Kundenwachstum

Focus: Systematisch untergeschobene Verträge bei Vodafone?

Magazin zitiert aus E-Mail eines Vertriebsbeauftragten
Von Ralf Trautmann

Werden Vodafone-Kunden systematisch Verträge untergeschoben? Die Frage "bedauerlicher Irrtum oder System?" wirft jedenfalls der Focus in seiner aktuellen Ausgabe auf und berichtet zunächst von verschiedenen Beispielen, bei denen Vodafone-Kunden Homezone-Produkte wie Talk24 oder Daten-Offerten wie Webconnect Volume PDA in Rechnung gestellt werden, obwohl sie diese angeblich nie gebucht und hierfür größtenteils auch keine Verwendung hätten. Vodafone hat dagegen ein systematisches Unterschiebens von Verträgen erwartungsgemäß zurückgewiesen. Offen bleibt tatsächlich, ob der Focus bei seinem Bericht nicht ein allgemeines Problem großer TK-Unternehmen beschreibt.

E-Mail-Anweisungen vom Vertriebsmitarbeiter

Für seine Homezone-Angebote hat Vodafone laut Focus innerhalb eines Jahres 1,8 Millionen Kunden gewonnen, der Anteil des Datensegments sei um ein Drittel auf 10,2 Prozent gestiegen. Auffällig sei, dass die mutmaßlich untergeschobenen Offerten aus den Geschäftsbereichen stammten, über die sich der Düsseldorfer Netzbetreiber auf dem gesättigten Mobilfunk-Markt Zuwächse verspreche.

Der Focus zitiert zur Untermauerung der Vermutung aus einer mutmaßlichen E-Mail eines Vertriebsbeauftragten in der Vodafone-Niederlassung Ratingen: "Weisen Sie bitte Ihre Mitarbeiter an, dass sie heute noch acht Talk24 schalten müssen. Egal wie, es geht um eine Menge Geld für Sie." Zudem stelle er die "verräterische" Frage, "wie viele 'echte' Talk24 gestern" über das Warenwirtschaftssystem gebucht worden seien. "Sind echte Kunden etwa nur solche, die das Produkt selbst bestellt haben?", fragt der Focus.

"Wer den Markt nicht erkennt und bedient, der kann sich morgen davon verabschieden. Dieser Markt heißt Festnetz", zitiert Focus weiter den Vertriebsmitarbeiter. Er fordere pro Tag zwischen zwei und vier neue Talk-24-Verträge: "Die Ziele stehen nicht zur Diskussion".

Ein ehemaliger Vodafone-Angestellter, der nach einem Streit ausgeschieden sei, sieht laut Focus ein Problem bei den Shop-Mitarbeitern: Diese hätten die Möglichkeit, in die Daten ohne Einverständnis und Anwesenheit des Kunden Veränderungen einzutragen. Der Focus sieht hier bei "offenbar manchen Provisionsjägern hinterm Tresen" eine Überforderung durch den "Vertrauensjob".

Das Magazin zitiert zudem eine Verbraucherschützerin aus Ulm, die hier bei Vodafone ein prinzipielles Problem sieht: Das Unternehmen "jubele" seinen Kunden "gern Zusatzprodukte unter". Sie rät zur sofortigen Beanstandung, der Anbieter müsse dann die Bestellung nachweisen. Zeige sich, dass der Vertrag untergeschoben sei, werde er umgehend storniert.

Vodafone: Quote der beanstandeten Neuaufträge bei lediglich 0,5 Prozent

Wenig überraschend hat der Vodafone-Vertriebschef Gerhard Mayrhofer gegenüber dem Magazin eine solche Praxis dementiert, Unregelmäßigkeiten würden nicht toleriert. Man setze auf eine gute Vertriebs-Qualität, die Quote der beanstandeten Neuaufträge läge bei lediglich 0,5 Prozent. Ein Unterschieben von Produkten mache keinen Sinn, da stornierte Bestellungen keinen Mehrwert böten.

Trotzdem ständen Vertriebler durch den weitgehend gesättigten Mobilfunk-Markt natürlich unter einem Druck, dem mancher nicht gewachsen sei. Daher habe sich Vodafone in der Vergangenheit auch schon von Partnern getrennt, die qualitativ nicht zufriedenstellend gearbeitet hätten. Eine Unterscheidung zwischen "echten" und "unechten" Kunden gebe es aber nicht. Der Ratinger Vertriebsmitarbeiter habe sich bezüglich einer Testaktion "missverständlich" ausgedrückt und sei jetzt mit anderen Aufgaben betraut.

Die Pressestelle von Vodafone weist teltarif.de gegenüber darauf hin, dass bei einem Unternehmen mit 9 000 Mitarbeitern, davon 2 200 im Vertrieb sowie 1 350 Franchise-Nehmern und 6 000 Fachhändlern selbstverständlich natürlich auch derartige Probleme auftreten könnten. Hier gebe es aber Kontrollmechanismen, zudem werde Kundenhinweisen nachgegangen. Wenn Unregelmäßigkeiten auftreten, erfolge in letzter Konsequenz die Trennung vom jeweiligen Mitarbeiter oder Partner.

Vodafone ist indes bei weitem nicht der einzige Telekommunikations-Anbieter, der sich mit dem Vorwurf untergeschobener Verträge auseinandersetzen muss: So steht hier zum Beispiel Tele2 immer mal wieder in der Kritik, auch gegenüber Arcor gab es in der Vergangenheit derartige Vorwürfe. Die Telekom musste sich ebenfalls mit solchen Problemen befassen. Auch in diesen Fällen verweisen die Anbieter oft auf Vertrags-Partner zur Kundenaquise, unter denen sich schwarze Schafe befänden.