Breitbandausbau

Glasfaserausbau: Noch mehr FTTH-Anschlüsse für Berlin

Lange Zeit war Berlin in Sachen Glas­faser­ver­sor­gung abge­hängt, vor allem weil Kabel­netz­betreiber Gigabit-Speed in der Haupt­stadt anbieten. Doch inzwi­schen hat die Politik den Glas­faser­ausbau forciert und mehr Zusagen als Haus­halte auf dem Tisch liegen.
Von Marc Hankmann

Auch wenn viele Berliner Haus­halte bereits über den Kabel­anschluss High­speed Internet beziehen können, ist die Haupt­stadt für Glas­faser­netz­betreiber attraktiv. Viele Haus­halte auf wenig Raum redu­zieren die Ausbau­kosten und erhöhen das Kunden­poten­zial. Inzwi­schen liegen dem Land Berlin die Zusagen von elf Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen für 3,5 Millionen Glas­faser­anschlüsse vor – für 2,2 Millionen Haus­halte. Der Überbau ist also vorpro­gram­miert.

Zu den ausbau­enden TK-Unter­nehmen gehört auch Tele Columbus mit der Marke Pyur. Der Kabel­netz­betreiber versorgt bereits über eine Million Berliner Haus­halte und will in den nächsten Jahren sein Glas­faser­netz auf 50.000 Kilo­meter verlän­gern. Geplant ist die Verle­gung der Glas­faser bis in die Gebäude (FTTB). Dort, wo Tele Columbus Verein­barungen mit den Immo­bili­enbe­sit­zern abge­schlossen hat, wird die Glas­faser bis in die Wohnungen verlegt (FTTH). Tele Columbus hat mit der Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg (WGLi) vereinbart, FTTH-anschlüsse für die 10.000 Berliner Haushalte der Genossenschaft zu bauen Tele Columbus hat mit der Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg (WGLi) vereinbart, FTTH-anschlüsse für die 10.000 Berliner Haushalte der Genossenschaft zu bauen
Foto: Tele Columbus, Melanie Zabel
Eine solche Verein­barung hat Tele Columbus mit der Berliner Wohnungs­genos­sen­schaft Lich­ten­berg geschlossen. Die rund 10.000 Haus­halte der Genos­sen­schaft erhalten bereits über ein FTTB-Netz von Tele Columbus Fern­sehen, Internet und Tele­fonie. Bis 2029 sollen die Gebäude mit FTTH ausge­baut werden. Das Netz wird dann auch für Dienste von Dritt­anbie­tern geöffnet (Open Access).

Telekom koope­riert mit Spezia­listen für Gebäu­denetze

OXG, das Joint Venture zwischen Voda­fone und dem Investor Altice, will in den kommenden Jahren 900.000 Berliner Haus­halte mit FTTH-Anschlüssen versorgen. Dafür inves­tiert das Unter­nehmen über eine Milli­arde Euro. Der Start­schuss soll im Bezirk Tempelhof-Schö­neberg fallen. Während OXG das Netz baut und betreibt, sorgt Voda­fone für die Vermark­tung der Dienste. Später sollen auch weitere Anbieter das Glas­faser­netz nutzen können. Michael Jungwirth, Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland, zeigt Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey eine Glasfaser, bevor sie gespleißt wird Michael Jungwirth, Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland, zeigt Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey eine Glasfaser, bevor sie gespleißt wird
Foto: Vodafone, OXG, Daniel Hofer
Die Deut­sche Telekom ist bereits seit geraumer Zeit in Berlin aktiv. Nun hat sie weitere Anschlüsse in den Reini­cken­dor­fern Orts­teilen Borsig­walde, Waid­manns­lust und Wittenau sowie im Span­dauer Orts­teil Wilhelm­stadt und in Pankow-Wilhelmsruh ange­kün­digt. Insge­samt sollen davon über 27.500 Privat­haus­halte und 625 Unter­nehmen profi­tieren. Des Weiteren koope­riert das Unter­nehmen mit der Berliner Wohnungs­bau­genos­sen­schaft Wuhletal, um bis 2026 rund 3000 Haus­halte mit Glas­faser­anschlüssen zu versorgen.

Die beson­dere Heraus­for­derung am Glas­faser­ausbau in Groß­städten ist die "Netz­ebene 4", die Gebäu­dever­kabe­lung. Wo welche Kabel in den Gebäuden verlaufen, ist höchst unter­schied­lich. Hinzu kommen Vorschriften, etwa für den Brand­schutz, mit denen die Glas­faser­netz­betreiber ansonsten weniger zu tun haben. Deshalb koope­riert die Telekom mit der Antec Service­pool GmbH. Das Unter­nehmen aus Hannover hat sich auf den Bau von Haus­ver­teil­anlagen spezia­lisiert. Geplant ist, dass durch die Verein­barung rund 70.000 Haus­halte kosten­frei einen Glas­faser­anschluss erhalten. Gemäß dem Open-Access-Prinzip sollen auch andere Diens­tean­bieter als die Telekom über die neuen Haus­ver­teil­netze ihre Produkte anbieten.

West­con­nect und Green­fiber setzen Open Access in der Praxis um

Open Access wird auch in Bad Oeyn­hausen umge­setzt. Die West­con­nect gewährt der Green­fiber Zugriff auf ihr Glas­faser­netz in dem Kurort. Das neue Kunden­poten­zial erlaubt es der Green­fiber, ihre Ausbau­vor­haben in Bad Oeyn­hausen weiter umzu­setzen. Insge­samt profi­tieren nach Angaben von Green­fiber mehrere Tausend Kunden von der Koope­ration – nicht nur in Bad Oeyn­hausen. Auch in Hüll­horst können durch die Zusam­men­arbeit weitere Adressen an das Glas­faser­netz ange­schlossen werden. Westconnect und Greenfiber unterzeichneten einen Kooperationsvorvertrag, der den weiteren Ausbau von Glasfasernetzen in Bad Oeynhausen und Umgebung regelt Westconnect und Greenfiber unterzeichneten einen Kooperationsvorvertrag, der den weiteren Ausbau von Glasfasernetzen in Bad Oeynhausen und Umgebung regelt
Foto: Westconnect
Von Green­fiber zu Unsere Grüne Glas­faser (UGG): Das Unter­nehmen hat mit der Stadt Herzo­gen­rath eine Koope­ration für den Glas­faser­ausbau geschlossen. Das Joint Venture von Allianz und Telefónica Deutsch­land baut und betreibt das Netz, bietet aber keine eigenen Dienste an. Dafür öffnet UGG das Netz Dritt­anbie­tern. Darüber hinaus stellte UGG Anfang März 2024 in Hemer zwei zentrale Haupt­ver­teiler, Points of Presence (PoP), auf. Ab dem Früh­jahr sollen dann in der Gemeinde im Sauer­land die Bagger kommen.

Wenn mehr Glas­faser­anschlüsse gebaut werden als es Haus­halte gibt, spricht man von Überbau. Der ergibt volks­wirt­schaft­lich wenig Sinn und ist den Telekom-Wett­bewer­bern ein Dorn im Auge. Auch die Politik spricht sich für Open Access statt Überbau aus.

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