Geprüft

BNetzA-Bericht: So schlimm ist der Glasfaser-Doppelausbau

Nachdem in Medi­enbe­richten der BNetzA eine Bevor­zugung der Telekom unter­stellt worden war, veröf­fent­licht die Behörde nun den Zwischen­bericht der Moni­toring­stelle für Glas­faser-Doppel­ausbau. Wie schlimm ist der Überbau wirk­lich?
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Zwischenbericht der Monitoringstelle für Glasfaser-Doppelausbau veröffentlicht Zwischenbericht der Monitoringstelle für Glasfaser-Doppelausbau veröffentlicht
Foto: picture alliance / dpa
"Nach­spiel­zeit für die Telekom", "Bevor­zugung", "Sonder­behand­lung": Vor wenigen Tagen hagelte es in einem Bericht der SZ scharfe Kritik für die Bundes­netz­agentur und das Bundesminis­terium für Digi­tales und Verkehr (BMDV). Denn diese beiden Insti­tutionen erstellen bei ihrer Moni­toring­stelle für Glas­faser-Doppel­ausbau gerade einen Bericht darüber, wie oft, an welchen Stellen und vor allem durch welche Netz­betreiber es einen doppelten Glas­faser­ausbau an ein- und demselben Ort gibt.

Zunächst hatten dort insbe­son­dere die Wett­bewerber der Telekom gemeldet, wenn die Telekom in einem ihrer Gebiete plötz­lich ein zweites Glas­faser-Netz baut. Weil das für die Telekom mögli­cher­weise böse Konse­quenzen haben könnte, habe die Telekom inzwi­schen "wie wild eigene angeb­liche Überbau-Fälle" nach­gemeldet, in denen sie von anderen Firmen über­baut wurde und wird, lautete der Vorwurf.

Inzwi­schen hat die BNetzA nun einen Zwischen­bericht der Moni­toring­stelle für Glas­faser-Doppel­ausbau veröf­fent­licht.

Die ersten Ergeb­nisse

Bundes­netz­agentur und BMDV haben die genannte Moni­toring­stelle einge­richtet, um syste­matisch und konti­nuier­lich doppelte Glas­faser­aus­bau­vor­haben zu erfassen. Ziel ist es nach eigenen Angaben, die Debatte auf eine breite Basis mit umfang­rei­chen Erkennt­nissen aus der Praxis zu stellen. Damit soll eine zentrale Maßnahme aus der Giga­bit­stra­tegie der Bundes­regie­rung umge­setzt werden. Der Zwischen­bericht wurde unter bundesnetzagentur.de/doppel­ausbau-moni­toring veröf­fent­licht. Dort ist auch der Link zum Online-Frage­bogen der Moni­toring­stelle zu finden.

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Der Analyse des Zwischen­berichts würden 427 Fälle zugrunde liegen, die bis einschließ­lich 1. März 2024 an die Moni­toring­stelle über­mit­telt worden seien. Sie würden sowohl bereits erfolgte als auch bisher ledig­lich ange­kün­digte Doppel­aus­bau­vor­haben umfassen. Im Fokus der Unter­suchung stehe, aus der Betrach­tung aller Fälle ein Gesamt­bild zu erstellen. Ein wesent­licher Bestand­teil sei, unter­schied­liche wett­bewerb­liche Konstel­lationen zu betrachten.

Rein zahlen­mäßig würden sich die Fälle, in denen einer­seits die Deut­sche Telekom und ande­rer­seits ihre Wett­bewerber als das doppelt ausbau­ende Unter­nehmen bezeichnet worden sind, die Waage halten. Dabei habe sich jedoch gezeigt, dass die Deut­sche Telekom - vergli­chen mit anderen doppelt ausbau­enden Netz­betrei­bern - "häufiger kurz­fristig auf den Vertriebs­start eines zuerst aktiven Wett­bewer­bers reagiert oder nur lukra­tive Kern­gebiete erschließt". Hierbei sei zu betonen: Die Unter­suchung beruhe ausschließ­lich auf den Angaben der sich am Moni­toring betei­ligenden Akteure. Diese Angaben würden sich häufig nicht gänz­lich veri­fizieren lassen. Zudem würden die Schil­derungen keine Rück­schlüsse auf die Motive und Stra­tegien der betei­ligten Unter­nehmen erlauben. Eine fundierte wett­bewerb­liche Bewer­tung sei "daher bislang nicht möglich".

Wie geht es weiter?

Parallel zur Veröf­fent­lichung des Zwischen­berichts seien heute einer­seits die Deut­sche Telekom und ande­rer­seits jene Wett­bewer­ber­unter­nehmen ange­schrieben worden, die mehr­fach als doppelt ausbau­ender Netz­betreiber benannt wurden. Ziel sei es, vertie­fende Infor­mationen einzu­holen, unter anderem zu den Entschei­dungen der Unter­nehmen zum Ausbau, und "zu ihrer Bereit­schaft, verstärkt mitein­ander zu koope­rieren und Open-Access-Verein­barungen zu erzielen".

