Strafe

Browser-Auswahl: Microsoft steht Strafzahlung bevor

EU gibt Microsoft Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen
Von Hans-Georg Kluge mit Material von dpa

Microsoft muss sich auf eine Strafzahlung einstellen. Microsoft muss sich auf eine Strafzahlung einstellen.
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Der Softwareriese Microsoft muss sich wegen des Vorwurfs unlauterer Geschäftspraktiken auf eine millionenschwere EU-Strafe einstellen. Der Konzern habe seine Zusage gebrochen, den Nutzern des PC-Betriebssystems Windows eine Auswahl von alternativen Web-Browsern anzubieten, teilte die EU-Kommission heute in Brüssel nach einer Prüfung mit. Microsoft droht nun eine Strafe von bis zu zehn Prozent eines Jahresumsatzes - maximal könnte also eine Geldbuße von fast 7,4 Milliarden Dollar (5,7 Milliarden Euro) fällig werden.

Die obersten Wettbewerbshüter Europas schickten dem Konzern einen Brief, der die Vorwürfe enthält. Das Unternehmen muss nun innerhalb von vier Wochen Stellung nehmen. Danach wollen die Wettbewerbshüter das Strafmaß verkünden, eine Frist gibt es nicht. Der US-Konzern erklärte, die Untersuchung "sehr ernst" zu nehmen und mit der EU-Kommission zu kooperieren. Microsoft sprach von einem Fehler und entschuldigte sich.

Verstoß: Fenster zur Browserauswahl nicht angezeigt

Microsoft muss sich auf eine Strafzahlung einstellen. Microsoft muss sich auf eine Strafzahlung einstellen.
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Der Konzern verstößt nach Ansicht der EU-Kommission gegen eine zentrale Auflage aus einem früheren EU-Kartellverfahren von 2009. Microsoft habe versprochen, bis 2014 seinen Windows-Nutzern neben dem hauseigenen Internet Explorer verschiedene Browser von Konkurrenten anzubieten. Doch der Softwarekonzern habe zwischen Februar 2011 und Juli 2012 das Service Pack 1 für Windows 7 ohne den Auswahlbildschirm für die freie Wahl des Web-Browsers ausgeliefert. Davon seien rund 28 Millionen Verbraucher betroffen gewesen.

Seit Jahren streitet Microsoft mit Brüssel um den Web-Browser. Microsoft installierte früher standardmäßig den hauseigenen Internet Explorer. Auf einem Auswahlbildschirm sollen auch Konkurrenten wie Mozillas Firefox, Googles Chrome, Apples Safari oder Opera erscheinen.

Brüssel sieht die Vormachtstellung von Microsoft als Problem - der Windows-Marktanteil liegt bei Computern und Laptops europaweit bei über 90 Prozent. Der Anteil des Internet Explorers bei den Browsern ist mit rund 31 Prozent mittlerweile jedoch deutlich niedriger.

Joaquín Almunia: Zusagen müssen eingehalten werden

EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia betonte: "Wenn Unternehmen Zusagen machen, müssen sie sich daran halten oder die Konsequenzen tragen." Dies sei die "ernsthafte Botschaft" an den Konzern. Die Kommission habe das Verfahren ausgeweitet und prüfe auch, ob Microsoft sich bei Windows 8 an die Auflagen halte.

Brüssel verlangt, dass das Logo des Internet Explorers vom Start-Bildschirm verschwindet. Zudem dürften Kunden, die einen anderen Browser nutzten, nicht extra um eine Bestätigung gebeten werden. "Wir erwarten von Microsoft, dass sie diese Dinge angehen", sagte Almunia.

Microsoft: Ursache ist ein technischer Fehler

Microsoft räumte das Versäumnis ein und sprach erneut von einem "technischen Fehler". Der Konzern hat angeboten, die bis 2014 gültige Auflage zur Wahlfreiheit zwischen Browsern um 15 Monate zu verlängern. Dass diese Zusage ausreicht, ist eher unwahrscheinlich. Aus der Wettbewerbsbehörde verlautet, dass man auf einer Geldbuße beharren werde, um ein Zeichen gegen "Wiederholungstäter" zu setzen. Microsoft erklärte heute: "Wir verstärken unsere internen Prozesse, um sicherzustellen, dass so etwas nie mehr passieren kann."

Vor der endgültigen Straffestsetzung hat Microsoft die Gelegenheit, sich gegenüber der EU-Kommission zu äußern. Auch eine mündliche Verhandlung kann beantragt werden. Erst danach wird die Höhe der Strafe festgelegt.

Microsoft ist bereits mehrfach aus Brüssel abgestraft worden. In früheren Kartellverfahren verhängte die EU-Kommission Geldstrafen von 1,7 Milliarden Euro. Almunia hatte im Juli das neue Verfahren eingeleitet. Auslöser dafür waren Beschwerden von Konkurrenten.

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