Forderung

Gigabit Infrastructure Act: Schafft EU bessere Bedingungen?

In den kommenden Wochen werden in Brüssel entschei­dende Weichen für den Ausbau der digi­talen Infra­struktur in Deutsch­land und Europa gestellt.
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Ange­sichts der laufenden "Trilog"-Verhand­lungen zum Gigabit Infra­struc­ture Act (GIA) fordern der Bundes­ver­band Breit­band­kom­muni­kation (BREKO) und Bundes­ver­band der Energie und Wasser­wirt­schaft (BDEW) "inves­titi­ons­freund­liche" Rahmen­bedin­gungen für Unter­nehmen, die den Bau und Betrieb von Glas­faser­netzen voran­treiben.

Schutz vor destruk­tiven Wett­bewer­bern

BREKO und bdew haben zum GIA Stellung genommen. BREKO und bdew haben zum GIA Stellung genommen.
Logos: EU-Kommission/BREKO/BDEW, Foto/Montage: teltarif.de
Beson­ders wichtig ist den Verbänden eine Rege­lung, die Inves­titionen in den weiteren Netz­ausbau vor "stra­tegisch destruk­tivem Verhalten" von Wett­bewer­bern schützen soll.

Die mehr als 2000 Mitglieds­unter­nehmen von BREKO und BDEW nehmen für sich in Anspruch, bisher "mehr als zwei Drittel des Glas­faser­aus­baus" in Deutsch­land reali­siert zu haben, und wollen in den nächsten Jahren mindes­tens 20 Milli­arden Euro in den Netz­ausbau inves­tieren. Damit trügen sie entschei­dend zum Errei­chen des EU-Ziels bei, bis 2030 alle Haus­halte in Europa mit giga­bit­fähigen Breit­band­anschlüssen zu versorgen.

Anreize für Ausbau schaffen

Um das EU-Konnek­tivi­täts­ziel nicht aus den Augen zu verlieren, müssten sich EU-Kommis­sion, EU-Parla­ment und Mitglieds­staaten in den Trilog-Verhand­lungen darauf verstän­digen, dass der "GIA" auch Anreize für weitere Inves­titionen in den Glas­faser­ausbau setze.

Die Verbände sehen eine Gefahr für bereits getä­tigte und zukünf­tige Inves­titionen in Glas­faser­netze, wenn die geplante Mitnut­zung bestehender physi­scher Infra­struk­turen "für einen stra­tegi­schen Überbau von Glas­faser­netzen" genutzt werden könne.

Mitnut­zung von Infra­struktur soll abge­lehnt werden können

Die Verbände stellen sich vor, dass Anträge anderer Anbieter zur Mitnut­zung ihrer Infra­struktur unter bestimmten Bedin­gungen abge­lehnt werden dürfen, wenn trag­fähige Alter­nativen – insbe­son­dere in Form von "virtu­ellen Zugangs­pro­dukten" – ange­boten werden. Der Vorschlag des Rats zum virtu­ellen Bitstrom­zugang soll in die Verord­nung aufge­nommen werden – zu fairen und diskri­minie­rungs­freien Bedin­gungen.

Das bedeutet: Wenn in einem Gebiet schon ein Anbieter A etwas gebaut hat, soll Anbieter B dort nichts eigenes mehr bauen dürfen, sondern müsste dann über die Infra­struktur von Anbieter A versorgen. Im Kupfer­netz gibt es den soge­nannten Bitstream-Access, worüber Konkur­renten der Telekom ihre Ange­bote reali­sieren, weil die paral­lele Verle­gung neuer und eigener Kupfer­netze viel zu teuer wäre.

Weniger büro­kra­tische Hürden

Um das Tempo beim Ausbau weiter zu stei­gern, müssten büro­kra­tische Hürden abge­baut werden. BREKO und BDEW befür­worten in ihrer Stel­lung­nahme die Einfüh­rung einer soge­nannten "Geneh­migungs­fik­tion". Dann würden Anträge für den Ausbau von Glas­faser- und Mobil­funk­netzen auto­matisch als geneh­migt gelten, sofern sie nicht inner­halb einer bestimmten Frist von der zustän­digen Behörde bear­beitet oder abge­lehnt wurden. Die Geneh­migungs­fik­tion wäre ein wich­tiger Schritt, um die derzeit lang­wie­rigen Geneh­migungs­ver­fahren in den EU-Mitglieds­staaten zu beschleu­nigen.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Die private Branche fürchtet den Überbau durch die Telekom wie der Teufel das Weih­wasser. Wenn private Anbieter sich gegen­seitig über­bauen, hört man weniger Kritik. Die Lösungs­modelle, die vorge­schlagen werden, würden eine zeit­rau­bende Planungs­büro­kratie erfor­dern, das Jahr 2030 wäre damit wirk­lich nicht mehr haltbar.

Die mögliche Lösung besteht aus zwei Teilen: Der viel beschwo­rene "Open Access" muss tech­nisch und juris­tisch klar defi­niert werden. Dann ist die Technik vergleichbar, und daran wird dann ein Preis­schild kommen, wobei die Bundes­netz­agentur hier mögli­cher­weise helfend eingreifen könnte.

Der zweite Teil heißt Koope­ration: Wenn eine Region von mehreren Anbie­tern ausge­baut werden soll, müssen diese Anbieter vorher mitein­ander reden und klare Abspra­chen treffen, wie das eigene Netz vom anderen Anbieter genutzt werden kann und wie der Kunde bei seinem Lieb­lings­anbieter bleiben kann, auch wenn der physi­kalisch vor Ort gar nichts bauen kann oder will.

Anbieter, deren Geschäfts­modell rein darin besteht, ein regio­nales Monopol zu schaffen, wo man unge­stört zu belie­bigen Preisen schalten und walten kann, werden es schwer haben oder müssen massiv umdenken.

Eine gute Idee ist die Geneh­migungs­fik­tion. Die könnte den Ausbau der Netze in der Tat massiv beschleu­nigen.

Wo Glas­faser liegt, könnte das Kupfer­netz abge­schaltet werden. Das könnte schon ab 2025 regional der Fall sein.

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