Die Moni­toring­stelle werde alle einge­henden Infor­mationen "ergeb­nis­offen" analy­sieren und die dabei gewon­nenen Erkennt­nisse im Anschluss veröf­fent­lichen. Parallel stehe die Moni­toring­stelle weiterhin für Meldungen von Doppel­aus­bau­fällen zur Verfü­gung. Die BNetzA unter­sucht nach eigenen Angaben aber weiterhin, inwie­weit im derzeit statt­fin­denden Ausbau­wett­bewerb "Prak­tiken zur Anwen­dung kommen, die mögli­cher­weise wett­bewerbs­widrig sind, weil sie etwa darauf abzielen, Konkur­renten abzu­schre­cken und so Inves­titionen in den Glas­faser­ausbau beein­träch­tigen könnten".

Erste Reak­tion der Telekom

Die Telekom schreibt gegen­über teltarif.de zu den ersten Zwischen­ergeb­nissen der Moni­toring­stelle:

Die Überbau-Vorwürfe fallen zusammen wie ein Karten­haus. Der von den Wett­bewer­bern viel­beschwo­rene Zwischen­bericht der BNetzA kommt zu dem Schluss, dass "die bishe­rige Analyse keinem Unter­nehmen ein stra­tegi­sches einge­setztes Fehl­ver­halten nach­weisen" kann. Er bestä­tigt, was wir immer gesagt haben. Erstens sind die Fall­zahlen ange­sichts von 11.000 Kommunen in Deutsch­land niedrig. Zwei­tens wird in der Hälfte der Fälle die Telekom über­baut. Drit­tens: Es findet kein stra­tegi­scher Überbau durch die Telekom statt. Richtig ist viel­mehr: Die Telekom betreibt Netz­ausbau, keinen Überbau. Die Lobby­ver­bände der Wett­bewerber sollten daher ihre Kampagne einstellen und aufhören, den Glas­faser­ausbau weiter zu diskre­ditieren. Sie schaden damit letzt­lich nur allen ausbau­wil­ligen Unter­nehmen, indem sie einen aussichts­rei­chen Markt kaputt­reden. Statt­dessen sollten wir gemeinsam über Möglich­keiten spre­chen, die Ausbau­kosten in Deutsch­land für alle Unter­nehmen zu senken.
Hierzu ist zu sagen, dass der Zwischen­bericht immerhin davon spricht, dass mittelbar eine solche für den lokalen Netz­zugang bestehende Markt­posi­tion wie bei der Telekom dazu einge­setzt werden könnte, "um durch stra­tegi­sches Verhalten beim Netz­ausbau Konkur­renten abzu­schre­cken, Inves­toren zu verun­sichern und letzt­lich womög­lich leis­tungs­fähige Unter­nehmen aus dem Markt zu drängen".

Von der vor einigen Tagen noch kolpor­tierten Möglich­keit, eine verschärfte Berichts­pflicht für die Telekom einzu­führen, ist aller­dings im finalen Zwischen­bericht keine Rede mehr. Die Idee, die Telekom beispiels­weise dazu zu verpflichten, neun Monate im Voraus in einer nicht-öffent­lichen Liste zu beschreiben, wo sie einen Glas­faser­ausbau plant und dann auch nur dort ausbauen, ist in den Schluss­fol­gerungen des Berichts nicht enthalten.

Die Reak­tionen der Telekom-Wett­bewerber

Die beiden Bran­chen­ver­bände BREKO und VATM zeigen sich in einer ersten Reak­tion nicht so ganz zufrieden mit dem Zwischen­bericht und spre­chen von einer "Verzö­gerungs­taktik der Bundes­regie­rung", die dem Glas­faser­ausbau in Deutsch­land schade. Das Verhalten der Bundes­regie­rung sei "eine Farce. Statt Maßnahmen zu ergreifen, die das stra­tegisch destruk­tive Verhalten des markt­mäch­tigen Unter­neh­mens unter­binden und fairen Wett­bewerb fördern, setzt die Ampel-Koali­tion ihre Ziele für den Glas­faser­ausbau fähr­lässig [sic!] auf Spiel", skan­dieren die Verbände.

Dies erhärte den Verdacht, dass "bewusst die Inter­essen der Deut­schen Telekom geschützt werden sollen - einem Unter­nehmen, an dem der Bund übri­gens nach wie vor mehr als 30 Prozent der Anteile hält". Diese Verzö­gerungs­taktik sei "ein fatales Signal an den Tele­kom­muni­kati­ons­markt und an die Unter­nehmen, die in Glas­faser­netze inves­tieren wollen". BREKO und VATM fordern erneut, dass die Telekom verpflichtet wird, ihre Glas­faser-Ausbau­pla­nung mit einem Vorlauf von neun Monaten in eine nicht-öffent­lich einseh­bare Ausbau­liste einzu­tragen.

Über die Doppel­aus­bauten ihrer eigenen Mitglieds­unter­nehmen verlieren die Wett­bewerber-Verbände in ihrer Stel­lung­nahme, die ausschließ­lich die Telekom kriti­siert, hingegen kein einziges Wort - und auch nicht darüber, dass sie ihrer­seits die Telekom mögli­cher­weise zu fairen und wirt­schaft­lich sinn­vollen Kondi­tionen auf die Netze ihrer Mitglieds­unter­nehmen lassen würden.

Die Telekom muss Wett­bewerber in ihre unter­irdi­schen Rohre lassen, damit eine Straße für neue Glas­faser-Kabel nicht wieder aufge­rissen werden muss. Aber wie viel Geld soll sie dafür bekommen?

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