iPhone 12 unterstützt nicht komplettes 5G-Netz
Apple hat seine ersten Smartphones auf den Markt gebracht, die den neuen Mobilfunkstandard 5G unterstützen. iPhone 12 und iPhone 12 Pro sind seit wenigen Tagen auf dem Markt. Im November folgen iPhone 12 mini und iPhone 12 Pro Max. Unser erster Eindruck von der 5G-Nutzung mit dem iPhone 12 Pro war positiv. So konnten wir den neuen Netzstandard auch an Orten nutzen, wo das Samsung Galaxy S20 Ultra im LTE-Netz ohne 5G-Erweiterung verblieb.
In den vergangenen Tagen haben wir im östlichen Rhein-Main-Gebiet weitere Tests durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die neuen iPhones die gleiche Schwäche haben wie die aktuellen Endgeräte von Samsung: Es werden nicht alle LTE/5G-Frequenzkombinationen unterstützt, die in den deutschen Mobilfunknetzen zum Einsatz kommen. Befindet man sich mit dem iPhone 12 (Pro) beispielsweise in einer Region, in der die LTE-Ankerzelle auf 1800 MHz arbeitet und der 5G-Träger auf 2100 MHz funkt, so verbleibt das Apple-Handy - wie auch die aktuellen Samsung-Handhelds - im LTE-Netz und die 5G-Nutzung funktioniert nicht.
5G-Probleme mit dem neuen iPhone
Foto: Apple, Logos: Anbieter, Montage: teltarif.de
In diesen Regionen ist mit Problemen zu rechnen
Von der Einschränkung sind vor allem Telekom-Kunden in Städten und Ballungsgebieten betroffen. In ländlichen Regionen steht in der Regel auch LTE auf 800 oder 900 MHz zur Verfügung. In diesem Fall unterstützen iPhone 12 und iPhone 12 Pro die Kombination mit einem 5G-Träger auf 2100 MHz. Das Problem wird mittlerweile auch im Kunden-Forum der Telekom diskutiert. Auch hier berichten Kunden vor allem aus Städten, dass sie trotz auf der Netzabdeckungskarte ausgewiesener 5G-Versorgung nur auf das LTE-Netz der Telekom Zugriff haben.
In einem Fall berichtet ein Anwender, dass er zwar in der Stadt das 5G-Netz nicht nutzen konnte, sehr wohl aber während einer Fahrt auf der Autobahn. Ein weiterer Nutzer berichtet, dass er auf seinem iPhone 12 Pro die aktuelle Beta-Version von iOS 14.2 installiert hat. Seitdem habe er 5G-Empfang an Orten, wo es unter iOS 14.1 nicht funktioniert habe. Bei anderen Kunden hat das Update auf die Beta-Version keine Veränderung gebracht. Allerdings kann das Update ohnehin nicht die Nutzungsmöglichkeit für Frequenzkombinationen "herbeizaubern", die ein Smartphone hardwareseitig nicht unterstützt.
Telekom bestätigt Einschränkungen
Die Telekom hat auf Anfrage von teltarif.de mittlerweile bestätigt, dass die neuen iPhone-Modelle ähnliche Einschränkungen für die 5G-Nutzung aufweisen wie Samsung-Handhelds. Zwar sollen die Smartphones - wann immer möglich - auf einen LTE-Anker zurückgreifen, den die jeweilige Hardware unterstützt. Das ist aber logischerweise nur dann möglich, wenn das 4G-Netz am jeweiligen Ort entsprechend ausgebaut ist. Steht nur LTE 1800 bereit, so wird das 5G-Netz auf 2100 MHz dauerhaft nicht nutzbar sein.
Die Einschränkung ist nicht auf das Netz der Deutschen Telekom beschränkt, wie die Kollegen von Mobiflip berichten. So verwendet Vodafone in ländlichen Regionen den 700-MHz-Bereich für den 5G-Ausbau, zumal dieser Frequenzbereich gute physikalische Ausbreitungsbedingungen verspricht. Der LTE-Anker arbeitet auf 800 MHz, doch auch diese Kombination wird von iPhone 12 und iPhone 12 Pro nicht unterstützt. Keine Einschränkungen gibt es hingegen in Städten, in denen Vodafone sein 5G-Netz auf 1800 MHz betreibt und der LTE-Anker ebenfalls auf 800 MHz liegt. Diese Kombination ist auch mit den aktuellen Smartphones von Apple möglich.
