Benutzer niknuk schrieb:
Dummerweise gibt es (noch) kein Urteil (bezogen auf einen DSL-Anschluss), in dem ein Umzug als wichtiger Grund im Sinne von §626 BGB anerkannt wird.
Kann ja mal nachschauen...
Doch, gibt es, wenn auch nicht bezogen auf DSL, aber durchaus vergleichbar:
AG Hamburg-Wandsbek, Urt. v. 29.10.98, 716 C 421/98, rechtskr.:
Ein Umzug stellt einen wichtigen Grund für die vorzeitige Kündigung eines Fitnessvertrags dar, wenn ... eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses dazu führen würde, dass der Kunde bei Zahlung des vollen Honorars keinerlei Leistungen des Fitnessstudios mehr in Anspruch nehmen kann.
Aus den Gründen:
...Denn sein Umzug berechtigte den Beklagten zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags gemäß § 626 BGB. Danach kann ein Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann. Ein solcher Fall liegt hier vor. Bei Abschluss des Vertrags waren die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Beklagte uneingeschränkt die vom Kläger angebotenen Leistungen in Anspruch nehmen konnte. Durch seinen Wegzug von Hamburg war ihm dies nicht mehr möglich. Dieser Umzug stellt einen wichtigen Grund für den Beklagten dar, sich vorzeitig aus dem Vertragsverhältnis zu lösen. Auch wenn man die gesamten Umstände des Falls berücksichtigt, war dem Beklagten eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses, die dazu geführt hätte, dass er bei Zahlung des vollen vereinbarten Honorars keinerlei Leistungen der Kläger mehr in Anspruch nehmen könnte, für den Beklagten nicht zumutbar. Die Interessen der Kläger, möglichst langfristige Verträge mit automatischer Verlängerungsklausel zu vereinbaren, müssen demgegenüber zurücktreten. Denn diese Interessen sind nicht besonders schutzwürdig, weil die Vereinbarung solcher Verträge ausschließlich im Interesse des Anbieters liegt...
Q: VuR (Verbraucher u. Recht) 1999, S. 211 f.
Das entspricht dem, was ich denke und ja auch geschrieben habe. Besonders die letzten beiden Sätze können sich die Telcos hinter die Ohren schreiben.
Erstaunlicherweise drehen die Anbieter diese ihre angebliche Auffassung ja gern kurzfristig um 180 Grad, wenn ihnen die eigene Knebellaufzeit lästig wird und es ihnen einfällt rechtswidrig ihre Vertragskonditionen zu ändern und sie dann aber im Fall eines Widerspruchs nicht etwa den Vertrag erfüllen, sondern den Kunden rauswerfen wollen (
https://www.teltarif.de/arch/2006/kw08/... ). Da sehen sie es dann plötzlich sehr locker mit dem wichtigen Kündigungsgrund. Was zeigt, dass diese ganzen von Anbietern postulierten Rechtsauffassungen meist opportunistischer Käse sind.
Im Falle von 1&1 wäre es sowieso irrelevant, weil 1&1 ja aus Kulanz zumindest den Vertrag über den ortsabhängigen DSL-Anschluss beendet. Der orts*un*abhängige Internetzugang (dessen Abnahme zwar teuer, aber durchaus zumutbar ist) läuft jedoch weiter.
Da kenne ich die Konditionen im Einzelnen nicht, würde aber tendenziell sagen, dass die Kündigung alle Vertragsbestandteile umfasst, weil das Ganze als Einheit zu sehen und von 1&1 ja auch so vertrieben wird. Wenn 1&1 DSL-Zugangsverträge mangels Rentabilität nicht einzeln abschließen will, warum soll es dann der Kunde müssen (vgl. "Abwägung der Interessen beider Vertragsteile")?
Das gilt erst recht, wenn der Kunde den 1&1-Zugang nicht mehr braucht, weil er von seinem neuen DSL-Anschlussanbieter -- wie es 1&1 ja selbst macht, so dass sie sich schwerlich darüber beklagen kann -- gleich noch einen DSL-Zugangstarif mitbekommt.
spl