Hackerjahr 2011

Hacktivismus: Hacker-Angriffe sind immer öfter politisch motiviert

Rückblick auf Hacker-Aktionen im Jahr 2011 und Ausblick auf 2012
Von dpa /

Politische Aktionen bewegen sich von der Straße ins Netz. Was können Hacker und Netzaktivisten gesellschaftlich bewirken? Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC), gibt einen Ausblick aufs kommende Jahr.

War 2011 wirklich ein "Jahr der Hacker", oder wirkt dies nur so wegen der verstärkten Berichterstattung über diese Vorfälle?

Kurz: Ich denke schon, dass dieses Jahr in gewisser Weise das Jahr der Hacker war, nicht nur weil so viel darüber berichtet wurde, sondern auch, weil sich neue Protestformen etabliert haben. Die Demonstrationen, die wir im realen Raum von der Straße kennen, haben sich jetzt ins Netz übertragen - auch mit neuen Dimensionen vom Umfang her. In der Affäre um Wikileaks hat man deutlich gesehen, wie sich auch spontan Leute zusammengefunden haben, die mitgemacht haben. Dann ist da natürlich auch der Hacktivismus, der organisiert ist, wie etwa beim Chaos Computer Club.

Was können Hacker und Netzaktivisten gesellschaftlich bewirken?

Kurz: Eine gute technische Expertise und auch das Sich-Zeit-Lassen, um etwas technisch zu analysieren, können schon zu einer großen politischen Debatte führen, etwa beim Staatstrojaner. Ich glaube auch, dass dies eine gewisse Kontrolle durch Dritte ermöglicht, durch unabhängige NGOs (Nichtregierungsorganisationen; die Redaktion), die versuchen, sich in den politischen Diskurs einzumischen. Aber zum anderen ist auch in diesem Jahr im politischen Raum klar geworden, welche Bedeutung die Netze haben, in allen Bereichen, längst nicht nur für diesen doch sehr engen netzpolitischen Bereich. Da gibt es jetzt schon eine andere Wahrnehmung.

Dies führt zum Nachdenken und dazu, dass man vielleicht neue Fragen stellt. Das sind dann so Fragen wie: Wie kann die digitale Privatsphäre überhaupt bewahrt bleiben? Die technischen Möglichkeiten sind einfach da, in sie einzudringen. Wer darf das, wer soll das können, was sind die Mittel, die Geheimdienste und Ermittlungsbehörden haben sollen, und unter welchen Voraussetzungen? Das sind natürlich Fragen, bei denen es wichtig wird, sich eine Meinung zu bilden, weil es letztlich eine Wertedebatte ist, eine Wertedebatte um die Netze und um die Technik. Wenn wir dazu beitragen können, werden wir das natürlich tun.

Was erwarten Sie in dieser Hinsicht vom neuen Jahr?

Kurz: Wir können da, glaube ich, auf ein spannendes Jahr 2012 blicken. Der Chaos Computer Club wird sicherlich seine Bemühungen weiterhin fortführen. Die Staatstrojaner-Affäre ist für uns auch noch nicht vorüber. Wir sind daran weiterhin auch technisch interessiert. Im politischen Raum hat sich viel getan. Dazu haben wir beigetragen, aber sicherlich nicht nur wir. Auch die Wikileaks-Debatte ist aus meiner Sicht ganz einschneidend gewesen für die Frage, wie sich [eine] Regierung verhält in Bezug auf Transparenz, die sie ihren Bürgern entgegenbringt. Das sind schon spannende Zeiten (lacht). Na, und die Piraten tragen auch dazu bei, eine neue Sicht auf Technik und Politik zu etablieren. Das setzt die anderen Parteien schon unter Zugzwang.

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