Originäre 5G-Frequenzen nicht betroffen
Zusammengefasst sind iPhone 12 und iPhone 12 Pro technisch nicht dazu in der Lage, LTE und 5G in gleichen oder unmittelbar benachbarten Frequenzbereichen zu bündeln. Liegen die Frequenzbereiche weiter auseinander, dann funktioniert die Kombination der beiden Mobilfunkstandards. Betroffen von dieser Misere sind die 5G-Netze, die mit DSS-Technik seit Frühjahr/Sommer 2020 von Telekom und Vodafone aufgebaut werden, um auf vergleichsweise niedrigen Frequenzen mit guten physikalischen Ausbreitungsbedingungen für einen schnellen Netzausbau in die Fläche zu sorgen.
Nicht betroffen sind die 5G-Netze auf 3500 MHz. Das sind die im vergangenen Jahr versteigerten, eigentlich für 5G gedachten Frequenzen. Diese müssen derzeit zwar ebenfalls mit LTE gebündelt werden, weil es hierzulande noch keine eigenständigen 5G-Netze gibt. Allerdings arbeiten die 4G-Netze generell auf niedrigeren Frequenzen (700 bis 2600 MHz), sodass die Bündelung mit dem 5G-Träger auf 3500 MHz funktioniert. Auf den eigentlich für 5G gedachten Frequenzen sind aufgrund der verfügbaren Bandbreite hohe Übertragungsgeschwindigkeiten möglich. Dafür ist der Versorgungsradius auf wenige hundert Meter beschränkt, sodass ein flächendeckender Ausbau selbst für Städte ein ambitioniertes Vorhaben ist.
o2: 5G bisher nur auf 3500 MHz
Im Zusammenhang mit den Einschränkungen, mit denen iPhone-Besitzer bei der 5G-Nutzung rechnen müssen, haben wir bislang nur die Netze der Deutschen Telekom und von Vodafone erwähnt. Telefónica hat sein 5G-Netz erst vor wenigen Wochen in einigen Großstädten gestartet. Der Münchner Netzbetreiber setzt - wie Telekom und Vodafone im vergangenen Jahr - zunächst ausschließlich auf den Frequenzbereich um 3500 MHz. Somit sind iPhone 12 und iPhone 12 Pro aktuell für das komplette 5G-Netz von o2 geeignet.
Neben Telekom und Vodafone hat aber auch Telefónica bereits angekündigt, künftig auf die DSS-Technologie zu setzen, um den 5G-Netzstandard in die Fläche auszubauen. DSS ermöglicht den parallelen Einsatz von LTE und 5G im gleichen Frequenzspektrum. Damit sollen auch Kunden ohne 5G-taugliches Endgerät vom Netzausbau profitieren. Welche Frequenz-Kombinationen bei o2 zum Einsatz kommen werden, ist noch nicht bekannt. Denkbar wäre die Nutzung der bisherigen UMTS-Frequenzen (2100 MHz) für 5G in Kombination mit LTE auf 800 MHz. Das sollte auch mit den aktuellen Smartphones von Apple funktionieren.
5G-Empfang mit dem iPhone 12 Pro
Foto: teltarif.de
Geschichte wiederholt sich
In Bezug auf die iPhones von Apple wiederholt sich mit der nur beschränkten Kompatibilität mit den deutschen 5G-Netzen die Geschichte: Das iPhone 5 unterstützte seinerzeit zwar die LTE-Netze im Frequenzbereich um 1800 MHz. Den in Deutschland wesentlich weiter verbreiteten 800-MHz-Bereich bot erst das iPhone 5S, das ein Jahr später auf den Markt kam. Die Telekom konnte damals damit werben, dass nur in ihrem Netz die LTE-Nutzung mit dem Apple-Smartphone möglich war - und verschwieg in der Werbung, dass das damals nur für Städte galt, nicht aber für das platte Land, wo die 4G-Unterstützung viel wichtiger gewesen wäre, da hier oft nur LTE (auf 800 MHz), nicht aber UMTS ausgebaut war.
Mit SIM-Karten von Vodafone, E-Plus und o2 war das iPhone 5 in Deutschland zunächst auf GSM und UMTS beschränkt. Für die LTE-Netze dieser Betreiber wurden in der ersten Ausbaustufe fast ausschließlich Frequenzen um 800 MHz genutzt, zumal dieses Spektrum sehr gute physikalische Ausbreitungsbedingungen bietet. Erst später kamen zusätzliche, höhere Frequenzen zum Einsatz, um die Kapazität der Netze zu erweitern. Da war mit dem iPhone 5S aber längst das nächste Apple-Smartphone auf dem Markt, das dann ohnehin alle 4G-Frequenzen unterstützt hatte.
In einem Ratgeber haben wir aktuelle und ältere iPhone-Modelle miteinander verglichen.