Fusionitis

freenet prüft Fusion des Mobilfunkgeschäfts mit Talkline

Kaufen, verkaufen - freenet zwischen vielen Stühlen
Von Marie-Anne Winter

Erst im März fand die zwei Jahre andauernde Hängepartie im Fusionsprozess zwischen freenet und mobilcom ein Ende: Mit der Eintragung im Handelsregister wurde die Verschmelzung beider Firmen wirksam. Durch diesen Zusammenschluss erhoffte man sich neue Möglichkeiten, mit Kombiprodukten aus Festnetz, Breitbandinternet und Mobilfunk Kunden zu gewinnen.

Nur wenige Tage später verlangte Drillisch-Vorstandschef Paschalis Choulidis die Abspaltung des Festnetzgeschäfts von freenet. Drillisch hält acht Prozent der freenet-Anteile. Der Anbieter hatte sich zuvor an mobilcom beteiligt, um eine Konsolidierung der Serviceprovider einzuleiten. Choulidis spielte schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken, Konkurrenten im Mobilfunkbereich zu übernehmen, zu den Kandidaten gehören beispielsweise Talkline und The Phone House. Nun scheint sich dieser Wunsch in gewisser Weise zu erfüllen: Nach FTD [Link entfernt] -Informationen verhandelt der freenet-Vorstand mit dem Wettbewerber Talkline, um das Mobilfunkgeschäft beider Unternehmen zusammenzuführen. Talkline ist für freenet im Grunde keine Unbekannte, vor zwei Jahren übernahm freenet bereits Talkline ID. Mit diesem Zukauf und der Übernahme der Strato-Gruppe hoffte freenet zu einem führenden Dienstleister im Bereich der kabelgebundenen Telekommunikation aufzusteigen.

Ausschlachten statt Hinterherlaufen?

Vorstandschef Eckard Spoerr reagierte mit diesem Vorstoß aber eher auf die Forderung des Finanzinvestors Florian Homm, das Unternehmen zu zerschlagen, als auf die Ambitionen von Choulidis, eine Art Super-Service-Provider im Mobilfunk zu schmieden. Denn bei den neuen Großaktionären stehen offenbar andere Interessen im Vordergrund als neue Angebote, um das derzeit schleppende freenet-Geschäft zu beleben und den Laden insgesamt wieder auf Vordermann zu bringen: "Die Einzelteile sind mehr wert als die Summe. Die Bereitschaft, für DSL-Kunden einen guten Preis zu zahlen, hat sich zuletzt deutlich erhöht", sagte Homm gegenüber der FTD. Wer freenet übernehme, werde in diesem Bereich zur Nummer zwei hinter der Telekom - dieses verspreche einen attraktiven Verkaufspreis.

Dass die Verkaufszahlen der Einzel- und Kombiprodukte derzeit hinter den Erwartungen zurück bleiben, bestätigte eine Firmensprecherin. Auch die durch Aktionärsklagen verzögerte Fusion belaste das Geschäft. Vorstand Spoerr hatte gegenüber Investoren bereits eingestanden, dass freenet als Nachzügler agiere: "Wer seine Sonntagsbrötchen erst am Mittwoch verkaufen will, hat ein Problem."

Laut Branchenkennern steht freenet vor einem Scherbenhaufen. Im Mobilfunkgeschäft gibt es Druck von mehreren Seiten: Die Mobilfunkstrategie von United Internet (4DSL), die auch von anderen Festnetz-Anbietern aufgegriffen wird und eine neue Runde im Wettlauf um die Kunden eingeläutet hat, die aggressiven Angebote der Zweitmarken von E-Plus und auch die neue Zweitmarke der Telekom lassen die Luft immer dünner werden. Und auch im Festnetz- bzw. Internetbereich ist der Druck extrem hoch. Es heißt, das Homm mit seinem Vorschlag, Firmenteile zu verkaufen, im stillschweigenden Einvernehmen mit dem neuen freenet-Großaktionär Vatas handele. Diese Berliner Beteiligungsgesellschaft hatte vergangene Woche ein Paket von 18,67 Prozent der freenet-Anteile von dem US-Investor TPG übernommen. Geschäftsführer von Vatas ist der Unternehmer Lars Windhorst. Windhorst, einst von Kohl protegierter Business-Jung-Star, beantragte Ende 2004 die Privatinsolvenz - mit 81 Millionen Euro Schulden. Gegen ihn laufen derzeit noch zwei Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen Betrugs.