Breitbandausbau

Glasfaserausbau gerät zunehmend unter Druck

Die wirt­schaft­lichen Rahmen­bedin­gungen bringen den Glas­faser­ausbau in Deutsch­land ins Stocken. Geld­geber über­denken ihre Inves­titionen oder ziehen sich bereits aus dem Markt zurück.
Von Marc Hankmann

Experten rechnen schon länger mit einer Markt­kon­soli­die­rung, nachdem erste Ankün­digungen zu Netz­ver­käufen und Stel­len­abbau aufkamen. "Das aktu­elle Markt­umfeld mit hohen Zinsen, gestie­genen Kosten und knappen Bauka­pazi­täten stellt derzeit die gesamte Branche vor Heraus­for­derungen", sagte Gerda Meppe­link, Senior Expert Politik und Verwal­tung bei der Deut­schen Glas­faser, auf einer Veran­stal­tung des Kommu­nalen Breit­band­markt­platzes in Oster­holz-Scharm­beck. Im gesamten Land­kreis inves­tiert der Netz­betreiber 60 Millionen Euro, um 26.000 Haus­halte eigen­wirt­schaft­lich mit Glas­faser zu versorgen. "Trotz dieser Rahmen­bedin­gungen halten wir das Ausbau­tempo auch im Land­kreis Oster­holz hoch", sagte Meppe­link.

Die gestie­genen Zinsen und Kosten wirken sich auf die Finan­zie­rung von Glas­faser­pro­jekten aus. Für Inves­toren heißt das: Es wird teurer bzw. der zu erwar­tende Gewinn sinkt. Deshalb rechnen Inves­toren und Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen nun mit spitzem Blei­stift ihre Busi­ness Cases nach. Unter­nehmen wie etwa GlobalConnect kommen dann zu dem Schluss, dass sie aus dem Endkun­den­markt lieber aussteigen. "GlobalConnect wird ihre Inves­titionen in den B2C-Märkten in Däne­mark, Schweden und Norwegen fort­setzen und sich insbe­son­dere darauf konzen­trieren", heißt es in einer Mittei­lung. Das Endkun­den­geschäft (B2C) werde in Deutsch­land nicht weiter ausge­baut. GlobalConnect will sich auf die deut­schen Busi­ness- und Carrier-Segmente konzen­trieren. Gerda Meppelink, hier mit ihrem Kollegen Marco Buchholz von der Deutschen Glasfaser, versprechen Landrat Bernd Lütjen (r.) trotz widriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen das Ausbautempo im Landkreis Osterholz hochzuhalten. Gerda Meppelink, hier mit ihrem Kollegen Marco Buchholz von der Deutschen Glasfaser, versprechen Landrat Bernd Lütjen (r.) trotz widriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen das Ausbautempo im Landkreis Osterholz hochzuhalten.
Foto: Deutsche Glasfaser

Meiningen kündigt Vertrag mit der Deut­schen GigaNetz

Nach­gerechnet hat auch die Deut­sche GigaNetz für ihr Ausbau­pro­jekt im thürin­gischen Meiningen. Der Ausbau sollte laut dem News-Portal der Tages­zei­tungen Freies Wort, Südthü­ringer Zeitung und FW Meininger Tage­blatt (Paywall) bereits im vergan­genen Herbst anlaufen. Passiert ist indes wenig. Die Deut­sche GigaNetz erklärte auf Nach­frage der Kommune, dass man sich wegen "fehlender Wirt­schaft­lich­keit aus dem Projekt etwas zurück­zieht", wie das Portal berichtet.

