Euronews: Kriselnder Nachrichten-Sender findet Käufer
Der kriselnde paneuropäische Nachrichtensender Euronews hat offenbar einen Käufer gefunden. Nach übereinstimmenden Medienberichten will sich der bisherige Eigentümer Media Globe Networks des ägyptischen Milliardärs Naguib Sawiris von seiner Mehrheitsbeteiligung trennen. Das Geschäft von Euronews stand in den vergangenen Jahren unter keinem guten Stern. Zuletzt hielt unter anderem der US-Medienkonzern Comcast eine Minderheitenbeteiligung an Euronews und wollte den Sender erheblich ausbauen, die aussichtsreichen Pläne scheiterten jedoch.
Schlagseite durch Pandemie
Euronews-Zentrale im französischen Lyon
Foto: Dillinger Fabrik
Euronews kämpft wie die gesamte Medienbranche mit Auswirkungen der Corona-Pandemie. Ursprünglich war der Plan, dass Comcast mit dem Sender seine Präsenz im europäischen Nachrichtengeschäft ausbaut. Dazu hätte der Sender insbesondere auf das Netzwerk der Comcast-Tochter NBC News zurückgreifen können. Der Plan scheiterte aber zunächst aus anderen Gründen: So wollte der damalige NBC News-CEO Andy Lack mit NBC Sky World News ein eigenes News-Network in Konkurrenz zu CNN, BBC World News und Al Jazeera starten.
Damit wurde schließlich die Euronews-Beteiligung obsolet. Aber auch dieser Plan scheiterte letztendlich an den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Aufgrund des wegbrechenden Werbemarktes erschien es Comcast wohl wenig sinnvoll, einen neuen Nachrichtensender aufzubauen - zumal dies auch mit erheblichem Personalaufwand verbunden wäre. Immerhin hätte ein weltweites Redaktionsnetzwerk mehr oder weniger bei Null aufgebaut werden müssen.
Sawiris hat wenige Optionen
Naguib Sawiris zählt zu den wohlhabendsten Unternehmern des afrikanischen Kontinents. Der ägyptische Milliardär sammelte sein Vermögen vor allem als größter Aktionär des ägyptischen Mobilfunknetzbetreibers Orascom TMT an, die Dachgesellschaft Orascom TMT Investments leitet er gleichzeitig als Executive Chairman. Bereits mit dem Engagement durch Comcast/NBCUniversal zog sich der Manager teilweise aus Euronews zurück, hielt jedoch im Joint Venture nach wie vor eine Mehrheit.
Seit dem Ausstieg der Amerikaner war die Zukunft von Euronews zunehmend unsicher, Beobachter der Medienbranche spekulierten bereits über die Zukunft des Nachrichtenkanals. Offensichtlich war aber von Anfang an klar, dass sich kaum ein institutioneller Investor aus der Medienbranche für Euronews interessiert. Das Geschäft gilt allgemein als kosten- und personalintensiv, zudem sendet Euronews Inhalte in verschiedenen europäischen Sprachen, womit die Produktion noch kostenintensiver als ein rein englischsprachiger Nachrichtensender ist.
Welche Pläne hat Alpac Capital?
Die Pläne des portugiesischen Finanzinvestors sind aktuell unklar. Deren Chefs Pedro Vargas David und Luis Santos äußerten sich bisher nur vage: "Ich gehöre zu der Generation, die mit Europa geboren und aufgewachsen ist und es als Chance sieht", sagt David. "Wenn es uns jahrzehntelang Frieden gebracht hat, ist es auch ein großartiger Ort für Meinungsäußerung und Debatte. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Euronews aufgrund der Qualität seiner Teams und seines Potenzials der Ort sein kann, an dem alle Stimmen Europas zum Ausdruck kommen."
Interessant ist zudem auch, wie die Europäische Kommission eine mögliche Veräußerung von Euronews bewertet. Der Sender galt über Jahre hinweg aus Brüssel für förderungswürdig, weil er nach EU-Ansicht zur weiteren Förderung der gemeinsamen europäischen Idee und des Zusammenwachsens aller Mitgliedsländer beitrage. Dass nun ein europäischer Investor bei Euronews einsteigt, dürfte zwar grundsätzlich positiv ankommen, dennoch ist die Zukunft des Projekts mehr als unsicher. Finanzinvestoren gelten allgemein als knallharte Sanierer und Zwischenstation, um ein Unternehmen für potenzielle Käufer attraktiv zu machen.
Sendeschluss: NBC News kehrt Europa den Rücken.