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Sendeschluss: NBC News kehrt Europa den Rücken

Für das US-Network NBCUniversal war der Einstieg bei Euro­news ein ganz großer Coup. Als paneu­ro­päi­scher Nach­rich­ten­sender wollte man zur Konkur­renz von CNN und BBC aufsteigen. Nicht nur dieses Groß­pro­jekt ist für die Ameri­kaner vorerst geplatzt.
Von Björn König

Das neue Senderlogo von euronewsNBC wird nicht mehr On Air gehen Das neue Senderlogo von euronewsNBC wird nicht mehr On Air gehen
Bild: NBCUniversal
Vor allem in Krisen und bei beson­ders wich­tigen welt­po­li­ti­schen Ereig­nissen schalten Zuschauer häufig Nach­rich­ten­sender ein. Von dieser Entwick­lung profi­tierten schon immer große inter­na­tio­nale Networks wie CNN oder BBC World News. Im arabi­schen Raum gibt es mit der englisch­spra­chigen Version von Al Jazeera mitt­ler­weile ein Gegen­ge­wicht zu den großen Nach­rich­ten­sen­dern aus den USA und Europa. Auf der anderen Seite des Atlan­tiks gehört NBC News zu den wich­tigsten Akteuren im Nach­rich­ten­fern­sehen. Das als eher liberal geltende News-Network des Medi­en­kon­zerns Comcast ist dort ein Big Player.

In Europa hingegen spielte man bislang jedoch kaum eine Rolle. Ledig­lich der Wirt­schafts­sender CNBC kann hier neben der Konkur­renz von Bloom­berg bislang signi­fi­kante Erfolge verbu­chen. Das wollte NBC News-Chef Andy Lack ändern und stieg 2017 mit einer Minder­heits­be­tei­li­gung von 25 Prozent bei Euro­news ein. Die Pläne waren groß: So sollte der Sender nicht nur in euronewsNBC umge­tauft werden, auch kündigte NBC massive Inves­ti­tionen vor allem in das englisch­spra­chige Programm an. Neue Technik, neue Mode­ra­toren und Sendungen insbe­son­dere in der Morgen- und Abend-Prime­time wurden gelauncht. Damit ist nun wieder Schluss.

Fokus auf NBC Sky World News

Das neue Senderlogo von euronewsNBC wird nicht mehr On Air gehen Das neue Senderlogo von euronewsNBC wird nicht mehr On Air gehen
Bild: NBCUniversal
Über die genauen Gründe des Ausstiegs lässt sich nur speku­lieren. Es ist aller­dings sehr wahr­schein­lich, dass NBCUniversal keine Perspek­tive auf eine voll­stän­dige Kontrolle des Senders sah. Diese liegt nach wie vor bei Media Globe Networks und somit in den Händen des ägyp­ti­schen Milli­ar­därs Naguib Sawiris, an den NBCUniversal seinen Anteil wieder verkauft hat.

Für Sawiris, der vor allem durch seine Betei­li­gung am ägyp­ti­schen Mobil­funker Orascom TMT ein statt­li­ches Vermögen anhäufte, ist der Ausstieg von NBC aller­dings ein herber Rück­schlag. Damit verliert Euro­news nämlich seinen Zugang zum globalen und vor allem US-Nach­rich­ten­ge­schäft. Was aller­dings noch viel ärger­li­cher für Euro­news sein dürfte: NBC News-Chef Andy Lack kündigte mit NBC Sky World News bereits einen eigenen Nach­rich­ten­sender an, der auch in Europa mit Euro­news konkur­rieren soll.

Corona stoppt Nach­rich­ten­sender

Ironi­scher­weise macht nun ausge­rechnet das brand­ak­tu­elle Thema Corona NBCUniversal einen gehö­rigen Strich durch die Rech­nung. Der Lock­down macht es derzeit prak­tisch unmög­lich, einen neuen Nach­rich­ten­sender mit Büros und Teams rund um den Globus zu starten. Tatsäch­lich sitzen die meisten Mitar­beiter bei NBC News aktuell im Home­of­fice, auch die Studios des Wirt­schafts­sen­ders CNBC sind derzeit prak­tisch leer.

Nur wenige Mitar­beiter halten den tägli­chen Sende­be­trieb aufrecht. Doch aufge­schoben ist nicht aufge­hoben. NBC Sky World News soll nach den Vorstel­lungen von NBC News-Chef Andy Lack defi­nitiv kommen, es ist sogar eine Art Herzens­pro­jekt des Chefs, in welches vor allem auch Deborah Turness einge­bunden war. Die briti­sche Jour­na­listin sollte vormals den Relaunch von Euro­news leiten. Wann nun mit einem Start zu rechnen ist, steht jedoch in den Sternen. Es ist eigent­lich kaum vorstellbar, dass es in diesem Jahr noch etwas wird.

Mehr Konkur­renz in Deutsch­land

Für Deutsch­land wäre ein neuer Nach­rich­ten­sender wünschens­wert. Das Nach­rich­ten­fern­sehen ist hier­zu­lande derzeit ein Duopol der RTL-Medi­en­gruppe (n-tv) sowie Axel Springer (Welt). Ein dritter Sender würde den Wett­be­werb deut­lich anfeuern, aller­dings ist nur schwer vorstellbar, dass dies mit einem Kanal in engli­scher Sprache zu bewerk­stel­ligen ist.

Zudem fehlt bei einem inter­na­tio­nalen Sender gerade auch die natio­nale Perspek­tive, welche auch in einer globalen Welt nach wie vor rele­vant ist. Mögli­cher­weise wird diese Lücke aber von ProSiebenSat.1 gefüllt. Dessen ehema­liger Vorstands­vor­sit­zende Max Conze lieb­äu­gelte bereits mit dem Start vom Nach­rich­ten­sender Puls24, den die Sender­gruppe zuvor in Öster­reich erfolg­reich gelauncht hatte.

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