Gatekeeper

EU-Kommission: Diese Konzerne haben große Marktmacht

Welche großen Konzerne haben in der EU eine beträcht­liche Markt­macht und müssen daher strenger regu­liert werden? Die EU-Kommis­sion hat heute erste Kandi­daten genannt.
Von dpa /

Für sechs bekannte Tech-Riesen gelten in der EU bald schär­fere Regeln, die ihr Geschäft umkrem­peln könnten. Apple, Amazon, Micro­soft, die Google-Mutter Alphabet, der Face­book-Konzern Meta und der Tiktok-Besitzer Byte­dance wurden zu soge­nannten "Gate­kee­pern" ("Torwäch­tern") erklärt. Zu den Folgen könnten zusätz­liche App-Stores auf Apples iPhones und die Öffnung großer Chat­dienste für bisher nicht kompa­tible Rivalen gehören. Die Maßnahmen nach dem EU-Gesetz über Digi­tale Märkte (DMA) sollen in sechs Monaten greifen.

Insge­samt kamen heute 22 Dienste und Produkte der Tech-Riesen auf die "Gate­keeper"-Liste, weil sie für gewerb­liche Nutzer ein wich­tiges Zugangstor zum Endver­brau­cher seien. Darunter sind etwa die Chat­dienste WhatsApp und Messenger vom Meta-Konzern, Face­book, Insta­gram und Tiktok sowie die App-Platt­formen von Apple und Google. Die großen Online-Firmen müssten nun nach "unseren EU-Regeln spielen", jubelte EU-Kommissar Thierry Breton in einem Video.

Markt­macht großer Platt­formen beschränken

Ein zentrales Ziel des DMA (Digital Markets Act) ist, die Markt­macht großer Platt­formen zu beschränken und den Wett­bewerb anzu­kur­beln.

Zu den Regeln gehört unter anderem, dass große Unter­nehmen Daten aus verschie­denen Quellen nur noch mit ausdrück­licher Nutze­rein­wil­ligung zusam­men­führen dürfen. Die Vorgabe könnte bereits dafür gesorgt haben, dass Metas Twitter-Alter­native Threads bisher nicht in der EU verfügbar ist.

Threads ist an Insta­gram ange­dockt - und Meta verwies zur Begrün­dung der Entschei­dung ausdrück­lich auf bald grei­fende EU-Digi­tal­gesetze. Heute hieß es von Meta, man prüfe die Entschei­dung und arbeite daran, den DMA umzu­setzen.

Inter­ope­rabi­lität muss gewähr­leistet werden

EU-Kommission definiert "Gatekeeper" EU-Kommission definiert "Gatekeeper"
Bild: picture alliance/dpa
Große Chat-Dienste wie WhatsApp müssen sich künftig für das Zusam­men­spiel mit klei­neren Messen­gern öffnen. Für Grup­pen­chats soll dies erst im Laufe der kommenden Jahre kommen. Um diese Vorgabe gab es in den vergan­genen Jahren heftige Debatten: Kritiker warnen, dass sie zu weniger Sicher­heit für die Nutzer führen könne. Die Daten etwa bei WhatsApp haben stan­dard­mäßig Ende-zu-Ende-Verschlüs­selung. Das bedeutet, dass nur die Betei­ligten Nutzer sie im Klar­text sehen können, aber nicht der Anbieter.

Im Fall von Apples Chat­dienst iMessage soll zunächst noch geprüft werden, ob er - wie vom iPhone-Konzern argu­men­tiert - nicht in den DMA-Anwen­dungs­bereich fällt. Diese Unter­suchung soll binnen fünf Monaten abge­schlossen werden.

Das Geschäft von Apple könnte auch an anderen Stellen einschnei­dend betroffen sein. So gehört zu den DMA-Vorgaben für "Gate­keeper", dass sie App-Stores anderer Anbieter zulassen müssen. Bisher kann man auf iPhones Apps nur aus der haus­eigenen Down­load-Platt­form des Konzerns herun­ter­laden. Auch wird den großen Unter­nehmen verboten, für den Zugang zur Platt­form die Nutzung ihrer eigenen Dienste vorzu­schreiben - so wie aktuell In-App-Käufe bei Apple über das Bezahl­system des Konzerns laufen müssen.

Apple argu­men­tiert, die heutigen Verfahren dienten der Sicher­heit der Nutzer und unter anderem dem Schutz vor Betrü­gern. "Wir sind nach wie vor sehr besorgt über die Risiken für den Daten­schutz und die Daten­sicher­heit, die der Digital Markets Act für unsere Nutzer:innen darstellt", kriti­sierte der Konzern heute. Man werde sich darauf konzen­trieren, diese Auswir­kungen abzu­mil­dern.

Tiktok fühlt sich nicht ange­spro­chen

Die Video-App Tiktok kriti­siert die Zuord­nung zur "Gate­keeper"-Riege und prüft weitere Schritte. "Wir unter­stützen das Ziel des DMA, ein wett­bewerbs­fähiges Spiel­feld in Europa zu schaffen, sind aber mit dieser Entschei­dung grund­sätz­lich nicht einver­standen", betonte ein Spre­cher. TikTok habe mehr Auswahl in einen Bereich gebracht, der weit­gehend von etablierten Unter­nehmen kontrol­liert werde. Den Dienst auf die Liste zu setzen, "birgt die Gefahr, das erklärte Ziel des DMA zu unter­graben, indem die derzei­tigen Gate­keeper vor neuen Wett­bewer­bern wie TikTok geschützt werden".

Google betonte, man werde daran arbeiten, dem DMA zu folgen und dabei den Nutzern in Europa weiterhin hilf­reiche und sichere Produkte zu bieten. Der Micro­soft-Konzern, bei dem bisher Windows und das Karriere-Netz­werk LinkedIn betroffen sind, akzep­tierte den Status. Zugleich prüft die Kommis­sion noch, ob Micro­softs Anzeigen-Platt­form und die Such­maschine Bing ausge­nommen werden sollten.

Bei DMA-Verstößen drohen heftige Geld­strafen: Bis zu 10 Prozent des globalen Umsatzes - und bis zu 20 Prozent bei wieder­holten Vergehen. Bei "syste­mati­schen Verlet­zungen" kann die Kommis­sion sogar den Verkauf von Firmen­teilen anordnen.

Unter­nehmen fallen unter den DMA, wenn sie einen Jahres­umsatz von mindes­tens 7,5 Milli­arden Euro oder eine durch­schnitt­liche Markt­kapi­tali­sie­rung von mindes­tens 75 Milli­arden Euro haben. Zudem müssen sie einen soge­nannten zentralen Platt­form­dienst mit mindes­tens 45 Millionen aktiven Nutzern in der EU und 10.000 aktiven gewerb­lichen Nutzern monat­lich betreiben.

DMA nicht zu verwech­seln mit DSA

Vor knapp zehn Tagen wurden bereits die stren­geren Regeln für beson­ders große Platt­formen unter dem Schwester-Gesetz, dem Gesetz über Digi­tale Dienste (DSA), rechts­kräftig. Dieses schreibt vor, dass die Unter­nehmen zum Beispiel Kinder­por­nografie oder Terror­pro­paganda schneller als bisher entfernen müssen. Für Nutzer wird es wiederum einfa­cher, solche Inhalte zu melden. Online-Markt­plätze wie Amazon sind nun verpflichtet, gefälschte Produkte oder gefähr­liches Spiel­zeug so gut wie möglich zu entfernen und die Käufe­rinnen und Käufer zu warnen.

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