kunden Gewissheit geben. Ein weiterer positiver Punkt sei die Einteilung von 0900 in vier Untergassen für Information (0900-1), Unterhaltung (0900-3), Erwachsenen-Unterhaltung und sonstige Dienste (0900-5) sowie Dialer (0900-9).

Problem: Tarifierung aus dem Mobilfunknetz

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Kritisiert wurde die preisliche Intransparenz bei Gesprächen aus den Mobilfunknetzen. Hier kann von den Diensteanbietern nur zwischen sechs verschiedenen Minutentarifen gewählt werden, die dann in allen vier Netzen gelten. Doch beworben wird dieser Preis in aller Regel nicht. Erst durch eine Ansage vor dem Gespräch wird dem Kunden dann mitgeteilt, wie viel das Gespräch kosten wird. Auch diesem Weg wird dann aber auch der innovativste Teil der 0900-Gasse zunichte gemacht. Im Festnetz kann durch eine Abfrage nach dem Anliegen des Kunden unter einer einzigen Nummer eine Bestellannahme und eine Beschwerde kostenfrei, die Support-Hotline bei technischen Problemen aber kostenpflichtig gemacht werden. Eine Warteschleife könnte dann wieder kostenfrei sein. Im Mobilfunknetz indes kann nur ein fixer Tarif eingestellt werden.

Der FST als Selbstkontroll-Gremium der Branche hat bereits Mitte des vergangenen Jahres untersucht, wie sich der 0900-Markt entwickelt hat. Dazu hat man willkürlich beworbene Nummern ausgewertet. Die Untersuchung ergab, dass 66,2 Prozent der beworbenen Nummern aus dem Bereich der Information kam und sich hier ein preislich ausgewogenes Verhältnis zwischen hoch- und niedrigpreisigen Nummern ergeben hat. 0900-5er-Nummern hingegen hatten ein eher hohes Preisniveau, machten aber nur 21 Prozent des Marktes aus. Wichtig dabei: Einschlägige Print-Publikationen oder nächtliche TV-Spots wurden nicht ausgewertet.

Verbraucherschützer: Beschwerden liegen unter dem Niveau der 0190-Gasse

Michael Bobrowski, Referent bei der Verbraucherzentrale Bundesverband, lobte vor Unternehmensvertretern, Diensteanbietern, Rufnummernprovidern und Journalisten die noch recht junge Rufnummerngasse. Es sei noch zu früh für eine wirkliche Bewertung, doch es zeichne sich ab, dass die Beschwerdequote bei den Verbrauscherschützern deutlich unter dem Niveau der 0190-Gasse liegen werde. Auch habe man noch zu wenig Erfahrungen, ob alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten würden. Kritik ließ er jedoch an der geplanten Erhöhung der Minutenpreisobergrenze von 2 auf 3 Euro, die durch die Verabschiedung des TKG-Änderungsgesetzes möglich wird. Ab 1. September können Anrufe zu 0900-Nummern bis zu 3 Euro pro Minute kosten.

Für die Zukunft haben sich alle am Innovation Day aktiv beteiligten auf die Fahne geschrieben, einem möglichen schlechten Image der Gasse entgegen zu wirken und sie immer stärker zum Ersatz für andere Gassen wie 0137 oder 0180 zu machen. Denn preislich sind die Inhaber der Nummer frei in ihrer Gestaltung und durch die unterschiedliche Tarifierung für verschiedene Services benötige ein Unternehmen nur noch eine Nummer in der Außenkommunikation. "Ich bin davon überzeugt, dass eine 0900-Nummer in zwei bis drei Jahren eine Selbstverständlichkeit ist", sagte Manfred Stockmann vom Call Center Forum Deutschland.

Artikel aus dem Themenspecial "Telefonieren im Festnetz"