Die Neube­wer­tung wurde für die GigaNetz deshalb notwendig, weil die hiesige Wohnungs­wirt­schaft mit einem anderen Glas­faser­unter­nehmen verhan­delte. "Zur eigen­wirt­schaft­lichen Finan­zie­rung von aufwendig zu erschlie­ßenden Gebieten in Kommunen benö­tigt es auch immer den Ausbau von renta­blen Stadt­teilen mit u.a. einem hohen Anteil von Wohn­ein­heiten der hiesigen Wohnungs­wirt­schaften – wie in diesem Fall der Kern­stadt von Meiningen", erklärt Danny Trodler, Regio­nal­leiter Ost bei der Deut­schen GigaNetz. Die Hamburger wollten weiter abwarten und den Markt beob­achten. Das wollte aber die Kommune nicht, kündigte den Vertrag mit der GigaNetz und unter­schrieb einen mit OXG. Die Deut­sche GigaNetz wollte 40 Millionen Euro in Meiningen für einen flächen­deckenden Glas­faser­ausbau inves­tieren. Die OXG baut zunächst 9100 Anschlüsse. Der Westen der Stadt bleibt zunächst außen vor. Da war noch alles in Ordnung: Meiningens Bürgermeister Fabian Giesder (l.) bei der Vertragsunterzeichnung 2023 mit dem damaligen Regionalleiter der Deutschen GigaNetz, Stefan Hess, und Oliver Kornmann (r.), Projektleiter Sales Region Ost der Deutschen GigaNetz. Da war noch alles in Ordnung: Meiningens Bürgermeister Fabian Giesder (l.) bei der Vertragsunterzeichnung 2023 mit dem damaligen Regionalleiter der Deutschen GigaNetz, Stefan Hess, und Oliver Kornmann (r.), Projektleiter Sales Region Ost der Deutschen GigaNetz.
Foto: Stadt Meiningen

Leonet steht in Viech­tach auf der Kippe

Dass es in einem Ort mehr als einen Netz­betreiber gibt, der Glas­faser ausbauen will, ist keine Selten­heit. Inzwi­schen gehen viele Netz­betreiber vom Land in die Speck­gürtel der Groß­städte, wo nicht nur andere Glas­faser­unter­nehmen bauen wollen, sondern wo bereits mittels Super-Vecto­ring bis zu 250 MBit/s sowie über Kabel sogar Geschwin­dig­keiten im Down­load bis 1 GBit/s möglich sind. Die Verbrau­cher sind trotz der tech­nolo­gischen Über­legen­heit der Glas­faser wenig wech­sel­willig. Hohe Preise für höhere Band­breiten schre­cken ab, zumal die meisten Online-Anwen­dungen bislang auch ohne Glas­faser funk­tio­nieren. Warum also wech­seln?

Diese Zurück­hal­tung bekommt auch Leonet zu spüren. In Bad Birnach buchten nur 12 Prozent der Haus­halte einen Glas­faser­anschluss des baye­rischen TK-Unter­neh­mens – zu wenig. Leonet begräbt seine Pläne für die nieder­baye­rische Kommune. In Viech­tach hat Leonet ein letztes Mal die Vorver­mark­tung verlän­gert. Hier will das Unter­nehmen das Stadt­gebiet sowie die Orts­teile Pirka und Schlat­zen­dorf mit Glas­faser versorgen – insge­samt 3200 Haus­halte. "Es wäre eine Kata­strophe für unsere Stadt, wenn Leonet sich zurück­zieht", sagt Bürger­meister Franz Witt­mann. "Der Stadt­kern ist nicht förder­fähig und allein das Förder­ver­fahren für die unter­ver­sorgten Gebiete wie Pirka und Schlat­zen­dorf dauert mindes­tens drei Jahre." Witt­mann rechnet mit starken finan­ziellen Belas­tungen, sollte der eigen­wirt­schaft­liche Ausbau entfallen. In Viechtach gibt es noch einiges für die Kommune und Leonet zu tun, wollen sie die notwendige Vermarktungsquote von 25 Prozent bis Ende Mai erreichen. Das Problem ist der mit Kabel gut versorgte Stadtkern, ohne den ein flächendeckender Ausbau aber für Leonet unwirtschaftlich ist. In Viechtach gibt es noch einiges für die Kommune und Leonet zu tun, wollen sie die notwendige Vermarktungsquote von 25 Prozent bis Ende Mai erreichen. Das Problem ist der mit Kabel gut versorgte Stadtkern, ohne den ein flächendeckender Ausbau aber für Leonet unwirtschaftlich ist.
Screenshot: Marc Hankmann
Das Problem: Der Stadt­kern ist über das Kabel­netz noch gut versorgt. In den Orts­teilen hat Leonet jeweils die Vermark­tungs­quote erreicht. In Pirka hat sogar fast jeder zweite Haus­halt einen Vorver­trag mit Leonet abge­schlossen. Der Ausbau könne aber nur reali­siert werden, wenn inklu­sive Stadt­kern eine Gesamt­quote von 25 Prozent erreicht werde, erklärt das Unter­nehmen. Noch läuft die Vorver­mark­tung. Sie endet am 31. Mai 2024.

Die Verbrau­cher könnten auch deshalb kein Inter­esse an der Glas­faser haben, weil sie an der Haustür falsche Infor­mationen erhalten. Das behauptet zumin­dest ein Netz­betreiber.

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